Kommissar Pascha
was er nach dem Anruf aus München herausgefunden hatte – mit leicht fränkischem Einschlag, was bei Demirbilek und Leipold für gewisse Irritation sorgte.
»Good Döner Food ist ein aufstrebender Konzern, er macht um die zehn Millionen Euro Umsatz. Fleisch, Spieße, Öfen, Fladenbrot, Soßen, Gemüse, selbst die Gewürze lassen sie in Indien produzieren. Eben alles, was zur Produktion und zum Verkauf eines leckeren Döners gehört. Der allmächtige Chef heißt Furat Firinci, führt sein Unternehmen ehrgeizig wie der FC Bayern«, brachte Tekerek sein in Franken erworbenes kulturelles Wissen mit ein.
»Wenn der Konzern so viel Geld macht, was hat dann die Fusion durch die Heirat mit Gül Güzeloğlu für einen Sinn?«, fragte Demirbilek. Er hatte keine Lust auf Witzeleien, und die Ehrfurcht, mit der Tekerek von der Firma schwärmte, gefiel ihm nicht.
»Firinci hat mit Good Döner Food in gerade mal fünf Jahren ein Imperium in der Türkei und im arabischen Wirtschaftsraum aufgebaut. In der EU aber ist er schlecht aufgestellt. Er will expandieren. Und da kommt Döner Delüks ins Spiel. Insider befürworten die Fusion euphorisch – ein türkischer Megaplayer tut dem Image unseres Landes gut. Außerdem wird spekuliert, dass Firinci nach der Hochzeit seines Sohnes mit Güzeloğlus Tochter an die Börse geht. Firinci will die ganze Welt mit seinem Döner glücklich machen.«
Leipold, der die ganze Zeit über nichts gesagt hatte, ließ mit großen Augen die vorbeiziehende Stadt auf sich wirken.
»Und dass der alte Güzeloğlu gestorben ist, macht nichts?«, erkundigte sich Demirbilek.
»Im Gegenteil«, antwortete Tekerek, er hatte sich gut vorbereitet. »Die Wirtschaftsexperten gehen davon aus, dass Firincis Sohn die Geschäfte von Döner Delüks in München als Europasitz übernehmen wird. Uğur ist ein Topmanager, ausgebildet in den USA und England. Vater und Sohn haben Großes vor. Gül Güzeloğlu ist ja eher eine Partyqueen, vom Geschäft versteht sie nichts, heißt es, oder habt ihr da andere Informationen?«
Die beiden Münchner Polizisten verneinten.
»Was die Befragung betrifft, da habe ich schlechte Nachrichten. Die sind alle ziemlich eingespannt wegen der Beerdigung des alten Güzeloğlu. Ich habe einen Termin um sechs Uhr bekommen. Frau Güzeloğlu hat eine halbe Stunde Zeit für euch.«
Leipold sah verdutzt zu Tekerek. Demirbilek nahm die Neuigkeit gelassen hin.
»Wo treffen wir sie?«
»In Levent, im Firmensitz von Good Döner Food.«
Demirbilek überlegte. »Dann fahren wir vorher zu Roberts Wohnung.«
Eine halbe Stunde später ließ sich der grauhaarige Fahrer nicht davon abhalten, die Koffer der Münchner in den dritten Stock zu tragen. Leipold war zwar absolut dagegen, aber Demirbilek überredete ihn, den Mann seine Arbeit machen zu lassen. Der Fahrer werde dafür bezahlt und würde sich sonst in seiner Berufsehre verletzt fühlen. Tekerek nickte zustimmend und zündete sich, kaum waren sie wieder auf der Straße, eine Zigarette an. Dann erklärte er Leipold, wie seine Heimatstadt polizeilich gesehen ticke, nämlich ganz anders als in Bayern.
Während die beiden sich unterhielten, nutzte Demirbilek die Gelegenheit und versuchte – bestimmt zum dreißigsten Mal –, Gül Güzeloğlu auf dem Handy zu erreichen. Diesmal nahm sie den Anruf an.
»Wir sehen uns doch später,
Komiser Bey
«, sagte sie freundlich, ohne ihn zu begrüßen.
»Bringen Sie Ihren Freund Ahmet Burak mit. Sagen Sie ihm, wir wissen, dass er nach dem Schuss auf unsere Kollegin den Notarzt angerufen hat. Ich brauche eine Personenbeschreibung des Schützen, er muss ihn gesehen haben. Ich glaube nämlich, dass der Killer ihn töten wollte und nicht unsere Kollegin«, antwortete Demirbilek ruhig, ebenfalls grußlos.
Gül Güzeloğlu blieb stumm. Demirbilek spürte, dass er sie mit seinem Ansinnen überrumpelt hatte.
»Kommen Sie um achtzehn Uhr zur Galatabrücke«, erwiderte sie nur und legte auf.
Gedankenverloren steckte er sein Handy in die Jacke und wunderte sich ein weiteres Mal über diese Frau, die so voller Überraschungen steckte. Sein Blick wanderte zu einem Kreuzfahrtschiff, das bedächtig durch das Goldene Horn schipperte. Es dauerte eine Weile, bis er seinen Blick wieder lösen konnte und auf die Uhr sah. Dann wählte er Aydins Handynummer.
»Ja?
Baba,
was gibt’s«, flüsterte sein Sohn.
»Wo bist du? Warum sprichst du so leise?«, fragte er erstaunt.
»Im Krankenhaus. Bei Jale … Warte, ich gehe
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