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Kommissar Morry - Opfer des Satans

Kommissar Morry - Opfer des Satans

Titel: Kommissar Morry - Opfer des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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strengt mich zu sehr an. Die Vorfreude...und die Ungeduld...“
    Der junge Harrow ließ sich schwer in einen Sessel fallen und zündete sich eine Zigarette an. Nun plötzlich war er wieder der blasierte Sohn aus reichem Hause.
    „Seit wann stehen denn die Toten wieder auf?“ fragte er spöttisch. „Hoffentlich erlebt ihr keine Enttäuschung. Ich bin jedenfalls verdammt neugierig auf meinen Herrn Stiefbruder. Soll ich ihm zur Begrüßung um den Hals fallen?“
    „Unterlaß diesen Ton“, forderte Lord Harrow abweisend. „Solche Dinge vertragen keinen Spott. Wenn es Stanley ist, der in unser Haus heimkehrt, so werden wir ihn willkommen heißen. Ist es ein Fremder, so wird er von der Tür gewiesen.“
    Cecil stützte den Kopf in die Fäuste und stierte schweigsam vor sich hin. Ab und zu warf er einen raschen Blick auf seine Cousine, die hübsch und anmutig neben dem Kamin saß. Die rötliche Feuersglut zauberte einen warmen Schimmer auf ihre reine Haut. Die dunklen Locken glänzten betörend im Schein des Feuers. Sie sah in diesem Moment schöner aus als je zuvor.
    „Es wäre mein Pech, wenn Stanley wirklich zurückkäme, wie?“ würgte er gehässig hervor. „Er würde dann in Zukunft die erste Geige spielen. Vielleicht würde er sogar das gesamte Erbe kassieren. Es wird ihm nicht schwerfallen, euch Sand in die Augen zu streuen...“
    „Du solltest nicht soviel in zweifelhaften Nachtklubs verkehren“, unterbrach ihn Lord Harrow ärgerlich. „Du nimmst immer mehr den Ton dieser Leute an. Ich glaube, du merkst gar nicht, wie gewöhnlich und abstoßend deine Sprache wirkt!“
    Cecil Harrow zog es vor, auf diese tadelnden Worte zu schweigen. Er wollte sich an diesem Abend nicht alle Sympathien verderben. Ohnehin spürte er deutlich genug, daß ihm eine Welle der Abneigung entgegenschlug. Sein ausschweifendes, haltloses Leben wurde ihm nicht mehr verziehen.
    „Wie lange wollen wir denn hier noch warten?“ fragte er mürrisch.
    „Bis Stanley kommt“, gab ihm Lord Harrow zur Antwort.
    „Hm. Und wann kommt er?“
    „Er sollte schon hier sein. Er hat mit einem Telegramm seine Ankunft für Mitternacht angekündigt. Vielleicht hat er sich verspätet.“
    „Darf ich dieses Telegramm einmal sehen?“ Angela Corday reichte es ihm. „Lies“, sagte sie freundlich.
    „Die Depesche wurde in Bristol aufgegeben. Anscheinend ist Stanley mit dem Schiff nach England gekommen.“
    Cecil Harrow zuckte mit den Achseln und überlas flüchtig den Text. „Ein solches Telegramm kann jeder schicken“, meinte er dann geringschätzig. „Wir wollen abwarten. Wenn es nach mir ginge, würde ich die Polizei rufen.“ „Das wirst du sein lassen!“ drohte Lord Harrow gereizt. „Du wirst nichts tun, was ich nicht ausdrücklich befehle. Und jetzt schweig endlich! Ich möchte mir diese Stunde nicht durch albernes Gerede verderben lassen.“
    Sie saßen schweigsam da und warteten. Die große Standuhr in der Mittelhalle zerhackte eintönig die Minuten. Die Buchenscheite im Kamin verkohlten allmählich. Das Feuer flackerte nur noch matt. Es verbreitete keine Wärme mehr. Dann, nach einer Stunde, schlug plötzlich die Außenglocke an. Der Butler ging hinaus, um das große Portal zu öffnen. Als er wieder zurückkehrte, führte er zwei Herren in die Halle. Die beiden Männer kamen langsam auf den Kamin zu. Ihre Gesichter waren müde und übernächtigt. Sie mußten eine weite Reise hinter sich haben.
    „Willkommen in Harrow Castle!“ Der alte Lord erhob sich, ging mit ausgestreckten Händen auf die beiden Gäste zu. Er blickte forschend und eindringlich in ihre Gesichter.
    „Bist du es wirklich, Stanley?“ fragte er dann mit unsicherer Stimme.
    Stanley Belmont brach in ein befreiendes Lachen aus. „Aber Vater“, sagte er belustigt, „du wirst mich doch hoffentlich noch kennen? Oder sollte ich mich in den vergangenen zehn Jahren derartig verändert haben?“
    „Ja, du hast dich sehr verändert“, erwiderte Lord Harrow grübelnd. „Du bist dem Mann, der hier vor zehn Jahren Abschied nahm, kaum noch ähnlich. Aber in der Fremde wandelt man oft sein Gesicht. Wir müssen uns eben erst wieder aneinander gewöhnen. Wer ist denn der Herr in deiner Begleitung?“
    „Es ist mein Sekretär, Vater. Ich habe ihn in Bristol kennengelernt und er hat mir auf den ersten Blick gefallen. Henrik Alsen ist sein Name. Er wird in Zukunft meine Korrespondenz erledigen und mir bei der Abfassung meiner Reiseerinnerungen helfen.“
    Die Worte verklangen.

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