Kommissar Morry - Opfer des Satans
in der Lebensweise Cecil Harrows nicht das Geringste. Man konnte ihn auch am nächsten Abend wieder im Spielsalon des Mitternacht-Klubs in Mayfair finden. Mit schweißnassem, erhitztem Gesicht saß er am Spieltisch; mit fahrigen Händen machte er seine Einsätze. Wenn er gewann, leuchteten seine Augen habgierig auf; wenn er verlor, lief ein nervöses Zucken um seine Mundwinkel. Er war nervös wie kein anderer Spieler in der Tischrunde. Er konnte sich kaum noch beherrschen. Die Leidenschaft riß ihn mit sich fort. Als er gerade wieder einen hohen Einsatz wagen wollte, trat der Klubdiener an seine Seite. „Einen Moment, Sir“, bat er höflich. „Bitte, kommen Sie mit. Ein Mr. Huxley möchte Sie sprechen.“
„Was will er denn schon wieder?“ zischte Cecil Harrow gereizt. „Ich war doch erst heute morgen bei ihm. Kann mich denn dieser Kerl nie in Ruhe lassen.“
„Bitte, kein Aufsehen, Sir“, murmelte der dienstbare Geist befremdet. „Es wäre mir äußerst peinlich. Mr. Huxley erwartet Sie an der Bar.“ Was blieb Cecil Harrow anderes übrig, als dem Diener zu folgen? Er erhob sich widerwillig von seinem Platz, steckte sein Geld ein und schlenderte mißmutig zur Bar hinüber. Er kam kaum dazu, einen Whisky zu trinken. Baldwin Huxley nahm ihn sofort in Empfang. Der korpulente Mann mit dem öligen Scheitel und dem gelblich getönten Gesicht schien heute seinen schlechtesten Tag zu haben. Er zeigte sich gereizt und überlaunig.
„Wo haben Sie das Geld?“ fragte er aufbrausend.
Cecil Harrow warf einen hilfesuchenden Blick in die Runde. „Seien Sie doch vernünftig, Mr. Huxley“, bat er drängend. „Ich habe Ihnen doch erst heute Vormittag über hundert Pfund gegeben. Es war alles, was ich im Moment zur Verfügung hatte...“
„Es deckte noch nicht einmal die Zinsen“, höhnte Baldwin Huxley erbost. „Haben Sie mir nicht versprochen, die restliche Summe heute Abend mitzubringen?“
„Doch, ich versprach es“, gestand Cecil. „Aber ich konnte das Geld bis jetzt nicht beschaffen. Vielleicht habe ich Glück im Spiel, Mr. Huxley. Wenn ich gewinne, sollen Sie Ihr Geld noch heute Nacht bekommen. Bis auf den letzten Penny.“
„Bah“, schnaubte Baldwin Huxley verächtlich. „Sie werden nicht gewinnen. Das habe ich im Gefühl. Männer wie Sie sind dem Teufel mit Haut und Haaren verfallen. Sie -werden eines Tages noch froh sein, wenn man Ihnen nicht den Anzug vom Leibe zieht.“
Er machte eine kurze Pause, dann nahm er den jungen Mann erneut scharf aufs Korn.
„Wie ist das nun?“ erkundigte er sich herrisch. „Bis wann bekomme ich das Geld?“
Cecil Harrow wand sich in tausend Ängsten. Immer wieder schielte er beklommen zur Seite, ob niemand ihr Gespräch belauschen würde.
„Sie bekommen den Rest morgen früh“, keuchte er schließlich mit erstickter Stimme. „Ich bringe es in Ihr Büro. Einverstanden?“
„Es ist der letzte Termin“, sagte Baldwin Huxley mit drohend erhobener Stimme. „Sollten Sie nicht pünktlich um neun Uhr erscheinen, so wissen Sie ja, was Ihnen blüht. Ich werde dann sofort Ihren Vater informieren.“
Cecil Harrow wurde weiß vor Wut, aber er wagte nichts mehr zu erwidern. Er kehrte dem anderen hastig den Rücken zu und ging zu seinem Spieltisch zurück.
Verbissen beobachtete er, wie der Tischchef die Karten mischte. Jetzt müßte ich einmal Glück haben, dachte er mit wirbelnden Gedanken. Wenn ich günstige Karten bekäme, könnte ich die verfluchte Schuldsumme in ein paar Minuten gewinnen. Ich müßte dann heute nacht nicht wieder in den Privatsalon meines Vaters schleichen. Ich hätte dann wieder Ruhe vor Baldwin Huxley. Ich würde mich wie neugeboren fühlen...
Er gewann. Wahrhaftig, er gewann. Neben seinen Händen stapelten sich die Geldscheine. „Sie Glückspilz!“ rief eine rotblonde Dame lächelnd zu ihm herüber. „Wenn Sie so weitermachen, sind Sie morgen früh ein reicher Mann.“
Cecil Harrow zitterte am ganzen Körper. Er spielte wie im Rausch. Sein umnebeltes Hirn kam gar nicht dazu, die Chancen richtig abzuschätzen. Es hatte überhaupt nur für einen einzigen Gedanken Raum: Gewinnen! Ich muß gewinnen. Wenn ich die Einsätze verdoppele, hat Baldwin Huxley in spätestens zehn Minuten sein Geld.
Er machte seinen Einsatz und murmelte ein paar törichte Sprüche dabei. Mit bebenden Fingern hob er die Karten ab. Wie gebannt starrte er darauf nieder.
„Verloren“, murmelte der Tischchef. „Spielen Sie weiter?“
Cecil Harrow nickte verbissen.
Weitere Kostenlose Bücher