Kommissar Pascha
stoppte nach einigen Metern.
Außer Atem ging der junge Mann zu den verdunkelten Fensterscheiben und wartete, bis Gül die Tür öffnete und zur Seite rutschte, damit er zu ihr einsteigen konnte.
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D er guten Ordnung halber lieferte der Deutsche den gemieteten BMW Mini bei der Autovermietung am Hauptbahnhof ab. Die zwei Ausweiskontrollen, in die er geriet, machten ihm keine Sorgen – die Polizei wusste nicht, wer er war und wie er aussah.
Trotzdem, was für ein armseliger Abgang, und das ohne seine Geldtasche. Er würde während der Fahrt anrufen und in der islamischen Gemeinde Bescheid geben, dass er seine Tasche später abholen würde. Was für eine Schande. In Gedanken verfluchte er die Stadt München in allen Sprachen, die er einigermaßen beherrschte, und mit ihr ihre Polizisten.
Er begab sich zum Schalter und kaufte zwei Zugfahrkarten mit Platzreservierung nach Salzburg, wo er eine sichere Unterkunft hatte, um unterzutauchen. Sobald er in Österreich war, würde er je nach Situation entscheiden, ob er direkt nach Istanbul zurückflog oder mit dem Zug weiter nach Wien fuhr. Von dort aus nach Moskau zum nächsten Job. Doch er spürte, wie ungewöhnlich nervös er war. Er hatte tatsächlich den Auftrag in München nicht zu Ende gebracht. Das würde sich herumsprechen. Natürlich. Moskau würde er vielleicht noch abwickeln können, aber dann? Eine Katastrophe.
Er bestieg den Zug und setzte sich ans Fenster. Der Platz neben ihm würde frei bleiben. Auch wenn die Fahrt nicht lange dauerte. Zwei Minuten später hatte er sich in den Schlaf geatmet. Er träumte von der jungen Polizistin, die ihm den Treffer auf Ahmet Burak vereitelt hatte – dumme Kuh, Anfängerin, schimpfte er sie, man wirft sich nach der Rückwärtsdrehung auf die Seite nicht nach unten.
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Z eki Demirbilek kam mit zwei Bechern Kaffee für Leipold und Vierkant in die Notaufnahme des Harlachinger Klinikums zurück. Er selbst verzichtete. Sie warteten seit einer Stunde auf Nachrichten über Cengiz.
Leipold nippte an dem lauwarmen Kaffee. Vierkant stöberte in ihrer Umhängetasche. Auch eine Art, seine Nerven zu beruhigen, dachte Demirbilek, der sie, mit dem Rücken an die Wand gelehnt, beobachtete. Um das sorgenvolle Schweigen zu brechen und seinem Beruf gegenüber seine Schuldigkeit zu tun, gab Demirbilek die Informationen weiter, die er bei Gül Güzeloğlus Verhör noch erfahren hatte: Der Chauffeur hatte Ahmets Mutter während der Militärzeit genau zwei Mal getroffen und genauso oft mit ihr im Suff geschlafen. Ahmet war in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen. Nachdem seine Mutter gestorben war, hatte er vor drei Jahren mit einem Koffer an die Tür seines Vaters geklopft. Er erzählte ihm seine Geschichte und zeigte ihm den verkümmerten Finger als Beweis. Metin Burak nahm ihn widerwillig bei sich auf, ein echtes Vater-Sohn-Verhältnis entwickelte sich jedoch nicht. Seine Vaterschaft hat er offiziell nie anerkannt. Gül mochte den verschrobenen und stillen jungen Mann gut leiden. Sie gewöhnte sich an seine Anwesenheit im Haus und verliebte sich in ihn – das glaubte sie wenigstens. Metin Burak vertraute sich irgendwann seinem Dienstherrn an. Der alte Güzeloğlu fand auch dafür eine Regelung und stellte Ahmet als Hausmeister ein – ohne Papiere, Ahmet war illegal in Deutschland.
Leipold und Vierkant hatten ohne Zwischenfragen zugehört. Als Demirbilek fertig war, schickte er eine SMS mit dem Inhalt, er würde später kommen, an Aydin und Özlem, die zu Hause auf ihn warteten. Sie waren beim Italiener verabredet. Wie früher, erschrak er innerlich, wie oft hast du früher solche Nachrichten an Selma verschickt?
Kurz darauf tauchten Herkamer und Stern auf. Ihre enttäuschten Mienen sprachen Bände. Herkamer überließ Stern das Reden.
»Gül Güzeloğlu wurde vor dem Krankenhaus von einer Limousine abgeholt. Ein junger Mann ist zugestiegen, der Personenbeschreibung nach könnte das der gesuchte Ahmet Burak sein.«
»Und wo ist sie hin?«, fragte Leipold.
»Sie steht auf der Passagierliste eines Privatjets, zusammen mit dem Sarg ihres Vaters.« Stern sah auf seine Armbanduhr. »Laut Flugplan müsste sie in einer Stunde in Istanbul sein.«
Mit versteinerter Miene fragte Leipold: »Wem gehört der Privatjet?«
»Registriert auf die Firma Good Döner Food, mit Sitz in Istanbul.«
»Und der andere, Ahmet Burak, ist der mitgeflogen?«, hakte Leipold nach.
»Wir wissen es nicht, wenn dann als blinder Passagier.
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