Komplott
umarmen und zu küssen.
Hinter der Milchglasscheibe im ersten Stock von Corals Haus brannte rötliches Licht, was Paula einen kalten Schauder den Rücken hinunterlaufen ließ. Mit dem Schlüssel, den Coral ihr gegeben hatte, öffnete sie die Haustür und stieg die Treppe hinauf zu Corals Wohnung, wobei sie fast kein Geräusch machte. Leise schlich sie durch den Gang, der von einer Lampe an der Decke erleuchtet war. Dabei fragte sie sich, ob Coral in dem Raum mit der Milchglasscheibe vielleicht gerade ein Bad nahm.
Die Tür zum Wohnzimmer stand offen, und Paula warf einen Blick hinein. Es war leer, ebenso wie das Schlafzimmer, dessen Tür gleichfalls einen Spalt weit geöffnet war.
Mit leisen, vorsichtigen Schritten bewegte sich Paula durch das Schlafzimmer auf eine Glastür zum Bad zu, hinter der das Geräusch einer voll aufgedrehten Dusche hervordrang. Paula trat an den begehbaren Wandschrank, den Coral ihr bei ihrem letzten Besuch gezeigt hatte. Bestimmt würde Coral ihn nur öffnen, wenn sie heute noch aus dem Haus gehen wollte, aber das war ziemlich unwahrscheinlich, denn auf dem Nachttisch standen ein Eiskübel mit einer geöffneten Flasche Champagner und zwei Gläser. Als Paula die Tür des Wandschranks öffnete, quietschte sie ein wenig, was aber durch das Rauschen der Dusche nicht zu hören war. Paula schob Corals teure Mäntel zur Seite und trat in den Schrank. Sie konnte gerade noch die Tür von innen zuziehen, als die Dusche abgedreht wurde und ein Handy zu klingeln begann.
»Hallo«, hörte Paula Coral Flentons Stimme sagen. »Schön, dass du anrufst.«
Offenbar sagte jetzt der Anrufer etwas, und nach einer kurzen Pause erwiderte Coral:
»Du kannst jederzeit kommen. Ich habe gerade geduscht.«
Wieder eine Pause. Dann: »Nun sei mal nicht so ungezogen. So etwas sagt man doch nicht…« Sie kicherte.
»Nein, ich habe nie gesagt, dass ich dich liebe. Ich habe gesagt, dass ich dich sehr mag.
Das ist ein Unterschied.«
Wieder eine Pause.
»Ist schon okay. Komm einfach, wenn du kannst. Ich laufe dir nicht weg.« Ein weiteres Kichern. »Bis dann. Ciao, bello!«
Paula, die hinter den Mänteln stand, lauschte angestrengt. Was wäre, wenn Coral doch in den Schrank schaute? Es war zwar nicht wahrscheinlich, aber trotzdem…
Sie erinnerte sich daran, dass sie auf einem Stuhl im Schlafzimmer Unterwäsche und ein sauber gefaltetes Kleid gesehen hatte, und wartete eigentlich darauf, das Rascheln von Stoff zu hören. Stattdessen drang ein leises Klirren an ihr Ohr. Coral hatte sich Champagner eingeschenkt. Offenbar wollte sie sich für ihren Besuch gar nicht anziehen, sondern ihn nackt mit einem Glas Champagner in der Hand empfangen.
Paula wünschte, sie hätte ihre Windjacke ausgezogen, denn im Schrank wurde es sehr warm. Jetzt aber traute sie sich nicht mehr, sie abzulegen, denn wenn sie an die Mäntel kam, würden die Kleiderbügel auf der Stange klappern und sie vielleicht verraten.
Also blieb sie stehen und wartete.
38
Tweed saß auf dem Beifahrersitz des Taxis, besah sich auf dem Stadtplan noch einmal die Umgebung von Zena Partridges Haus und überdachte die Positionen, die seine Leute einnehmen sollten.
»Wann sind wir da?«, fragte er Butler, der neben ihm am Lenkrad saß.
»Vier, fünf Minuten werden’s schon noch sein, Chef«, erwiderte der »Taxifahrer« mit breitestem Cockney-Akzent.
»Wenn wir dort sind, fahren Sie einmal ganz langsam um den Block, damit ich mich nach unseren Leuten umsehen kann.«
»Da sind wir, Chef«, meldete Butler, nachdem sie eine Weile schweigend weitergefahren waren. Tweed blickte aus dem Seitenfenster hinauf zu Miss Partridges Räumen im ersten Stock des alten Wohnhauses aus rotem Backstein. Die beiden Fenster, die zur Straße hinausführten, waren hell erleuchtet, und als Butler um eine Ecke bog, sah Tweed, dass auch in den Fenstern zur Seitenstraße Licht brannte. Miss Partridge war offenbar zu Hause.
An der Straßenecke fegte ein ziemlich abgerissen aussehender Mann mit einem Reisigbesen den Gehsteig. Er trug einen breitkrempigen Hut, und Tweed musste zweimal hinsehen, bevor er ihn als Newman erkannte.
Butler fuhr einmal um den Block, und als sie wieder am Eingang zu dem Wohnhaus vorbeikamen, entdeckte Tweed auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen Penner mit einer Schnapsflasche in der Hand.
»Das ist Pete Nield«, erklärte Butler. »Traut man ihm gar nicht zu, oder?«
»Und wo ist Marler?«, fragte Tweed.
»Den erkennt man doch nie. Wir nennen
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