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Kommissar Morry - Terror um Mitternacht

Kommissar Morry - Terror um Mitternacht

Titel: Kommissar Morry - Terror um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Das war keine Feigheit gewesen. Er hatte es immerhin einmal versucht, die Bande aus dem Sattel zu heben. Es war ein gräßlicher Mißerfolg gewesen.
    Morris hatte zwei Entlastungszeugen aufgebracht, bezahlte Leute natürlich, und schließlich war der ganze Prozeß zusammengebrochen. Der einzige sichtbare Erfolg war der, daß die Bande, nunmehr gewarnt, noch vorsichtiger operierte. Im übrigen hatte Morris keinen Zweifel daran gelassen, daß er Wyck zu stellen gedachte.
    „Du wirst uns kein zweites Mal reinlegen", hatte er versichert.
    Die ersten Monate nach dem Prozeß war Spencer relativ sicher gewesen. Die Bande konnte ihn nicht einfach überrumpeln. Die Polizei hätte sonst sofort Verdacht geschöpft. Er verschwand aus London. Aber sie stellten ihn in Liverpool, und später erwischten sie ihn in Blackpool. Sie wollten ihm an sein Leben, und sie wurden allmählich unruhig, als es ihnen nicht gelang. Ja, aber warum ging er nicht zur Polizei?
    Er hatte sich schon einmal die Finger verbrannt, damals, als er die erste und bisher einzige Anzeige gegen Frank Morris erstattete. Seitdem hatte er gelernt, Frank und dessen durch Geld untermauerten Einfluß richtig einzuschätzen. Spencer hatte sich verkrochen, er hatte geglaubt, er könnte die Bande täuschen, und gewiß hatte er auch gehofft, Franks Leute würden das Interesse an ihm verlieren. Das war ein Irrtum gewesen.
    Die letzten beiden Jahre hatte Spencer Wyck in mehr oder weniger bescheidenen Junggesellenappartements verbracht, nach Möglichkeit in Häusern, die zwanzig oder mehr Mieter beherbergten. In der Masse war das Untertauchen am leichtesten. Dafür vermied er es ängstlich, jemals ein möbliertes Zimmer zu beziehen, weil er die Neugier der Wirtinnen nur allzu gut kannte. Er war jedem Verkehr, jeder Geselligkeit aus dem Wege gegangen," und er hatte täglich die Zeitungen verschlungen, immer hoffend, daß Frank endlich einmal gestolpert sei. Aber nichts dergleichen hatte sich ereignet.
    Zweimal hatte Spencer anonyme Briefe an die Polizei geschickt und darauf hingewiesen, daß sich hinter dem biederen Reeder Morris einer der geschicktesten und gefährlichsten Falschmünzer Englands verbarg. Die Polizei hatte die Zuschriften anscheinend für einen schlechten Witz gehalten, für die Bosheit eines törichten Konkurrenten. Sie konnte das um so eher, als nichts von einem Falschgeldumlauf bekannt war. Das war die Situation.
    Es gab Leute, die von der Polizei gejagt wurden und sich deshalb verbergen mußten, und es gab Menschen, die von Verbrechern verfolgt wurden. Er selbst gehörte zur letzteren Gruppe. Nachdem er in seinem Zimmer die Zeitungen studiert hatte, legte er sie achtlos beiseite. Sie hatten Anita also ebenfalls auf dem Gewissen.
    Aus den Zeitungsberichten ging klar hervor, daß man den Toten noch nicht identifiziert hatte. Man hatte bei ihm eine Brieftasche und eine Armbanduhr gefunden. Die Uhr war abgebildet. Spencer fiel es ein, daß er zwar die Brieftaschen und Jacketts ausgetauscht, aber im übrigen vergessen hatte, dem Toten die Uhr abzunehmen. In der begreiflichen Erregung hatte er das übersehen. Zum Glück war sie seiner eigenen so ähnlich, daß ein oberflächlicher Beobachter vom Schlage eines Abe Shire angenommen hatte, sie sei das Eigentum des Mixers gewesen.
    Warum hatte er die Brieftaschen ausgewechselt? Es war eine Reflexhandlung gewesen, geboren aus der Erkenntnis, daß es bitter notwendig war, aus der bestehenden Situation das nötige Kapital zur Flucht zu schlagen. Die frappierende Ähnlichkeit, die zwischen ihm und Frank Morris bestand, mußte die Polizei dazu verführen, an den Tod des Barmixers zu glauben. Das war zunächst durchaus im Sinne und in der Absicht von Spencer Wyck gewesen, denn er hatte gehofft, in der gleichen Weise auch die Bande täuschen zu können . . . solange jedenfalls, bis er unerkannt aus London entkommen war.
    Jetzt freilich fragte er sich, ob es nicht klüger gewesen wäre, die Polizei zu rufen und ein umfassendes Geständnis abzulegen. Spencer seufzte. Nein, das hätte ihm wenig genützt. Er hätte nur die alten Anschuldigungen Vorbringen können, aber keine Beweise in Händen gehabt. Die Polizei hätte wahrscheinlich in seiner Anklage nur den Versuch gesehen, sich von der Schandtat reinzuwaschen.
    Ihm fielen die Banknoten ein, die er aus Franks Brieftasche in die eigene gelegt, und dem Eindringling ins Jackett gestopft hatte. Aus der Zeitung ging hervor, daß es Falschgeld gewesen war. Hätte das als Beweis

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