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Kommissar Stefan Meissner 01 - Eine schoene Leich

Kommissar Stefan Meissner 01 - Eine schoene Leich

Titel: Kommissar Stefan Meissner 01 - Eine schoene Leich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Graf-Riemann
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fragte Marlu.
    »Viktor Grünberg ist kurzfristig verschwunden oder zumindest unerreichbar.«
    »Und was hat das zu bedeuten?«
    »Keine Ahnung«, sagte Meißner. »Aber hoffentlich klärt sich das bald auf.« Ein verschwundener Tatverdächtiger würde die Sache auch nicht einfacher machen. »Beschäftigen wir uns also weiter mit dem Spieler. Allmählich gehen mir diese Künstler wirklich an die Nieren.«
    Der Hauptkommissar nahm die gelben Kuverts aus dem Karton und legte sie vor Marlu auf den Tisch.
    »Lies!«, forderte er sie auf.
    Marieluise sortierte die Briefe chronologisch und begann zu lesen.
    Meißner ging währenddessen durchs Zimmer und blieb vor dem Bücherregal stehen. Sein Blick war an Dostojewski hängen geblieben: »Schuld und Sühne«. Und daneben: »Der Spieler«! Er nahm den schmalen Band heraus und schlug ihn an einer zufälligen Stelle auf. Als er zu lesen begann, spürte er sofort den Sog der Geschichte:
    »Ich war wie im Fieber und schob diesen ganzen Haufen Geld auf Rot – und nun kam ich plötzlich zur Besinnung! Nur dieses einzige Mal im Laufe des ganzen Abends, während meines ganzen Spiels, geschah es, dass mir vor Angst ein kalter Schauder über den Rücken lief und mir die Arme und Beine zitterten. Mit Schrecken erkannte und fühlte ich für einen Moment, was es für mich bedeutete, wenn ich jetzt verlor! Mit diesem Einsatz stand mein ganzes Leben auf dem Spiel!
    ›Rouge!‹, rief der Croupier – und ich atmete tief auf; ein feuriges Kribbeln ging über meinen ganzen Leib. Die Auszahlung an mich erfolgte in Banknoten; im Ganzen hatte ich also jetzt viertausend Gulden und achtzig Friedrichsdor. Ich war zu diesem Zeitpunkt noch imstande, die einzelnen Rechenexempel auszuführen.
    Ich erinnere mich, dass ich dann zweitausend Gulden auf die zwölf mittleren Zahlen setzte und sie verlor; ich setzte mein ganzes Gold, die achtzig Friedrichsdor, und verlor es. Da packte mich die Wut: ich nahm die letzten mir verbliebenen zweitausend Gulden und setzte sie auf die zwölf ersten Zahlen – gedankenlos, aufs Geratewohl, wie es sich gerade traf, ohne jede Berechnung! Aber es trat doch für mich ein Augenblick der Erwartung ein, in welchem meine Empfindung eine gewisse Ähnlichkeit gehabt haben mag mit der Empfindung der Madame Blanchard, als sie in Paris vom Luftballon herabfiel und auf die Erde zustürzte.
    ›Quatre!‹, rief der Croupier.«
    »Er kennt sie also, aber sie kennt ihn nicht«, sagte Marlu. »Hallo?«, fragte sie, als sie keine Antwort bekam. »Spannend?«, riss sie Meißner von seinem Spieltisch im Kasino weg.
    Er nickte.
    »Würdest du dich auf so ein Spiel mit einem Unbekannten einlassen?«, fragte er sie.
    »Neugierig wäre ich schon. Aber ein bisschen unheimlich wäre mir das Ganze auch.«
    »Das ist wohl der Grund, warum sie darauf eingegangen ist. Spannung, ein gewisser Reiz, das Ungewisse, ein Hauch von Gefahr. Ein bisschen Rätsel, etwas Märchen und Romantik, oder?«
    »So wie du das sagst, hört sich das eher an wie die Werbung für den nächsten Harry-Potter-Band.«
    »Immerhin hat sie sich auf dieses Spiel eingelassen. Vom ersten Brief an, der am 29. Juli abgeschickt wurde, bis zum vorletzten, dem aus der letzten Augustwoche.«
    »In diesem Brief schreibt er ihr, sie solle ein mitgeschicktes Rätsel lösen. Am Morgen des 31. August, also am Montag, dem Tag vor ihrem Tod, soll sie an den südlichen Stadtrand fahren und in einem Blumenfeld an der Landstraße Richtung Manching für ihn tanzen. Er würde sie dabei filmen. Die Aufnahme, so schreibt er, spiele für alles Weitere eine wichtige Rolle. Am Ende solle sie das Blatt mit ihrer Lösung in die Kasse neben dem Feld werfen. Anscheinend kann man die Blumen selber pflücken. Sonnenblumen oder so.«
    »Gladiolen«, sagte Meißner.
    »Was?«
    »Und Gladiolen.«
    »Für den darauffolgenden Dienstag – den Tag, an dem sie starb – hat er ihr eine weitere Aufgabe gestellt.«
    Marieluise las aus dem Brief vor: »Du kaufst dir eine rote Krawatte, gehst damit zu drei verschiedenen Personen und bittest sie, dir beim Binden zu helfen. Die Gespräche, die du dabei führst, nimmst du mit deinem Diktiergerät auf – so etwas hat doch jede gute Journalistin. Um fünfzehn Uhr wirfst du die Kassette mit deinen Aufnahmen in einen blauen Fiat Punto, der dann mit geöffnetem Seitenfenster vor deinem Haus parken wird. Um siebzehn Uhr gehst du über die Fußgängerbrücke in den Klenzepark. Trage Schwarz oder Weiß, wie es deiner aktuellen

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