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Kommt ein Mann ins Zimmer (German Edition)

Kommt ein Mann ins Zimmer (German Edition)

Titel: Kommt ein Mann ins Zimmer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Krauss
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Filmstar.»
    «Sie meinen Lana Turner.»
    «Oh.» Sie schlug die Beine übereinander, und er blickte auf, im Zweifel darüber, ob sie gemerkt hatte, wie lange seine Augen schon an ihnen hingen. «Sie haben mich also Professor Greene genannt?»
    «Nein, ich nannte Sie Samson.»
    «Aber als Sie eben klopften, haben Sie Professor …»
    «Ich wollte höflich sein.»
    Er sah sie an, dieses unter Strom stehende Mädchen, und fragte sich, an was genau er sich im Zusammenhang mit ihr hätte erinnern sollen.
    Bei ihrer lebhaften Art zu reden fühlte er sich wohl. Sie ließ ihn nicht schmoren, nicht um die richtigen Fragen ringen, sondern erzählte einfach drauflos, von ihren Sommerferien, wie wenig sie davon gehabt hatte, weil sie haufenweise Seminare machen musste, um sich das nächste Semester für die UCLA-Filmschule freizuhalten und trotzdem ihren Abschluss fristgerecht zu schaffen. Wie man ihr in einem Literaturseminar schon wieder den «Schwimmer» aufgebrummt hatte – als er sie verständnislos ansah, erklärte sie ihm, das sei eine Geschichte, die er selbst durchgenommen habe – und sie neulich abends zusammengerollt im Bett, dem einzigen Ort, an dem sie überhaupt etwas lesen konnte, auf der letzten Seite angekommen und in Tränen ausgebrochen war. Sie erzählte ihm, wie viel sie geweint hatte, seit sie vor zwei Jahren von Cleveland, Ohio, nach New York gekommen war. Die ganze erste Woche nichts als Tränen, während die Münztelefone an der Straße ihre Quarters geschluckt und sie mit dem schalen, sinnlosen Tuten des Amtszeichens im Ohr zurückgelassen hatten, einem Ton, von dem sie glaubte, er komme – entsprechend ihrer selbstgestrickten Theorie über die Ausmaße von New York – aus anderen Teilen der Stadt, von den Elektrokardiogrammen toter Menschen. Sie hatte geweint, als sie im Untergrund die ausgemergelten Gitarrenspieler sah, die für einen Hut voll Kleingeld und ein paar Dollarscheine zugleich mit den Füßen Schlagzeug spielten. Und sie hatte geweint, als ihr der Columbia-Ausweis mit ihrem Foto ausgehändigt wurde, dem Foto eines Mädchens mit verweinten Augen, weil es kein Zurück mehr in die Vororte von Cleveland gab, nicht in der gleichen Weise.
    Während sie redete, versuchte er verzweifelt, sich das alles vorzustellen. Etwas an ihr zog ihn an, und er wollte in der Lage sein, sich ein Bild von dem kurzen Ausschnitt ihrer Teenagergeschichte zu machen, ihn wie durch eine Teleskoplinse zu verfolgen.
    Sie erzählte ihm, wie sie beschlossen hatte, ihr hüftlanges blondes Haar abschneiden zu lassen, wie sie dem Frisör etwas draufzahlen musste, damit er es tat, weil er meinte, es sei ein Verbrechen, es abzuschneiden, andere würden sich umbringen für solches Haar, und wie er danach auf alle viere ging, um es aufzusammeln, weil ihm eingefallen war, dass er es vielleicht für eine Perücke würde verkaufen können. Sie hatte das Geld auf der Ladentheke hinterlassen und sich davongemacht, während er noch auf dem Boden kroch. Die ganze Amsterdam Avenue entlang hatte sie versucht, sich nicht dauernd ins Haar zu fassen, weil es sie jedes Mal aus der Fassung brachte, wenn sie mit den Fingern hindurchfuhr, etwa so wie wenn man glaubt, es komme noch eine Stufe, wo keine mehr ist, und hart auf dem Boden landet. Am nächsten Tag hatte sie bei Rite Aid irgendein Zeug gekauft, mit dem sie es schwarz färbte. Eine Zeit lang fühlte sie sich besser mit dem neuen Haarschnitt, fühlte sich, als wäre es nicht sie, Lana Porter, die alles verlassen hatte, ihren Highschool-Freund, der ein Jahr aussetzen wollte, um seine Band aus dem Keller zu holen und sie vielleicht in Japan groß herauszubringen, ihr Zimmer mit dem Plüschteppich, all ihre begehrten Freundinnen, die nie so raffiniert gewesen waren wie sie selbst. Mit dem neuen Haarschnitt sahen die Menschen sie anders an, was sie beglückte, weil sie nicht mehr derselbe Mensch sein konnte, der sie die ganze Zeit gewesen war; sie musste etwas aufgeben, um Platz für das alles zu schaffen, für die blöde, berauschende Stadt. Danach hatte sie aufgehört zu weinen, und jetzt weinte sie nur noch ab und zu, wenn sie es am wenigsten erwartete oder am Ende von Büchern, die sie besonders mochte.
    Sie schien keine Luft zu holen, wenn sie sprach, sodass die Worte in atemloser Unordnung heraussprudelten, und Samson saß abwartend da, gespannt, mehr zu hören. Aber dann warf sie einen Blick auf ihre Uhr und sagte, sie müsse gehen, sie habe noch in der Bibliothek zu

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