Kommissar Morry greift ein Kommissar Morry
gegenseitig an und konnten es nicht begreifen, wie es möglich war, daß der bärbeißige alte Sonderling vor ihnen stand. Auch jetzt zeigte sich Mister Williams recht ungeduldig. Mit dem Stock pochte er mehrere Male auf die steinernen Fliesen des Bodens und brummte einen jungen Angestellten an:
„Wie lange soll ich denn hier noch warten . . . warum werde ich nicht abgefertigt? Nun machen Sie schon und starren Sie mich nicht so an . . . Los, los, melden Sie mich Ihrem Chef.“
„Womit kann ich denn dienen?“ fragte der junge Angestellte verschüchtert, „soll ich vielleicht den Kassierer holen?“
„Können Sie denn schlecht hören?“ schrie mit lauter Stimme der alte Sonderling, „ich möchte Ihren Chef sprechen . . . was ist das überhaupt für eine Bedienung . . . wenn Sie sich nicht beeilen, werde ich ein anderes Institut auf suchen . . . Glauben Sie etwa, daß ich auf Sie angewiesen bin . . . Jede andere Bank würde mich mit Kußhand empfangen . . .“
„Einen Augenblick, bitte“, und sofort wandte sich der junge Mann herum und lief eilig zu einer gepolsterten Tür.
„Na, endlich“, brummte Mister Williams und ließ sich aufseufzend in einen Sessel fallen.
Mehrere Male mußte der junge Bankangestellte gegen die Tür klopfen, bis ihn eine Stimme aufforderte, einzutreten.
„Was ist denn?“ fragte Bankdirektor Porter und blickte unwillig auf den jungen Mann. „Ich habe Ihnen doch schon mehr als einmal erklärt, Cowler, daß Sie sich an Mister Ridden wenden sollen.“
„Ich weiß, ich weiß“, dienerte der junge Mann, „aber draußen sitzt Mister Williams und will nur Sie sprechen.“
Überrascht sah der Bankgewaltige auf. „Wer will mich sprechen?“ fragte er ungläubig, „Mister Williams? Nein“, lachte er auf, „das glaube ich nicht. Vor einem halben Jahr, als ich ihn auf suchte, hat er mir die Tür gewiesen. Dabei war mein Angebot, sein altes Haus zu erwerben, äußerst großzügig gewesen. Und nun behaupten Sie, Cowler, daß ausgerechnet Mister Williams mich sprechen will?“
Als der andere stumm mit dem Kopf nickte, zündete sich der elegante Weltmann eine Zigarette an und sagte:
„Ich bin neugierig, was Mister Williams auf dem Herzen hat. Na, führen Sie mal den Gentleman hier rein . . . Also bitte, Cowler, in der nächsten Stunde möchte ich nicht gestört werden. Vielleicht gelingt es mir doch, den alten Sonderling breitzuschlagen.“
Während der angebliche Hugh Williams den Besitzer der Bank meckernd begrüßte, blickte Jack Braddock fassungslos den Bankgewaltigen an. Nie würde er diesen Charakterkopf vergessen. Das war der Mann vom gestrigen Abend, den er an der Seite der aufreizend schönen Frau beobachtet hatte. Also das war Bankdirektor Porter! Interessant, interessant! Sofort begann er zu kombinieren und achtete weiter nicht darauf, was die beiden Männer miteinander besprachen. Nur flüchtig hatte Frank ihn vorgestellt. Porter hatte seine Gäste zu einer bequemen Sitzecke hinübergeführt, nun holte er eine Flasche Cognac, Zigarren und Zigaretten herbei und forderte die beiden auf, sich zu bedienen. Jack Braddock beachtete er überhaupt nicht. Er hatte nur Augen für den alten Sonderling, dessen Erscheinen ihn wirklich überrascht hatte.
„Na, mein lieber Mister Williams“, sagte nun der Bankdirektor, „womit kann ich Ihnen dienen? Ich brauche es Ihnen wohl nicht besonders zu betonen, daß ich mich freue, Sie in meinem Hause begrüßen zu dürfen. Also bitte, reden Sie . . . was haben Sie auf dem Herzen.“
Mit zitternden Händen hob Frank Milland seine Aktentasche, reichte sie dem Bankdirektor und sagte: „Es sind fünfzigtausend Dollar drin . . . mein erspartes Geld ... ich glaube, es ist bei Ihnen doch besser aufgehoben . . . lassen Sie es nachzählen . . .“
Überrascht öffnete Henry Porter die Aktentasche, warf einen Blick hinein und war wirklich für einige Sekunden sprachlos. Alles hatte er erwartet, nur das nicht. Dem alten Sonderling mußte es bestimmt schwergefallen sein, sich von seinem Geld zu lösen.
„Fünfzigtausend Dollar“, wiederholte er sinnend, „ein schönes Stück Geld.“
„Habe auch mein Leben lang dafür gearbeitet“, gab Frank Milland brummig zurück, „also wollen Sie es nun haben, oder nicht. Ist überhaupt ein großes Vertrauen, das ich Ihnen entgegenbringe. Mir wäre an und für sich die Städtische Bank angenehmer gewesen, aber für mich ist es so bequemer und Sie haben ja auch einen recht guten Ruf.“
„Danke
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