Kommissar Steen 01 - Unruhe
Ballons an der Decke, neuen roten Gardinen und einer Wiege. Als ich nach Hause kam, war alles verwüstet. Die Blumen waren von den Wänden gerissen, die Tapete war zerkratzt, alles war zerschlagen und kaputtgerissen, auf dem Boden lagen überall Windeln und eine zersplitterte Flasche Babyöl. Ich war schockiert, aber ich hatte mein Kind bei mir, und deshalb dachte ich nur daran, dass es Louie gut ging.«
Die ersten Tage durfte sie Enver Davidi nicht besuchen, weil er aus ›ermittlungstaktischen Gründen‹ in Isolationshaft saß. Niemand sagte ihr etwas über die Einzelheiten oder darüber, wie es weitergehen würde. Axel verstand sehr gut, warum. Siewar die Frau der Drecksau, die mit Drogen dealte! Zeigten sie sich ihr gegenüber fürsorglich und brachten Verständnis auf, dann würde jeder Angehörige eines Kriminellen bald seinen eigenen Sozialarbeiter haben, der ihm rund um die Uhr und sieben Tage in der Woche den Arsch abwischte.
»Ich erinnere mich, dass sich das Wetter änderte. Plötzlich wurde es richtig Sommer, und alles in unserem Garten wurde grün und blühte. In dem Jahr davor hatten wir immer auf ein paar kleinen Stühlen draußen gesessen und Zigaretten geraucht und Kaffee getrunken, und ich dachte daran, wie schade es war, dass er nicht hier war, denn jetzt war unsere Zeit endlich gekommen. Der Sommer war da, aber David war weg.«
Sie kratzte sich an der Stirn und schob eine Locke, die es nicht gab, zur Seite.
»Nach einer Weile erhielt ich die Erlaubnis, ihn im Gefängnis zu besuchen. David weinte. Er habe Angst, sagte er. Angst davor, dass er nie wieder rauskäme. Angst, was aus mir und Louie werden sollte. Damals glaubte ich, alles würde wieder gut werden, dass wir unser altes Leben wiederbekommen würden, dass ich einen Mann und mein Sohn einen Vater haben würde, der sich um ihn kümmern könnte, aber es sollte nicht sein.«
»Was war mit Salki? Hat er sich nie bei dir gemeldet?«
»Doch, er kam eines Tages und sagte, sein kleiner Bruder hätte eine Dummheit begangen, die ihn teuer zu stehen kommen würde. Ihn?, fragte ich. Was ist mit uns? Was ist mit seinem Sohn? Salki sagte, wir sollten unsere Freiheit genießen. Es gebe andere, denen es schlechter ginge. Bis David frei käme, wolle er uns helfen, so gut er könne. Ich hatte mir inzwischen ausgerechnet, dass Salki etwas mit der Sache zu tun haben musste, also fragte ich ihn, was er wisse. Er gab mir ein Zeichen, dass wir sicher abgehört würden, und sagte, er habe keine Ahnung von Davids Drogenschmuggel gehabt. Er gab mir einen Umschlag mit zehntausend Kronen und hielt sich dabei den Zeigefinger vor den Mund. Ich will dein dreckiges Drogengeld nicht, sagte ich. Ich komme schon alleine klar. Verschwinde aus meinem Haus! Das war das Letzte, was ich von ihm gehört habe.«
»Hast du ihn seitdem noch mal gesehen?«
»Nein, nie wieder.«
»Ich weiß, dass ihr geschieden wurdet. Warum?«
»Keiner von uns glaubte, dass David ausgewiesen würde. Sogar der Anwalt sagte, dass sie das nicht tun würden, wenn es ein Kind in Dänemark und eine dänische Frau gäbe. Aber es kam anders.« Sie sah wütend aus. »Ja, du musst schon entschuldigen, aber ich komme mir immer noch ziemlich angepisst vor, dass mein Sohn den Preis für das alles bezahlen musste. David bekam acht Jahre und wurde nach vier Jahren dauerhaft ausgewiesen, wie das so schön heißt. Wir besuchten ihn im Gefängnis, aber ich sah keinen Sinn mehr darin. Warum sollten wir noch verheiratet sein? Wir würden ja doch nie wieder zusammenleben.«
»Aber du hättest doch mit ihm nach Makedonien gehen können.«
Sie sah aus, als wolle sie ihm eine Ohrfeige versetzen.
»Hast du Kinder? Vielleicht solltest du dann mal überlegen, was du da redest. Es ist ja in Ordnung, wenn du nicht allzu viel über Makedonien weißt, aber du kannst dir vielleicht ein bisschen was denken. Arbeitslosigkeit, keine Schulbildung, keine Möglichkeiten. David war Albaner, das ist da unten die Minderheit, Geld ist nur mit Drogen, Prostitution und Waffen zu verdienen. Sollte Louie etwa da aufwachsen?«
Vielleicht nicht, aber alle Kinder und Väter haben einen Anspruch darauf, sich zu sehen, dachte Axel. Er betrachtete seine Hände, kratzte an einem Nagel herum und setzte sich dann auf dem Sofa zurecht.
»Das weiß ich nicht, aber ein Kind braucht einen Vater.«
»Und deshalb sollte ich mit ihm nach Makedonien gehen? Nach allem, was David uns angetan hat? Besser wäre er mir hundertmal untreu gewesen. Er
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