Kommissar Pascha
machte einen höflichen Knicks in die Runde.
Der Polizeibeamte Wagner, der wegen seiner Fahrkünste in aller Munde war, lachte und klatschte mit den anderen mit. Er hatte während des Zugriffs im Dienstwagen mit der Geldtasche voller Dollarnoten gewartet, die ihm Kommissar Demirbilek anvertraut hatte. Jetzt startete er in der allgemeinen Erleichterung den Motor und fuhr unbemerkt davon. Richtung Grünwald, raus aus der Stadt.
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A n dem Sonntag nach der Aufklärung des ersten offiziellen Falls des Sonderdezernats verließ Zeki Demirbilek unbemerkt die Wohnung. Aydin und Cengiz schliefen noch. Zu seiner geheimen Freude machte Cengiz bisher keine Anstalten, aus seiner Wohnung auszuziehen. Inzwischen staubte Aydins Futon unter seinem viel zu großen Bett ein.
Demirbileks Bedingungen für das Zusammenwohnen bestanden darin, dass seine Kollegin hin und wieder kochte und sich an die Abmachung hielt, zu Hause nicht über die Arbeit zu reden. Auch wenn er seinen Sohn teilen musste, war er froh, ihn bei sich zu haben. Bislang hatten sie jedoch keine Zeit gefunden, ernsthaft miteinander zu reden. Kein Wunder, sagte er sich, er war verliebt und hatte wichtigere Dinge im Kopf. Von Selma hatte er seit der Begegnung in Istanbul nichts mehr gehört. Er vermisste sie und träumte von ihrem sehnsuchtsvollen Blick aus dem Taxi. Von Frederike war er inzwischen geschieden, sie hatte eine Postkarte von den Malediven geschickt. Es freute ihn, zu lesen, dass sie mit ihrem neuen Mann glücklich war.
Es war nicht einmal elf Uhr, als Demirbilek zu seinem Spaziergang aufbrach. Er musste an Gül Güzeloğlu und ihre neue Familie denken. Die Staatsanwaltschaft hatte Kontakt mit den türkischen Behörden aufgenommen, um den Firincis nachzuweisen, den Deutschen für zwei Auftragsmorde in München angeheuert zu haben. Demirbilek glaubte nicht an den Erfolg ihrer Bemühungen. Auf sein Drängen hatten türkische Kollegen zwei weitere Male Gül, die inzwischen Firinci hieß, verhört, doch Ahmets Aufenthaltsort war nicht aus ihr herauszukriegen. Demirbilek war überzeugt, dass sie nicht wusste, wo ihre große Liebe war, die sie verraten und gleichzeitig gerettet hatte. In den türkischen Zeitungen verfolgte er die Fotostrecken ihrer Traumhochzeit, die Artikel dazu schenkte er sich. Gül war in ihrem jungfräulich weißen Hochzeitskleid eine umwerfende Erscheinung, zumal die deutlich durchschimmernde Unterwäsche die Gemüter erhitzte. Wie strategisch geplant, war das neue gemeinsame Familienunternehmen Good Döner Delüks in aller Munde.
Zeki Demirbilek setzte sich an einen der freien Tische und wartete auf die Bedienung im Nockherberg-Biergarten.
Derya Tavuk begrüßte ihn freundlich im Dirndl und gratulierte zur Aufklärung des Falles – die deutschen und türkischen Zeitungen hatten über alle Details ausführlich berichtet. Dann fragte sie, was viele in München beschäftigte, nämlich, ob es eine Spur zu dem dreisten Polizisten gab, der mit den Dollarscheinen abgehauen war. Demirbilek verneinte und dachte an Wagners Anruf zwei Tage nach seinem Verschwinden. Er bat ihn um Entschuldigung, er konnte nicht anders. Dafür brachte der türkischstämmige Münchner Kommissar zwar kein Verständnis auf, wusste aber aus eigener Erfahrung, wie es war, wenn man nicht anders konnte. Wobei es bei ihm nur um das Lieblingsgericht ging, das er an diesem Sonntag gar nicht zu sich nehmen dürfte.
»Weißbier und einen Schweinsbraten bitte«, bestellte Zeki Demirbilek trotzdem, in der Annahme, seine türkische Landsfrau würde die Nase darüber rümpfen. Doch Derya Tavuk tat das Gegenteil, sie versprach ihm mit verständnisvollem Lächeln extra viel Kruste. Demirbilek grinste zufrieden zurück. Er dachte sich das unansehnliche Dirndl weg und erinnerte sich an ihren auffordernden Blick, als sie nach dem Duschen das Handtuch um den Körper trug. Das war ihm lieber.
Bevor er den ersten Schluck von seinem Weißbier trinken konnte, betrat eine Gruppe Gäste den Biergarten. Er traute seinen Augen nicht, als er sein Migra-Team Vierkant, Cengiz und Leipold erblickte, auch sein Freund Robert war dabei, wie auch Özlem und Aydin. Seine Tochter entdeckte ihn als Erste und winkte mit einer Hand, in der anderen balancierte sie eine Torte mit vier brennenden Kerzen.
Demirbilek schüttelte ungläubig den Kopf. Er freute sich über die Überraschung, auch wenn er zigfach betont hatte, seinen vierzigsten Geburtstag nicht feiern zu wollen. Er hasste seine
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