Kommissar Steen 01 - Unruhe
vorgeschlagen.«
Axel ging. Wieder sah er auf die Uhr. Noch zehn Minuten, bis er hinauf zu Rosenkvist musste. Er setzte sich an seinen Schreibtisch und sah die Mails durch. Es waren wesentlich weniger, seit die Flut der Elektropost versiegt war, die den Fall betraf.
Eine war aus der Redaktion von Modpress und enthielt eine Reihe von Audio- und Videodateien. Dabei musste es um das gehen, wovon Darling gestern gesprochen hatte, und die Mail war sicher irrtümlich bei Axel gelandet. Er öffnete die Filmausschnitte und die Bilder, eins nach dem anderen. Sie stammten allesamt aus der Nacht von Donnerstag auf Freitag und waren entweder von Martin Lindberg aufgenommen worden oder zeigten ihn auf der Straße. Wenn die Zeitangaben stimmten, konnte er Enver Davidi nicht ermordet haben. Einer der Ausschnitte zeigte ihn in einer Gruppe Schaulustiger am Ende der Blågårdsgade, wo auch einige Kameraleute von verschiedenen Fernsehsendern aufmarschiert waren, und zwar zu genau dem Zeitpunkt, als Enver Davidi erwürgt worden war. Ein andererFilmausschnitt dokumentierte, dass er sich zur selben Zeit, als jemand im Nordwest-Viertel Pivers Leiche aus Lindbergs Wagen geworfen hatte, bei einem Diskussionsforum über die Unruhen in einem Bürgerhaus in Indre Nørrebro befunden hatte.
Axel klickte sich ins Intranet und stellte fest, dass Lindberg immer noch im Bunker in Untersuchungshaft saß. Er machte sich auf den Weg zum Rechtsreferat, das beinahe genauso spärlich besetzt war wie das Morddezernat, aber im dritten Büro fand er den Juristen, der kürzlich den Antrag auf Untersuchungshaft gegen Lindberg gestellt hatte.
»Sind Sie zuständig für Martin Lindberg?«
»Ja, sieht einigermaßen problematisch aus. Sind Sie wieder mit dem Fall befasst?«
»Ja«, log Axel.
»Er wurde die ganze Nacht verhört – auch zu seiner Begegnung mit Davidi in Makedonien. Da ist nichts, dem wir nachgehen könnten. Und ein Telefongespräch mit Piver hat er nicht geführt, jedenfalls ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass es seine Stimme ist. Damit haben wir nur noch Indizien, aber keine Beweise.«
»Ich habe eine Mail bekommen, die Sie sich ansehen müssen. Es gibt sieben Aufnahmen, die zeigen, dass Lindberg Davidi nicht umgebracht haben kann und dass er ein wasserdichtes Alibi für die Zeit hat, als Piver auf dem Grundstück im Nordwest-Viertel abgeladen wurde. Sie kommt von Modpress, aber es sieht alles authentisch aus.«
Der Jurist sah ihn resignierend an.
»Sind Sie sicher?«
»Ja.«
»Tja, ich fürchte, dann müssen wir ihn laufen lassen. Ich habe nichts, was für eine Fristverlängerung reichen würde.«
Axel ging zurück ins Büro und schickte ihm die Ausschnitte.
Dann machte er sich auf den Weg in die Chefetage. Zum vierten Mal in knapp einer Woche. Mindestens dreimal zu viel.
Rosenkvist sah ihn mit einem Lächeln an, das kein richtigesLächeln war, sondern mehr eine Maske, hinter der die Macht wohnte.
»Es sieht übel für dich aus. Ich verstehe nicht, warum du dir das Leben so schwer machst. All diese Konflikte, all diese kleinen Geschichten über Verletzungen der Verschwiegenheitspflicht gegenüber der Presse, und jetzt auch noch ein Verhältnis mit einer Person, die in diesem Fall eine Rolle spielt. Wo soll das hinführen?«
»Ich habe kein Verhältnis mit jemandem, der mit dem Fall zu tun hat. Jedenfalls nicht mehr. Das ist fast zwei Jahre her. Und es war eine einzige Nacht.«
»Danke, aber erspar mir die Details. Ich bin gezwungen, in dieser Sache Corneliussen zu folgen und dich ganz von dem Fall abzuziehen, obwohl es im System immer noch Fürsprecher für dich gibt.« Er legte eine Kunstpause ein, und ein Lächeln breitete sich über den bläulichen Kieferknochen aus. »Andererseits können wir es uns nicht leisten, unsere besten Kräfte zu schonen.« Rosenkvist legte die Fingerspitzen in einer Geste aneinander, die Beratung mit sich selbst signalisieren sollte, aber Axel wusste, dass das Urteil längst gesprochen war. »Du könntest ein Team mit Henriette Nielsen bilden. Ich könnte dich an den PET ausleihen, in dem Umfang, in dem sie Verwendung für dich haben, alles inoffiziell natürlich. Ihre Drogenoperation hat ja gewisse Berührungspunkte mit den Mordfällen.«
»Ja, schon«, war das Einzige, das Axel einfiel.
»Außerdem ist das wohl die Richtung, auf die wir uns konzentrieren müssen, nicht wahr? Enver Davidi taucht mit fünfzehn Kilo Kokain auf dem Friedhof auf und wird ermordet.«
Axel berichtete ihm von
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