Kommissar Steen 01 - Unruhe
Kilo hat auf der Straße einen Wert von einer halben bis eineinhalb Millionen Kronen, je nach Konzentration. Sie können sich also ausrechnen, was für Summen da im Spiel sind.«
»Aber wie passt Enver Davidi ins Bild?«
»Er wurde wegen Drogenschmuggels verurteilt, er kannte viele der Drahtzieher, weil sein Bruder ein großer Gangsterboss war, und er kam über dieselbe Route wie der Stoff. Macht ihn das nicht interessant?«
»Nicht für mich. Sie haben mir nicht erklärt, was das mit dem Mord an ihm zu tun hat. Wo ist die Verbindung zwischen Davidi und den Gangstern?«
»Sie erfahren mehr, sobald wir da sind.«
»Soll das also heißen, Sie gehen davon aus, dass das Motiv für den Mord im Drogenmilieu zu finden ist?«
»Das kann sicherlich nicht ausgeschlossen werden.«
Er schwieg eine Weile.
»Kann denn ausgeschlossen werden, dass ihr Mist gebaut habt?«
»Was meinen Sie damit?«
»Ich meine dieses ganze Schauspiel hier. Habt ihr nicht versucht, Davidi anzuheuern und ihn zu benutzen, um an die Hintermänner heranzukommen, und jetzt ist er tot, und ihr macht euch vor Angst in die Hose, dass euer Kontakt zu ihm aufgeflogen ist und das der Grund dafür sein könnte? Und dass die ganze Geschichte ans Tageslicht kommt? Klebt ihr deshalb an mir wie die Fliegen an der feuchten Scheiße? Ihr wollt sichergehen, dass niemand etwas davon erfährt, oder?«
Sie ging nicht darauf ein, bestritt es aber immerhin auch nicht. Stattdessen fuhr sie sich mit der Hand durch die Haare und seufzte. Nichts von dem, was er gesagt hatte, schien einen ernsthaften Eindruck auf sie zu machen. Vielleicht war sie einfach doch viel cooler, als ihr entgegenkommendes Getue es auf den ersten Blick signalisierte.
Ihre Stimme klang müde.
»Ich habe keine Lust, mich mit Ihnen zu streiten. Sie werden bald mehr wissen. Und wenn Sie glauben, mir macht es Spaß, hier zu sitzen und mich von Ihnen anfahren zu lassen, dann liegen Sie falsch. Ich freue mich genauso wie Sie auf den Augenblick, in dem diese Zusammenarbeit beendet ist.«
»Was können Sie eigentlich?«
»Was soll das jetzt heißen?«
»Sie müssen irgendetwas Besonderes können, sonst wären Sie nicht bei der Drogenfahndung, wo die großen Jungs dunkle Brillen und falsche Bärte tragen. Es gibt nicht viele Frauen beim PET .«
»Das hat nicht das Geringste damit zu tun, Sie Chauvinist. Ich kann ermitteln. Nach einem halben Jahr beim FBI in Quantico und jeder Menge Fortbildungskurse in Bramhill und sonst wo spüre ich jeden im Netz auf – auch wenn er glaubt, er hätte alle Spuren verwischt und sich unsichtbar gemacht.«
»Dann steht der Aufklärung des Falls ja nichts mehr im Wege. Wollen wir uns darauf konzentrieren, anstatt weiter persönliche Nettigkeiten auszutauschen?«
Henriette Nielsen setzte sich die Sonnenbrille auf.
»Sie haben gefragt, nicht ich.«
Sie waren einer funktionierenden Partnerschaft keinen Schritt näher gekommen.
27
»Wer ist bei der Besprechung dabei?«, fragte Axel, als sie auf den Parkplatz vor dem Hauptquartier des PET in Søborg einbogen.
»Außer Darling, Ihnen, mir und Kettler noch mein Chef, er ist Jurist. Vielleicht kennen Sie ihn? Jens Jessen?«
War da ein provokanter Unterton in ihrer Stimme? Oder war Axel einfach nur paranoid? Das war er ganz sicher, aber die Aussicht auf eine Besprechung mit Jens Jessen verursachte einen akuten Schmerz in seiner linken Brusthälfte, der auf den Arm bis in die Hand ausstrahlte. Ein eindeutiges Symptom dafür, dass ein Thrombus Form annahm, wie er aufgrund seiner Studien von einschlägigen Internetseiten wusste. Was, wenn er da oben einen Infarkt bekam? Vor den Augen dieses Idioten? Erschluckte ein paar Mal, lehnte den Kopf zurück und presste die Hände so heftig auf die Oberschenkel, dass der Sitz knirschte und die Kopfstütze ein klagendes Knacken von sich gab.
»Geht es Ihnen nicht gut?«
Axel atmete tief ein und langsam wieder aus.
»Doch, alles in Ordnung. Warum muss ein Jurist dabei sein?«
»Es ist immer ein Jurist dabei, wenn es um Angelegenheiten geht, bei denen verschiedene Interessen im Spiel sind und Zweifel auftauchen können, wer was darf und wer was nicht darf.«
Es kam aus dem Bauch und überrollte ihn einfach.
»Aber darum geht es hier doch gar nicht! Wir müssen ein Verbrechen aufklären, und zwar gemeinsam, und nicht Blinde-Kuh um Informationen spielen. Verdammte Scheiße, das ist doch absurd!«
Das Letzte schrie Axel heraus, als er aus dem Wagen stieg und die Tür hinter
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