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Kommt Schnee

Kommt Schnee

Titel: Kommt Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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endlich die Scheiß Swiss an der Angel. Da mussten wir perfekt sein.«
    Die Frau hatte Mitleid mit ihrem Partner, Geliebten, Chef, Bruder oder was auch immer er war, und fuhr fort. »Wir beide nehmen nichts. Wir sind die Racker. Wir müssen schaffen und funktionieren. Stamm hielt sich dagegen immer für den coolsten Kreativen. Das war er aber nur, wenn er schnupfte.« Ein zynisches Lächeln kam auf ihr Gesicht. Sie erinnerte noch mehr an einen Amerikaner.
    Baumer fragte Wild, ob der große Stamm schon länger Drogen nahm.
    »Ja. Aber immer nur kurz vor den Pitchs. Weil er sich nur selten Stoff reinpfiff, war es ihm nicht anzumerken. Unsere Agentur läuft nicht schlecht, und Stamm konnte sich guten Stoff kaufen, wenn er den Rappel hatte. Als er dann gestern umkippte, bekamen wir Panik.«
    Wild setzte sich auf einen nahen Stuhl an einen Arbeitstisch. Seine Kollegin stand zu ihm, legte ihm die Hand auf die Schulter. Dann erzählte Mattias Wild den Rest der Geschichte. Wie sie zu Tode erschraken, als Stamm einfach leblos in sich zusammensackte. Kein Delirium, kein Schaum vor dem Mund. Nichts Derartiges. Nur kurz schnupfen, dann plumps und tot. Wie sie höllische Angst bekamen, dass man ihn hier im Büro finden könnte. Ein unerwartet verstorbener Mitbesitzer hätte die Firma nicht umgebracht. Vielleicht hätte man sogar Mitleid mit den armen Hinterbliebenen gehabt, die die Firma weiter reißen müssten. Aber ein Drogentoter hier bei ihnen zwischen Designerlampe und Le Corbusier? Das wäre an der gesamten Firma haften geblieben, wie ein indischer Bettler an einem Touristen in Bangalore kleben bleibt, der ihn dummerweise ein einziges Mal milde angelächelt hatte.
    »Dann haben wir ihn halt in den Fahrradanhänger gepackt und sind losgefahren. Wir wollten nichts vertuschen. Nur finden sollte man ihn nicht bei uns.«
    »Wir sind aber nicht weit gekommen«, berichtete die als Mann verkleidete Frau weiter, die, wenn es ums Geschäft ging, offenbar ebenso harte Gefühle entwickeln konnte, wie die übrig gebliebene Hälfte vom Grafikatelier WildStamm.
    Baumer stand auf. Er hatte genug gehört und konnte sich den Rest denken. Wie die beiden den Toten aus dem Wägelchen geworfen, ihn in die Rabatte geschleift und sich abgemüht hatten, ihn ins Gebüsch zu zerren. Wie sie sicherlich davon überrascht gewesen waren, wie schnell ein Toter sperrig werden kann. Wie sie entweder durch a) einen Jogger, b) einen Spaziergänger, c) einen Fahrradfahrer, oder d) irgendetwas von der Art bei ihrer improvisierten Abdankungsfeier für Stamm überrascht worden waren. Wie sie noch vor Ende der Kollekte abgehauen waren. Baumer unterbrach deshalb den Sermon der zwei Arbeitsbienen, die so wenig kreativ bei ihrer improvisierten Bestattung vorgegangen waren. Er sagte: »Sie werden das alles zu Protokoll geben müssen, deshalb ...« Er wurde von der schrillen Stimme der erbleichten Frau unterbrochen.
    »Aber Sie sagten doch, dass Sie uns nichts Böses wollen.«
    »Das sagte ich.«
    »Warum müssen wir das dann zu Protokoll geben.«
    »Weil Sie Gesetze gebrochen haben.«
    Jetzt heulte die Frau, wie der Wind heult, wenn er durch die Ritzen von Schloss Angenstein drückt, dort am Eingang zum Laufental im Süden von Basel, wenn im Herbst die Nächte kälter werden und am Morgen zäher Nebel von der Birs her aufsteigt.
    Wild bleckte die Zähne, seine Kiefer mahlten hin und her. Mit seinen Händen erwürgte er den Kugelschreiber.

    *
    Baumer und Heinzmann saßen im Streifenwagen. Heinzmann hatte zuvor kurz die Routine erledigt. Er hatte Notizen gemacht und die Personalien festgehalten. Wild Mattias. Geboren 28.4.1974, wohnhaft an der Klybeckstraße. Handynummer 078 441 und so weiter. Die gleiche Prozedur für die Frau, die weder Schwester noch Gemahlin von Wild war. Seine Geliebte schon. Das hatte man daran gemerkt, wie sich die beiden verzweifelt angesehen hatten, als ihnen bewusst wurde, dass sie nicht nur im Geschäft und in der Liebe, sondern auch im Verbrechen gemeinsam haftbar waren. Nach kurzer Erklärung Heinzmanns, wie das Prozedere weiterlaufen würde – Vorladung. Einvernahme. Anklage –, hatten die beiden Polizisten die zwei Gestalter in ihrem Elend zurückgelassen und waren gegangen.
    »Mann, Mann, Baumi. Du bist eine Kanone«, lobte Heinzmann seinen Freund, als er sich zu Baumer hinüberlehnte.
    Der Kommissar sagte nichts.
    »Platzt einfach heraus: Starb er hier? Ich habe fast einen Herzinfarkt bekommen, Baumi. Wie wusstest du das?«
    Baumer

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