Kommissar Morry - Die Woelfe
länger dauern. Hier haben Sie Ihr Geld!“
Erst als der Mietwagen gewendet hatte und in Richtung Innenstadt davongefahren war, setzte Fred Hilltopp seinen Weg fort. Hundert Yard etwa trennten ihn noch von der Behausung Judd Bramas, da stockte er plötzlich. Seine Augen wurden starr und glasig. Verstört blickte er auf die drei Autos, die vor der altertümlichen Villa parkten. Es waren blaue Polizeilimousinen. Drei uniformierte Konstabler sicherten die Straße ab. „Verflucht!“, knirschte Fred Hilltopp zwischen den Zähnen. „Mir scheint, ich bin ein paar Minuten zu spät gekommen. Die Cops haben inzwischen abkassiert. Der Teufel soll sie holen.“
Mürrisch und verdrossen starrte er auf seine riesige Tasche nieder. Sie erschien ihm auf einmal lächerlich. Wütend knüllte er sie zusammen. Was jetzt, dachte er verzweifelt. Ich kann doch nicht mit völlig leeren Händen zu den Boys zurückkommen. Sie werden mir kein Wort glauben. Sie werden denken, ich hätte das Moos irgendwo für mich allein eingegraben. Auf langen Umwegen pirschte er sich an die Rückfront der vernachlässigten Villa heran. Er kletterte über den Zaun, schlich durch den herbstlichen Garten und schwang sich über die Brüstung der Terrasse. Lautlos öffnete er eine Tür. Er geriet in einen schmalen Flur. Durch eine helle Glasscheibe konnte er in das Wohnzimmer blicken. Ein düsterer Film rollte vor seinen entsetzten Augen ab. Er sah Judd Bramas inmitten des Raumes stehen, mit gefesselten Händen. Sein Gesicht war bleich wie der Tod. In seinen tiefliegenden Augen glühten Haß und Verzweiflung. Neben ihm, auf einem Tisch, lagen die kostbaren kanadischen Dollars, die sie unter so schwierigen Umständen erworben hatten. Zwei Sergeanten zählten sie gewissenhaft und bargen sie schließlich in einer eisernen Schatulle.
„Dieser Narr!“, keuchte Fred Hilltopp verbittert. „Hätte er heute Nachmittag mit uns geteilt, dann wäre alles anders gekommen. Wenigstens für uns. Wie stehen wir jetzt da? Verdammt, wie stehen wir jetzt da?“
Er mußte weg. Die Cops stierten immer wieder auf die helle Glasscheibe. Anscheinend hatten sie sein heimliches Eindringen bemerkt. Sie konnten jeden Moment zu ihm herauskommen. Polternde Schritte erklangen hinter der Verbindungstür. Die Klinke bewegte sich. Ein dünner Lichtschimmer fiel aus dem offenen Türspalt. In diesem Moment nahm Fred Hilltopp schleunigst Reißaus. Wie ein Verrückter stürmte er durch den Garten. Da ihn die zerknüllte Tasche am Laufen hinderte, warf er sie einfach weg. Er kletterte über die Mauer. Er hetzte durch schmale Gassen auf den nächsten Taxistand zu. Entmutigt und niedergeschlagen fuhr er nach Lambeth zurück.
22
Als er vor Busters Hafenasyl stand, mußte Fred Hilltopp erst einmal tief Atem holen. Beklommen schielte er auf die Fenster der berüchtigten Kneipe hin. Er hörte das Lachen und Gewieher seiner Freunde. „Verflucht und zugenäht“, brummte er finster. „Was werden die Boys wohl für Augen machen, wenn sie die vernichtende Nachricht hören. Hoffentlich halten sie meine Geschichte nicht für ein Märchen. Ich bin nicht schuld an der Pleite.“
Er schnappte noch einmal hastig nach Luft und stoffelte dann mit hängenden Schultern in den verqualmten Raum hinein. Auf den ersten Blick sah er, daß die Lords bereits beim Feiern waren. Sie hatten große Flaschen mit silbernen Hälsen auf dem Tisch stehen. Drei Sektkübel verzierten das Gelage. Ein paar große Zigarrenkisten standen griffbereit.
„Hallo, Fred?“, riefen ihm die Lords entgegen. „Gut, daß du endlich kommst. Haben schon ausgerechnet, was wir mit dem vielen Heu anfangen. Lewis will sich eine Landwirtschaft in Schottland kaufen. Was hältst du davon?“
Fred Hilltopp brachte im Moment kein Wort hervor. Er stand da und rührte sich nicht vom Fleck. Düster irrten seine Blicke über die festliche Tafel.
„Eh, wo hast du deine Tasche gelassen?“, rief Tom Carter plötzlich.
Schweigen am Tisch. Argwöhnische Blicke. Mißtrauische Gesichter. Neugierig gereckte Hälse.
„Hört mal her, Boys!“, brummelte Fred Hilltopp nach längerem Hüsteln. „Die Sache ist schiefgegangen. Die Cops haben Judd Bramas eben abgeholt, als ich vor dem Haus stand. Hatte noch Glück, daß sie mich nicht ebenfalls schnappten. Ja, und da bin ich nun. Mit leeren Händen, versteht sich. Das Moos haben die Cops mitgenommen.“ „Wie?“, schrie Nick Gunnermann mit hervorquellenden Augen. „Habe ich richtig gehört? Die
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