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Kommt Schnee

Kommt Schnee

Titel: Kommt Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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Eigenmächtiges Vorgehen Baumers. Behinderung von Rötheli durch Heinzmann. Diese Beschuldigungen warf er wie Blendgrananten in den Raum, um seine ganze Mannschaft vor ihm erstarren zu lassen. Er langweilte sich aber bald selbst an seinem eigenen Gequatsche. Insgesamt waren das ja auch nur Details. Die Geschichte sei gut vonstatten gegangen, meinte Windler. Ein zufällig Anwesender habe leider Pech gehabt. Windler senkte nicht einmal die Stimme, als er dies sagte, und er erwähnte auch nicht den Namen des Opfers. Die Situation sei bereinigt, so Windler weiter. Kein weiterer Schaden sei entstanden. Keine Zeitung werfe der Polizei irgendeine Nachlässigkeit vor. Hier konnte sich Windler ein Lächeln nicht verkneifen. Wäre es nicht vollends unpassend gewesen, er hätte sich gleich selbst auf die Schulter geklopft. Amokläufe könne es halt immer geben, da könne man nix machen. Das fügte der Chef der Kriminalpolizei mit einem absolut gleichgültigen Schulterzucken hinzu, als ob er eben vernommen hätte, dass irgendwo hinten links in China ein paar Bauern mit einer rostigen Fähre abgesoffen seien.
    Dann wurden die restlichen Aufgaben verteilt. Rötheli wurde abkommandiert, um den Pressekoordinator der Polizei bei der Informierung der Journalisten von der Sonntagspresse zu unterstützen. Bis zum Wochenende wäre der Amoklauf für die Revolverblätter bereits uninteressant geworden, doch die Sonntagspresse würde weitergehend berichten. Polizeikritisch die linke Sonntagszeitung. Gesellschaftskritisch die Neue Zürcher Zeitung am Sonntag.
    »Rötheli«, tönte Windler, »Sie stehen hin und sagen, dass das Dispositiv funktioniert hat. Es war ein Einzelfall. Alles im Griff. Basel ist für alle sicher.« Mit »alle« meinte Windler natürlich die Besucher und internationalen Aussteller der großen Frühjahrsmessen in Basel, der Uhren- und Schmuckmesse und der Art, der größten Kunstmesse der Welt. Diese Veranstaltungen spülten Basel einige saftige Millionen in die Kasse. Nur Rötheli war so beknackt und fragte trotzdem:»Und wenn sie wegen der Sicherheit für die Geschäftsleute während den Messen fragen?«
    »Huere Mist!«, platzte es aus Windler hervor, der von Null auf Hundert beschleunigt hatte, ebenso wie der umgebaute Starfighter ohne Flügel auf dem großen Salzsee in Utah mit vollem Rohr beschleunigt. Windlers Gesicht lief rot an, und er bleckte wie ein Dobermann. »Verdammt, Rötheli«, bellte er. »Sagen Sie diesen Geiern, dass wir alles im Griff haben. Besonders während der Messe. Deshalb schicke ich Sie ja zu diesen Wichsern. Huere Mist.« Windler schlug einen Stapel Zeitungen auf den Tisch. Dann hatte er sich wieder einigermaßen im Griff. Die Backenmuskeln, die zuvor sein spitz zulaufendes Gesicht in die Breite gerissen hatten, erschlafften. Er ruderte mit ausgestreckten Armen neben seinem Brustkorb. »Muss ich denn alles wiederholen? Erzählen Sie etwas vom erprobten Dispositiv, das alle Eventualitäten abdeckt. Wir haben alles im Griff, das müssen Sie immer wieder beteuern, das wollen die doch hören. Während der Messe werden die Kontrollen natürlich intensiviert. Aber das wird gar nicht nötig sein, die Sicherheit ist auch so gewährleistet. Wir werden selbstverständlich überhaupt kein Risiko eingehen.« Er stemmte seine Fäuste in die Seiten »Irgend so einen Scheiß sollen Sie denen erzählen, Rötheli. Verdammt noch mal.«
    »Und wenn sie fragen, wie viel Mann Verstärkung wir tatsächlich aufbieten?«, insistierte Rötheli wie ein Kind, das fragt, ob dem Christkind nicht kalt an den nackten Füßen werde, wenn es den Wunschzettel abhole, den es draußen auf dem schneebedeckten Balkon deponiert hatte.
    »Dann sagen Sie, dass das Dispositiv selbstverständlich geheim sei, um den Einsatz nicht zu kompromittieren. Huere Mist!«
    Mit diesem letzten Fluch beendete Windler die Tirade. Er hatte sich bereits zu erschöpft, um noch mal aufzukochen und wollte den Rapport jetzt rasch durchbringen. Der Starfighter ohne Flügel hatte sein Kerosin verdampft. Der Motor stoppte abrupt. Das schnellste Auto der Welt lief rasch aus.
    Dann wurden die weiteren Aufgaben verteilt. Routinezeugs. Eine Abklärung, wo Toni sein Samuraischwert herbekommen habe. Ob alles legal zugegangen sei. Solche Sachen. Sonst gab es fast nichts zu tun. Die Sache war gegessen. Ende der Durchsage.

    Danke.

    Adieu.

    Baumer hob die Hand.
    Windler bemerkte es aus dem Augenwinkel heraus, während er seine Akten büschelte und wegräumte.

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