Kommissar Morry - Terror um Mitternacht
zusammen.“
„Glauben Sie, daß er am Tage des . . . hm, Unglückes, eine größere Summe bei sich trug?“
„Das bezweifle ich, Sir. Sie dürfen nicht glauben, daß ich neugierig bin, aber natürlich habe ich ab und zu mal einen Blick in seine Brieftasche werfen können . . . schließlich mußte er mir häufig Auslagen erstatten, oder aber die Miete bezahlen. Ich sah nie viel mehr als fünf bis zehn Pfund in seiner Brieftasche. Hat man sie nicht bei ihm gefunden?“
„Nein, Madame.“
„Dann war es also doch ein Raubmord?"
Motley beantwortete die Frage nicht.
„Wissen Sie, bei welcher Bank er ein Konto unterhielt?“
„Bei Leighton & Leighton, Sir. Ab und zu hat er mich mit einem Barscheck dorthin geschickt. Es waren nie mehr als zehn Pfund, die er mich einlösen ließ.“
„Bevor ihm die Erbschaft zufiel . . . wo hat er da gearbeitet?“
„In der Fleet Street, Sir. Bei einer Zeitung. Leider habe ich vergessen, welche es war.“
„Gut, Mrs. Ryth. Vielen Dank. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, fahren wir Sie mit dem Auto nach Hause. Ich komme gleich mit. Sie haben sicher nichts dagegen, wenn ich mich ein bißchen in Mr. Shippers Zimmer umschaue?“
„Können Sie nicht in einer halben Stunde nach= kommen? Mr. Shippers Zimmer ist noch nicht aufgeräumt. Er war in diesem Punkt sehr eigen und bestand darauf, alles selbst zu machen. Sogar das Bett. Darum habe ich noch nichts angerührt."
„Das ist gut. Es muß alles so bleiben, wie es ist, Mrs. Ryth.
„Wie Sie wünschen, Sir.“ —
Das Zimmer des Toten entpuppte sich als ein ziemlich armselig eingerichteter Raum, dessen Komfort in keinem Verhältnis zu dem angeblichen Wohlstand des Mr. Shippers paßte. Wenn man davon absah, daß das Bett noch nicht gemacht war, sah es in dem Zimmer ganz ordentlich aus. Motley, der den Kleiderschrank öffnete und dann
in die Schubladen der Wäschetruhe blickte, mußte feststellen, daß Mr. Shippers einen Hang zur Pedanterie bewiesen hatte. Es war zu hoffen, daß er die gleiche Ordnungsliebe beim Führen seiner Papiere bewiesen hatte. Leider mußten Motley und der Hilfsinspektor entdecken, daß nirgendwo ein Stück geschriebenes Papier lag.
„Nicht mal ein Bankauszug“, meinte der verwunderte May.
„Das ist das wenigste. Leighton & Leighton werden uns die gewünschte Auskunft schon geben.“
May pfiff plötzlich durch die Zähne. Er war dabei, die sorgfältig zusammengelegten Oberhemden in der Wäschetruhe zu durchsuchen.
„Sehen Sie mal her.“
Motley trat näher und nahm das dicke Bündel nagelneuer Pfundnoten in Empfang, das ihm May hin hielt.
„Sehen verdammt echt aus“, meinte er, „aber ich möchte wetten, daß sie aus der gleichen Werkstatt stammen wie die, die wir bei dem Mixer fanden."
„Das sind mindestens tausend Pfund“, sagte May.
„Unser Freund war ein Falschmünzer“, murmelte der Inspektor und roch an den Geldscheinen. „Aus irgendeinem Grund waren seine Arbeitgeber mit ihm nicht mehr zufrieden. Sie zahlten ihn aus und setzten ihn auf die Straße. Das konnte er nicht verwinden. Er wartete auf die Chance der Vergeh tung. Als er das Bild des toten Mixers in der Zeitung sah, wußte er, daß seine Stunde geschlagen hatte. Aber die Bande hatte Shippers nicht vergessen. Sie muß geahnt haben, daß von seiner Seite Gefahr drohte. Sie erwischte ihn, als er bei uns anrufen wollte . . .“
May hörte erstaunt zu. Es gehörte nicht zu Motleys Angewohnheiten, so schnell und überzeugt eine Theorie zu entwickeln. Hinzu kam, daß May die geschilderten Zusammenhänge recht gewagt und kühn erschienen.
„Suchen Sie weiter“, sagte Motley. „Vielleicht finden wir noch das eine oder das andere.“
Aber außer einer Wäscherechnung, die noch nicht bezahlt war, und einer verfallenen Flugkarte nach Dublin, verlief die Nachforschung ergebnislos. Die Flugkarte trug das Datum eines Sonntages, der zwei Monate zurück lag.
„Unser Freund muß sich schon einmal bedroht gefühlt haben", bemerkte Motley. „Anscheinend wollte er sich nach Irland absetzen. In letzter Stunde hat er es sich dann anders überlegt.“
„Die Karte ist auf den Namen Skipper ausgestellt“, erklärte May.
„Das kann ein Schreibfehler sein. Ich halte es auch nicht für ausgeschlossen, daß Shippers der Fluggesellschaft ganz bewußt einen falschen Name angab.“
„Oder den richtigen“, meinte May.
„Oder den richtigen“, räumte Motley ein. „Da er für den Hug nach Irland seinen Paß benötigte, liegt die Vermutung
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