Kommissar Steen 01 - Unruhe
Vater seinen Kummer mit einer neuen Frau gelindert, aber es hielt nicht, dann folgte eine Frau nach der anderen, bis schließlich Mona kam. Und Mona war immer noch in dem Haus in Risskov, obwohl sein Vater tot war. Nach der Scheidung hatte er nie wieder wirklich Farbe im Gesicht bekommen, die Glut im Blick, die ansteckende Lebensfreude, die seine Antriebskräfte waren, verloschen. Selbst seine langen Tiraden hatten mit den Jahren mehr und mehr etwas Monotones und Freudloses an sich gehabt, und zum Schluss hatte der Krebsihn aufgefressen. Axels Mutter hatte er nie vergeben. Sie bekam noch drei Kinder mit Leif, und Axel hatte sich immer wie ein Sohn zweiter Klasse gefühlt, eine Erinnerung an etwas, das sie am liebsten vergessen wollte. Ein Junge, der zu Besuch kam und sein Spielzeug selbst mitbringen musste. Jedes Mal.
Nach der Schule war Axel nach Kopenhagen gezogen, und übrig geblieben war nur Mona, die er einmal, höchstens zweimal im Jahr besuchte. Zu Weihnachten und während der Ferien der Kinder spielten sie ihre Einakter, die Rollen kannten sie auswendig. Nur wenn Emma mitkam und plötzlich nach all dem Ungesagten fragte, kamen sie leicht vom Kurs ab.
Sein Handy vibrierte. Axel nahm sich zusammen und checkte zunächst die Mails. Darling hatte einige geschickt, Zeugenaussagen, Verhörprotokolle, eine Erklärung der PET -Techniker darüber, dass beide Pässe gefälscht waren, und eine Analyse der Haare und Sekrete, die man an der Sturmhaube gefunden hatte.
Ein Team von Kollegen war in Brøndby Strand gewesen und hatte Kasper Vangs Zweizimmerwohnung auf den Kopf gestellt und eine hübsche Sammlung anaboler Steroide gefunden, aber nichts, was ihn mit dem Tod von Enver Davidi in Verbindung gebracht hätte.
Außerdem hatte er einige SMS bekommen. Cecilie fragte, ob sie etwas mitbringen solle. Erwartung, Glaube, Hoffnung, deinen nackten Körper, deine Begierde. Er hatte Lust ›Komm zu mir, liebe mich‹ zu antworten, schloss die Nachricht aber und öffnete stattdessen das Dokument mit den Protokollen der Einzelverhöre der Polizisten, die auf dem Friedhof im Einsatz gewesen waren.
In seiner Zusammenfassung erwähnte Darling, dass drei von ihnen Kollegen gesehen hatten, die sie aus der Entfernung nicht unmittelbar hatten identifizieren können. Er musste daran denken, die Erklärungen genau zu lesen, aber im Moment konnte er an nichts mehr denken. Die Lähmung sickerte wie Giftgas in sein Bewusstsein, das sich in einen kalten Nebel zurückzog.Dann kam die Dunkelheit. Er war alleine in der Kälte, ohne irgendein Gefühl im Körper, einfach alleine. Mit dem Herz, das wuchs und wuchs, bis es nicht mehr in seinem Brustkasten sein konnte, bis es wie ein Erdball in einer Orgie gelber, orangefarbener und blutroter Flüssigkeiten explodierte. Dann war es dunkel und kühl. Er war nicht tot, aber es fühlte sich so an.
Das Geräusch einer Autotür, die auf der anderen Straßenseite vor Laila Hansens Haus zugeschlagen wurde, weckte ihn. Jakob Sonne war aus dem Wagen gestiegen. War er gerade angekommen? Axel hupte, ließ die Seitenscheibe herunter und winkte ihn zu sich.
»Hej, wo bist du gewesen? Ich habe die letzten Tage ein paar Mal versucht, dich zu erreichen, Mann. Warum antwortest du nicht auf meine Anrufe?«
Das in die Stirn fallende Haar wippte.
»Wir sind sehr beschäftigt, Sonne. Du bist doch einer von den alten Hasen, du kennst das Drum und Dran: Bei einem solchen Mordfall sind wir fünfunddreißig Stunden am Tag im Dienst. Wir wissen noch nicht, was passiert ist. Und es gibt ständig neue Entwicklungen. Ich habe keine Zeit, die Presse telefonisch auf dem Laufenden zu halten.«
»Ich habe schon oft darüber nachgedacht, Axel, aber unsere Berufe ähneln sich doch sehr. Wenn ich morgens aufstehe, weiß ich auch nicht, womit ich es zu tun kriege, wo ich hinmuss und wann ich das nächste Mal frei habe.«
Axel mochte es nicht, wenn Journalisten ihn mit seinem Vornamen ansprachen und so taten, als seien sie befreundet.
»Ich räume auf, du schleuderst Dreck. Unsere Berufe haben nicht das Geringste gemein. Während ich arbeite, bist du und deine Kollegen für mich nichts anderes als Hämorrhoiden an meinem Arsch. Was willst du hier?«
Sonne versuchte, einen harten Gesichtsausdruck aufzusetzen, legte den Kopf ein wenig zur Seite und sagte:
»Ich könnte dich dasselbe fragen.«
»Lass es. Wenn du der Exfrau auf die Nerven gehen willst,dann zeig ein bisschen Feingefühl, okay? Die Sache hat sie ganz schön
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