Kommissar Pascha
egal.«
»Woher wissen Sie das alles eigentlich?«
»Ich habe mit einem netten Herrn vom Türkischen Generalkonsulat telefoniert.«
»Der hat das so einfach ausgeplaudert?«
»Ich war auch nett am Telefon«, meinte Cengiz mit gespieltem Unverständnis über die Frage.
»Laut den Informationen kam er vor fünf Jahren nach München. Er hat einen türkischen Pass mit befristeter Aufenthaltserlaubnis. In den fünf Jahren ist er in Deutschland nicht straffällig geworden. Es gab nur im ersten Jahr ein Problem mit seinem Führerschein.«
Demirbilek wartete geduldig. Cengiz überflog die E-Mail, bevor sie weitererzählte. »Ja, genau. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht ganz, was hier steht. So ein Amtstürkisch, wissen Sie. Auf alle Fälle wollten die deutschen Behörden seinen türkischen Führerschein nicht anerkennen. Er hat ihn neu gemacht. Ein Name taucht in dem Zusammenhang öfter auf. Er hat sich für Metin Burak immer wieder eingesetzt.«
»Ja?«, hakte Demirbilek nach. »Welcher Name?«
»Süleyman Güzeloğlu, sein Chef. Ich war heute Morgen gleich bei seiner Firma Döner Delüks, die haben ein Büro am Frankfurter Ring. Metin Burak war der Familienchauffeur, also für Güzeloğlu selbst und seine Tochter Gül. Die beiden waren nicht da, aber ein Angestellter hat Metin Burak nach dem Foto zweifelsfrei identifiziert. Großer Schock. Großes Getöse. Kennen Sie ihn, den Dönerkönig?«
Demirbilek reagierte mit einem Schmunzeln, die Umschreibung passte ziemlich gut. »Nur aus der Presse. Die türkischen Zeitungen prahlen gerne mit ihm. Der perfekte Türke im Ausland. Steinreich. Wohltätig. Erfolgreich«, erwiderte er und wunderte sich darüber, welche Dimension der Fall annahm. Falls der Fahrer des prominenten Unternehmers tatsächlich zwei Menschen getötet haben sollte und selbst hingerichtet wurde, wäre das ein gefundenes Fressen für die türkische und deutsche Presse.
»Der Wohnsitz des Fahrers? Wir müssen uns da umsehen.«
»Er hatte eine kleine Wohnung im Souterrain bei den Güzeloğlus. Ich bin heute früh vor dem Büro vorbeigefahren. Ist ja einfach heutzutage mit Navi. Schönes Haus in Harlaching. Aber nicht protzig genug für einen Türken.« Sie endete mit einem schwärmerischen: »Mir gefällt das Haus.
Harika bir bina.
«
»Ist es wirklich so schön?«, fragte Demirbilek und fügte hinzu: »Wie kommt es, dass du so gut Türkisch sprichst? Du bist in Deutschland geboren und aufgewachsen.«
»Glauben Sie im Ernst, in Berlin-Kreuzberg lernt man Deutsch?«
Demirbilek lächelte verständnisvoll. Er war oft privat und beruflich in Berlin. Zwar kannte er das Leben in Kreuzberg nicht gut, aber gut genug, um Cengiz’ Bemerkung zu verstehen. Machte man die Augen zu, erzeugten Stimmen, Geräusche und Düfte heimatliche Gefühle. Demirbilek dachte an die Zeit zwischen seinen Ehen. Er hatte sich eine Woche freigenommen, um mit einem Freund aus Kreuzberg zu trinken. Trinken, um zu vergessen. Das geht am besten unter Türken, die Rakı nicht nur als Alkohol verstehen. Der Anisschnaps half der Schwermut auf die Sprünge, die in der türkischen Seele fest verankert ist. Damals rauchte er zwischen sechzig und siebzig Zigaretten am Tag. Niemand scherte sich um gesundheitliche Folgen der Angestellten in den türkischen Lokalen.
»Da hast du dir viel Geld für einen Türkischkurs gespart«, meinte er lächelnd. »Schick die Spurensicherung gleich vorbei, und schreib zusammen, was man über die Güzeloğlus wissen muss. Ich möchte nicht mehr als eine Seite lesen müssen.«
»Deutsch oder türkisch?«, grinste Cengiz frech.
Demirbilek schüttelte den Kopf. Der jungen Berlinerin war nicht einfach beizukommen.
»So, ich habe jetzt Hunger«, sagte Demirbilek dann und stand auf.
Cengiz sprang von ihrem Sitz, um ihn zu begleiten.
»Ich bin verabredet. Wir sehen uns in einer Stunde wieder. Wenn …«
»Wenn Vierkant vor Ihnen da ist, dann rede ich mit Ali Karaboncuk über das Wetter«, vervollständigte Cengiz den Satz und ließ sich zurück auf ihren Stuhl fallen.
»Bravo. Du lernst schnell.« An der Tür fiel ihm noch etwas ein. Er reichte ihr die Visitenkarte mit der Telefonnummer aus dem Sultans Harem. »Überprüf mal, von wem die ist. Könnte eine Geheimnummer sein.«
[home]
30
R obert Haueis wartete seit fünf Minuten in der Schlange. Sie reichte bis zur vierspurigen Lindwurmstraße. Zur Mittagszeit war in dem winzigen Laden am Goetheplatz immer reger Betrieb. Ein- bis zweimal im Monat
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