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Kommissar Morry - Terror um Mitternacht

Kommissar Morry - Terror um Mitternacht

Titel: Kommissar Morry - Terror um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Nachtschränkchens. Es war noch hell draußen. Die vor ihr liegenden Stunden des Wartens stellten einen langen, zermürbenden Zeitraum dar. Vielleicht sollte ich einfach zu ihm gehen, überlegte sie. Worauf warte ich überhaupt noch?
    Bis zur Stunde hatte sie die Gedanken an ihr eigenes, nach dem schändlichen Vorhaben zu erwartendes Schicksal beiseite geschoben... sie war ihnen ausgewichen, um nicht wankelmütig zu werden. Jetzt dachte sie zum ersten Mal darüber nach. Sie hatte ihren Wagen in einer Garage des Dorfes abgestellt. Es war ein schwerer Bentley, und der Garagenbesitzer hatte sich mit Sicherheit die Nummer gemerkt. Jede Flucht war also zwecklos. Es war besser, nach der Aktion über den Balkon ins Zimmer zurückzukehren und dann das Kommen der Polizei abzuwarten. Sie würde nichts bei ihr finden ... die Waffe ließ sich bequem ins Meer schleudern. Niemand würde sie jemals wiederentdecken . .. Natürlich würde man sie verdächtigen...
    Sie war jung, und sie war als letzter Gast in die Pension gezogen. Aber wer wollte ihr das verwehren?
    Ich suchte Einsamkeit, ein wenig Ablenkung, Erholung vom Londoner Trubel. Ich liebe das Meer und ich bin viel auf Reisen. Das würde sie ihnen erzählen. Das mit den Reisen stimmte sogar und ließ sich mühelos nachprüfen. Außerdem: warum sollte ausgerechnet sie, die reiche, schöne Grace Marlowe, auf einen jungen Mann schießen? Die Pensionsgäste würden bezeugen können, daß sie ihn nicht einmal kannte.
    Es gab Fußangeln, natürlich, aber Grace empfand keine Furcht vor ihnen. Dann, ganz plötzlich hatte sie einen anderen Gedanken, einen überraschenden Einfall, der zunächst phantastisch anmutete, dem sie bei näherer Prüfung aber allmählich ihre Zustimmung schenkte.
    Ich muß ihn veranlassen, zu mitternächtlicher Stunde mein Zimmer aufzusuchen...
    Wenn ich unter der Vorspiegelung, ihm ein trautes Stelldichein gewähren zu wollen, Spencer Wyck in dieses Zimmer locke, halte ich alle Trümpfe fest in der Hand. Ich kann allen Menschen hinterher erklären, er sei mit Gewalt hereingekommen und1 habe mich bedrängt. Ich kann ihnen sagen, daß mir keine andere Wahl geblieben sei.
    Die Polizei wird freilich fragen: ,Warum haben Sie nicht geschrien und um Hilfe gerufen?'
    Gut, ich werde also schreien. Laut und vernehmlich. Ein oder zweimal, und dann wird es schon knallen. Grace schloß die Augen. Ein Frösteln überkam sie. Es war nicht ihre Art, zu schwindeln, und' sie wußte nicht, wie gut ihr die Ausführung des vorgezeichneten Planes gelingen würde. Am schlimmsten war das Warten bis zur Entscheidung.
    Wenn sie Wyck in ihr Zimmer locken wollte, mußte sie sich bis morgen gedulden. Sie mußte vorsichtig dabei zu Werke gehen. Niemand durfte sie sehen oder beobachten.
    Noch vierundzwanzig Stunden. Sie schüttelte den Kopf. Das halte ich nicht aus, dachte sie. Heute oder nie. Sie zog sich um. Sie legte ein Kleid an, das sie nicht besonderes gern trug, weil es ein bißchen frech war: ziemlich tief ausgeschnitten und betont auf Taille gearbeitet. Frank hatte es ihr einmal geschenkt. Es war ein Modellkleid. Der Stoff war von goldschimmernden Effektfäden durchzogen, so daß der Eindruck einer eng anliegenden zweiten Haut entstand. Aber für ihren Zweck war das Kleid genau richtig. Grace Marlowe hatte sich noch nie als Sirene versucht, und sie hätte ihre ersten Schritte in dieser Richtung gewiß als höchst amüsant empfunden, wenn es dabei nicht um Tod und Leben gegangen wäre. Draußen dunkelte es.
    Grace rauchte eine Zigarette und schminkte sich etwas stärker, als das sonst ihre Gewohnheit war. Dann lockerte sie das rote Haar mit einigen geschickten Handgriffen auf und stellte sich mit wiegenden Hüften vor den Spiegel.
    Gar nicht schlecht, dachte sie. So kurz ist also der Weg von der großen Dame zum Vamp. Sie entriegelte die Tür und öffnete sie einen Spalt. Auf dem Korridor brannte nur ein kleines Notlämpchen. Es war ganz still. Grace steckte den Kopf nach draußen. Sie bemerkte, daß durch einen Türspalt des Obersten Licht schimmerte. Auch bei Wyck brannte Licht. Nur war bei ihm der Schein sehr viel schwächer; wahrscheinlich hatte er nur eine kleine Wandlampe angeknipst. Lautlos trat Grace auf den Flur. Das Herz klopfte ihr hoch oben im Halse. Wenn sie jetzt von einem der Gäste gesehen wurde, war es aus...
    Aber alles blieb still, nichts regte sich. Als sie an der Tür des Obersten vorbei kam, hörte sie leise ein Radio spielen. Dann stand sie vor Spencer Wycks

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