Kommissar Morry greift ein Kommissar Morry
sämtliche Briefmarken weggeschwommen wären.“
Mister Williams sank auf seinen Stuhl. Die Beine trugen ihn nicht mehr. Zu sehr war er erschüttert. Aber irgend etwas mußte doch geschehen? Die beiden durften nicht merken, wie verängstigt er war. Und so sagte er mit einem krampfhaften Lächeln:
„Bitte, meine Herren, nehmen Sie doch Platz. Aber dürfte ich mich zuerst einmal danach erkundigen, wie Sie hier hereingekommen sind?“
„Ein reiner Zufall“, winkte ihm James Cooper beruhigend zu, „wir wollten Schutz vor dem Regen suchen und dabei stellten wir zu unserer Überraschung fest, daß Ihre Wohnungstür ein wenig offen war. Wir hielten es für unsere Pflicht, Sie darauf aufmerksam zu machen.“
Nach diesen Worten warf er einen Blick umher, rieb sich die Hände und fuhr freundlich fort: „Sie haben es hier sehr gemütlich, Mister Williams . . . wenn es Ihnen recht ist, bleiben wir etwas bei Ihnen und warten, bis es aufgehört hat zu regnen. Ach bitte, mein Guter“, wandte er sich dem anderen zu, „sei doch so nett und zieh den Vorhang vors Fenster . . .“
„Aber was erlauben Sie sich eigentlich“, stammelte der alte Sammler, aber er wagte es nicht, den Mann zu hindern, als dieser die Vorhänge zuzog.
„Nun“, lachte James Cooper höhnisch auf, „ist es erst so richtig gemütlich, nicht wahr? Jetzt ist es aber an der Zeit, Mister Williams, daß Sie uns etwas anbieten. Wir sind doch Ihre Gäste . . . zwar nicht eingeladen, aber dennoch hoffentlich herzlich willkommen. Überlegen Sie doch nur einmal, Mister Williams, wie gefährlich für Sie die Situation sein würde, wenn wir Verbrecher wären. Wie ich sehe, besitzen Sie dem Anschein nach eine vorzügliche Briefmarkensammlung, darüber hinaus ist der entzückende Wandtresor geöffnet und“, er schleckte mit der Zunge über die Lippen, „sogar mit gebündelten Geldnoten gefüllt. Ich kann mir nicht helfen, mein Lieber, bei diesem Anblick schlägt sogar mein Herz schneller. Man freut sich immer wieder, wenn es den lieben Mitmenschen so gut geht . . .“
Unzählige Gedanken durchzuckten das Gehirn des verzweifelten Mannes. Er wußte ganz genau, daß es unmöglich war, daß die Haustür offengestanden hatte, er selbst hatte sie — wie jeden Abend — mit äußerster Sorgfalt verschlossen. Die beiden Männer mußten also Gangster sein. Diese Erkenntnis lähmte Mister Williams derartig, daß er kraftlos zusammensank. Er war diesen Männern ausgeliefert! Sie konnten ihm seinen ganzen Besitz stehlen und er würde nicht einmal etwas dagegen unternehmen können. War es nicht vorerst einmal das beste, er machte gute Miene zum bösen Spiel und tat so, als ob er den Worten des Mannes glauben schenkte? Vielleicht ergab sich späterhin für ihn die Möglichkeit, zu entfliehen. So riß er sich zusammen und sagte in einigermaßen ruhigem Ton:
„Es war sehr liebenswürdig von Ihnen, Gentlemen, daß Sie mich auf mein Versehen aufmerksam gemacht haben. Natürlich . . . eine Hand wäscht die andere — nehmen Sie also Platz, ich werde eine Flasche Wein aus dem Keller holen, damit Sie sich erfrischen können.“ Nun fügte er mit lockender Stimme hinzu: „Wie wäre es noch mit einem kleinen Imbiß? In meinem Eisschrank befindet sich eine hochdelikate Wurst, so etwas haben Sie noch nie gegessen . . .“
„Bitte, bitte“, entgegnete James Cooper bereitwillig, „gehen Sie nur, wir lassen uns gern verwöhnen. Aber statt Wein würde uns Whisky mehr behagen.“
Mister Williams glaubte seinen Ohren nicht trauen zu dürfen, als er die Worte des Mannes mit den buschigen Augenbrauen vernahm. Sollte er sich vielleicht doch geirrt haben? Aber nein, das gab es nicht. Er würde sein Leben dafür verpfänden, daß er die Tür fest verschlossen hatte. Es fiel ihm sichtlich schwer, sich zu erheben. Die beiden Fremden hatten sich niedergelassen, und während er ganz langsam — entgegen seiner sonstigen Art — durch das Zimmer schritt, hatte er das Gefühl, Blei unter den Fußsohlen zu haben.
Endlich hatte er die Tür erreicht. Gott sei Dank, sie war noch immer halb geöffnet. Jetzt hatte er gewonnenes Spiel. Wie ein Besessener rannte er plötzlich los und wollte die Haustür aufreißen. Vergeblich rüttelte er daran. Sie war noch immer abgeschlossen. Herrgott, wo hatte er nur die Schlüssel! In diesem Augenblick fiel es ihm ein. Viel hätte nicht gefehlt, und er hätte vor Wut aufgeschrien. Sie befanden sich in seiner Jackentasche, die ex über einen Stuhl gehängt
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