Kommissar Steen 01 - Unruhe
Zimt und Töne von Gold.
»Wie geht es Emma?«, fragte sie.
Axel berichtete ihr von den letzten beiden Tagen, ließ aber Einzelheiten der Besuche im Leichenschauhaus und auf dem Friedhof aus. Sie sprachen eine Weile darüber, wie stolz sie auf Emma waren und wie fröhlich und lebensfroh sie war. Es gab viele Sätze, Ausdrücke und Gesichter, die sie beide kannten, und ausnahmsweise einmal stellten sich Freude und Lachen ein.
Eine Zeit lang sagte keiner von ihnen etwas. Die Stille machte es sich zwischen ihnen bequem, von der Straße waren die Dieselmotoren der Busse und das Zischen der Reifen auf dem regennassen Asphalt zu hören.
Cecilie stand auf und ging zum Fenster.
»Wie still es hier ist«, sagte sie.
»Ja, zum ersten Mal seit vier Tagen«, antwortete er und stand ebenfalls auf.
Die bunten Lichterketten im Fenster der Pizzeria Pronto gegenüber blinkten beruhigend, die Tür zur Kirche stand offen, und sie konnten den Gesang eines Gospelchors hören. Axel blickte auf den Regen, der die Fallrohre der Dachrinne herunterplätscherte, in den Rinnstein am Bürgersteig lief und schließlich durch den Kanaldeckel verschwand.
»Axel?«
Er spürte ihre Hand auf seinem Oberarm, an seiner Schulter, sie zog ein wenig, um ihn zu sich hin zu drehen, er wusste, was gerade geschah, konnte es aber nicht glauben. Dann war sie in seinen Armen, und seine Verwirrung und Nervosität legten sich zur Ruhe. Sie hob den Kopf, ihr Gesicht, die Lippen waren weich, vertraut und auf eine Weise fremd, und er küsste sie, sie öffnete den Mund, und er warf sich in die Öffnung, die sie ihm bot, und verschwand. Als sie ganz in seine Umarmung glitt und die Arme um ihn schlang, fing er an zu weinen.
»Was hast du?«, fragte sie.
Warum?, dachte er, atmete bis tief in den Magen, um das Weinen zu stoppen.
»Soll ich gehen?«
Axel zog sie an sich.
»Nein, ich möchte, dass du bleibst. Es ist nur so … überwältigend.«
Den letzten Satz bereute er sofort. Er hatte Angst, ihr seine Verletzbarkeit noch mehr zu zeigen.
Obwohl sie anders duftete, als er es in Erinnerung hatte, lag da dennoch ein Ton unter ihrem Parfüm, ein Duft von etwas, das er war, etwas Trockenes und Weiches und Reines und Sicheres. Diesen Duft zu riechen war, als käme er nach Hause. Er hatte vergessen, wie zerbrechlich und fein sie war, die Knochen direkt unter der Haut, ihre Handgelenke und Waden,die Schlüsselbeine, die hervortraten, als sie sich die Bluse aufknöpfte und auszog, dann den BH und den Slip. Sie war schlank, die Brüste waren ein klein wenig eingefallen, ihr Leben hatte Spuren hinterlassen, und sie war wunderschön anzuschauen.
Er konnte nicht aus seinen Sachen kommen, die Hose schien festzusitzen, und er fühlte sich nackt, noch bevor er es tatsächlich war. Aber sie kam zu ihm, hielt ihn. Die Berühungen versetzten ihm kleine Stöße, als sie über seinen Rücken strich, er wollte sie anfassen, zögerte aber, bis sie seinen Schwanz umfasste, sanft, beinahe behutsam.
»Ich friere hier drin. Können wir nicht ins Schlafzimmer gehen?«, fragte sie.
Was passierte hier?
Axel lag wach an ihrer Seite. Die Rollläden schnitten die Straßenbeleuchtung an der Wand über seinem Bett in Scheiben. Im Halbdunkel betrachtete er ihren nackten Körper, das sorgfältig rasierte Dreieck, die dunkelbraunen Schamlippen, die fettig glänzenden, gekräuselten Schamhaare darüber, die weiße Haut, das Becken, das die Haut über dem Bauch mit den zwei Schwangerschaftsstreifen auf beiden Seiten des Nabels einrahmte, die wie Strichcodes aussahen und sich nach außen gedreht hatten, nachdem Emma geboren war. Der Busen hob und senkte sich in einem ruhigen Rhythmus, die Brustwarzen hatten sich zurückgezogen. Die Lippen leicht geöffnet, lag sie in tiefem Schlaf, einen Zug von Geborgenheit um den Mund, ihr Haar überall.
Was passierte hier?
Cecilie im Gegenlicht am Strand auf Naxos mit blinzelnden Augen und Sommersprossen: »Willst du ein Kind mit mir haben, Axel Steen?«
Was passierte hier?
Ihre großen Augen, die sich mit Tränen füllten, als er davon erzählte, wie seine Mutter gegangen war, als er sieben Jahre alt gewesen war, und von der Dunkelheit, die danach kam, weil er sicher war, es sei seine Schuld, dass die Eltern auseinandergingen.
Was passierte hier?
Sie liebte Kirchen, weil es dort Ruhe und Schönheit gab, und so hielt er in Sainte-Chapelle um ihre Hand an, sicher, dass dies ihr allergrößter Wunsch war, dann würde sie die Seine sein. Als er
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