Kommissar Steen 01 - Unruhe
Warst du es nicht, der diese Theorie ins Spiel gebracht hat?«
»Ja.«
»Ein Mörder in meinem Polizeikorps.«
»Ein möglicher Mörder. Ich schlage vor, dass wir ihn hierbehalten und seine Wohnung durchsuchen.«
Rosenkvist drehte sich um. Von dem entwaffnenden Lächeln, das für gewöhnlich auf seinem Gesicht lag, war nicht die geringste Spur zu sehen. Unter den Strähnen hatten sich mehrere Lagen Falten aufgeschichtet.
»Ja, das muss wohl sein.« Er ließ sich auf dem Schreibtischstuhl nieder. »Und ansonsten halten wir den Ball flach. Über Vang geht nichts an die Öffentlichkeit, absolut nichts.«
»Auf der anderen Seite zeigen Davidis Identität und Hintergrund ja, dass das Opfer kein Autonomer ist, und das sollte uns den Druck ein wenig nehmen.«
»Ein wenig. Aber wir haben keinerlei Bedarf, dass uns die Medien schon wieder durch den Fleischwolf drehen.«
Axel dachte an den Film. Er hatte Dorte Neergaard versprochen, sie könne ihn zum gegebenen Zeitpunkt verwenden. Ihr die Informationen über die Identität des Ermordeten exklusiv zu geben, hatte ihm etwas Zeit verschafft, aber sie würde ihm bald wieder wegen der Pflichtversäumnisse unfähiger Polizisten in die Waden beißen. Und wenn herauskäme, dass einer von ihnen unter Mordverdacht stand, wäre die Hölle los.
»Du kannst jetzt gehen, aber du hältst mich auf dem Laufenden.«
Auf dem Weg ins Morddezernat rief Axel Dorte Neergaard an. Sie ging nicht ans Telefon, also hinterließ er eine Nachricht, dass sie mit der Aufnahme rausgehen könne, an der Sache mit den beiden Polizisten aber offenbar nicht mehr dran sei, als dass sie sich ein wenig aufs Ohr gelegt hätten. Eine Abmachung war eine Abmachung. Das Renommee des Korps war nicht seine Angelegenheit.
Im Büro wartete feiner Besuch auf ihn. Henriette Nielsen saß mit übereinandergeschlagenen Beinen und einer Selbstverständlichkeit, die ihn wütend machte, auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch und sprach in ihr Handy. Vor ihr auf dem Tisch lag ein Stapel Akten, die Strafsache Enver Davidi, die er angefordert hatte, und er bemerkte, dass bei der zuoberst liegenden Akte das Gummiband fehlte. Er nahm die Unterlagen und stopfte sie in seine Tasche.
Henriette Nielsen sah zu ihm auf, setzte ihr Telefonat aber unbeirrt fort:
»Wir brauchen das Ganze in Übersetzung, und zwar sofort … Dann musst du eben ein paar Telefonate führen und die Leute herbeizitieren … Gut. Wir hören voneinander.«
Sie beendete das Gespräch und sah ihn an. Dann erhob sie sich, sodass sie einander gegenüberstanden, dazwischen der Schreibtisch.
Ihr Lächeln reichte bis in die Augen.
»Danke für die Anrufe. Wir hatten gestern viel zu tun. Ich dachte, wir sollten uns treffen und Informationen austauschen. Ich bin gespannt zu hören, was Sie bei Davidis Exfrau herausbekommen haben.«
»Dann hat die Zusammenarbeit also begonnen?«, fragte Axel ironisch.
»Ja, das hat sie.«
»Nachdem Sie es für notwendig erachtet haben, die Akten durchzugehen, die auf meinem Tisch liegen.«
Ihr Blick gefror zu Eis.
»Ich habe ihre Akten nicht angerührt. Das würde mir niemals einfallen.«
Er sah ihr in die Augen. Sie war auf Distanz.
»Glauben Sie nicht, ich sei von gestern.«
»Ich habe ihre Akten nicht angerührt.«
Er sah sie lange an.
»Aber Sie haben jedenfalls die Akte angerührt, die ich suche, nicht wahr? Denn die ist verschwunden, schon seit Längerem ausgeliehen an H. Nielsen. Und das sind Sie. In meinen Ohren klingt das so, als wüsstet ihr noch so einiges über mein Opfer, und ich will jetzt wissen, worauf das alles hier hinausläuft.«
»Von mir aus gerne. Ich schlage eine Besprechung mit allen Beteiligten in meinem Büro vor, dann können wir unser Wissen teilen.«
Axel nahm seine Jacke.
Er hatte ihr nicht angeboten, sie mitzunehmen, oder sie gebeten einzusteigen, dennoch saß sie neben ihm auf dem Beifahrersitz.
»Ich habe viel von Ihnen gehört«, begann sie.
»Und? War etwas dabei, wozu ich mich äußern sollte?«
»Nein, aber einen Teil dessen haben Sie schon bestätigt.«
»Und welchen?«
Sie sah stur geradeaus.
»Dass Sie ein arroganter, schlecht gelaunter Scheißkerl sind«, sagte sie.
Er konnte ein kurzes Lächeln nicht unterdrücken.
»Eins zu null. Hingegen habe ich über Sie noch gar nichts gehört, aber vielleicht können wir ja damit anfangen, dass Sie mir erklären, was Sie eigentlich genau machen.«
»Da ist nichts Mystisches dran. Im Mobilen Sonderdezernat war ich in der
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