Kommissar Steen 01 - Unruhe
kommen?«
»Das ist etwas schwierig für mich. Mein Sohn mag Polizeiwachen und Gefängnisse nicht besonders. Er hat David ja im Vestre und im Vridløse ein paar Jahre lang besucht. Wenn es jetzt sein soll, dann musst du schon hierherkommen.«
»Kein Problem, aber ich glaube, es ist keine gute Idee, wenn er bei unserem Gespräch dabei ist.«
»Das geht schon. Er kann sich gut alleine beschäftigen.«
Er verabschiedete sich und schaltete den PC ein. Frank Jensen hatte ihm aus Skopje ein Resümee der Informationen über Davidi zukommen lassen, das meiste drehte sich um die Drogensache und seine Ausweisung, aber es war nichts Neuesdabei. Ein Dokument über den Mord an Stanca Gutu war angehängt, außerdem zwei Fotos der jungen moldawischen Frau. Eins zeigte sie vor ihrem Tod, das andere danach. Im Moment konnte er nicht erkennen, was er damit anfangen sollte, aber vielleicht würde es irgendwann noch nützlich sein.
Er versuchte, Frank Jensen telefonisch zu erreichen. Niemand meldete sich, aber Axel hinterließ eine längere Nachricht, in der er sich für das zugesandte Material bedankte und fragte, ob Frank Jensen im Zusammenhang mit Enver Davidi Kontakt zum PET gehabt habe. Hing es so zusammen, wie er glaubte, dann hatte Frank etwas für ihn.
Anschließend rief er Dorte Neergaard an.
Sie hatte nicht auf der faulen Haut gelegen.
»Ich habe gerade keine Zeit. In zwei Minuten habe ich ein Interview mit deinem Chef und den beiden Polizisten. Breaking News bei uns. Aber du schuldest mir immer noch was.«
Zwanzig Minuten später fuhr Axel im Rentemestervej vor – erleichtert, der PET -Festung in Søborg ohne größere Schrammen entronnen zu sein.
Laila Hansen öffnete die Tür, noch bevor er geklingelt hatte. Sie sah anders aus, ein rotes Kleid mit winzig kleinen weißen Polkapunkten und eine schwarze Baumwollstrumpfhose. Sie trug kein Make-up, aber ihr Gesicht wirkte aufgeräumter und fokussierter als bei der letzten Begegnung. Ihre kurzen roten Haare standen ab, sodass Axel Lust bekam, seine Hand hindurchgleiten zu lassen.
»Komm rein«, sagte sie. »Louie ist oben in seiner Playstation abgetaucht.«
Sie setzten sich aufs Sofa, sie hatte Kaffee gekocht. Er konnte spüren, dass sie vorbereitet war, aber worauf? Was würde sie ihm diesmal erzählen? Welche Version der Wirklichkeit hatte sie für ihn vorbereitet?
»Ich weiß nicht, warum ich versucht habe, es zu verheimlichen. Es kann ja jetzt ganz egal sein, er ist tot. Er war ein paar Mal hier, seit er ausgewiesen wurde.«
»Wann war er zuletzt hier?«
Er sah sie plötzlich als eine Person in dem Puzzle, das er zusammensetzen musste, und er registrierte die Details ihres Zuhauses: Die gerahmten japanischen Schriftzeichen, die Jogabücher in dem Regalsystem, drei Orchideen auf der Fensterbank, ein Bonsaibaum, kein Fernseher, eine Bananenpalme, das Plakat einer Egon-Schiele-Ausstellung im Louisiana, eine kleine schwarze Kompaktanlage und das wollweiße Ikea-Sofa, auf dem er saß.
»Er war letzten Mittwoch hier und wartete auf mich, als ich von der Arbeit kam. Er sah anders aus, als glaubte er wirklich, er würde noch eine Chance bekommen.«
»Was meinst du damit?«
»Er sagte, es seien große Dinge im Gang. Und dass in Zukunft einiges anders werden würde, aber ich habe ihm nicht geglaubt.«
Sie stand auf und ging in die Küche, um Milch zu holen.
»Meinte er, noch eine Chance bei dir?«
»Vielleicht. Als er das sagte, dachte ich, er meinte mich, aber vielleicht meinte er, noch eine Chance in Dänemark zu bekommen, aber das ging ja gar nicht. Ich lachte und schüttelte den Kopf, und da wurde er wütend und sagte, er würde wiederkommen und mir alles erklären, und er würde es Louie erklären, aber das wollte ich nicht.«
»Hat er Louie gesehen?«
»Nein, der war im Freizeitzentrum.«
»Aber sonst hat er Louie gesehen, wenn er hier war?«
»Anfangs ja, aber Louie konnte überhaupt nicht damit umgehen, also habe ich es verboten, aber ich hatte das Gefühl, dass er ihn trotzdem gesehen hat, also von Weitem. Dass er vor der Schule gestanden und gewartet hat, bis Louie kam. Nur um ihn zu sehen. Oder drüben im Fußballverein.«
»Warum?«
»Weil Louie gesagt hat, dass ein Mann vor der Schule stand, der wie sein Vater ausgesehen hat. Als ich das nächste Mal vonihm hörte, habe ich ihn gebeten, damit aufzuhören. Oder wenigstens dafür zu sorgen, dass Louie ihn nicht sieht.« Sie war mit den Gedanken weit weg. »Er war ein guter Vater. Oder er wäre
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