Komplott
er die Deckenbeleuchtung eingeschaltet, stieß er die Tür auf und trat ins Zimmer, wo er sich, die Walther schussbereit in beiden Händen, einmal um die eigene Achse drehte. Das Zimmer war leer. Er fluchte leise und schloss die Tür. Auf einmal war ihm wieder so schwindelig, dass er sich sofort hinlegen musste.
Nur mit Mühe gelang es ihm, die Tagesdecke vom Bett zu zerren und sich Jackett und Schuhe auszuziehen. Dann legte er die Pistole unter das Kopfkissen, löste den Knoten seiner Krawatte und knöpfte den Hemdkragen auf. Er ließ sich auf das Bett fallen und schlief sofort ein.
Bevor Paula an diesem Morgen außergewöhnlich früh mit ihrer Arbeit begann, wollte sie Tweed, dessen Haus ohnehin auf dem Weg von ihrer Wohnung in die Park Crescent lag, noch rasch ein paar Unterlagen vorbeibringen. Sie hielt ihren Wagen vor Tweeds Haus an und stieg rasch zur Eingangstür hinauf, um ihren Umschlag in den Briefschlitz zu stecken.
Als sie den Kratzer am Türschloss sah, wurde sie misstrauisch und holte den Schlüssel, den Tweed ihr einmal gegeben hatte, aus ihrer Umhängetasche. Nachdem sie damit aufgeschlossen und bemerkt hatte, dass sich das Schloss ein wenig mühsam öffnen ließ, zog sie ihre 32er Browning Automatic aus dem Geheimfach in ihrer Tasche.
Sie schloss die Tür leise hinter sich und ging geräuschlos den Flur entlang. Vor der Wohnzimmertür blieb sie stehen und horchte, und als sie nichts hörte, riss sie die Tür mit einem Ruck auf und stürmte in den Raum. Er war leer, und nichts ließ darauf schließen, dass hier ein Eindringling gewesen war.
Vorsichtig stieg Paula die Treppe hinauf, wobei sie peinlich darauf achtete, nicht auf die knarzende Stufe zu steigen, von der sie wusste, dass Tweed sie absichtlich nicht reparierte, um auf diese Weise vor möglichen Eindringlingen gewarnt zu werden. Vor Tweeds Schlafzimmer blieb sie stehen, legte ein Ohr an die Tür und hörte lautes Schnarchen. Tweed schnarchte normalerweise nie.
Leise öffnete Paula die Tür und sah sich mit schussbereiter Waffe in dem Raum um.
Tweed lag angezogen auf dem Bett, und zwar auf dem Rücken. Seine Brust hob und senkte sich. Das war ein gutes Zeichen. Als Paulas Blick auf die Kommode fiel, stutzte sie. Die unterste Schublade war nicht ganz zugeschoben.
Paula wusste, dass Tweed ein extrem ordentlicher Mann war, der niemals eine Schublade auch nur einen Spalt offen stehen ließ. Sie ging hinüber zu der Kommode, zog die Schublade vorsichtig heraus und entdeckte unter einem Stapel Hemden, dass man Tweed etwas untergeschoben hatte.
Es war eine große, alte Aktentasche, die Paula noch nie bei ihm gesehen hatte. Sie zog sich die Latexhandschuhe an, die sie immer in ihrer Umhängetasche bei sich hatte, und zog die lederne Tasche vorsichtig aus der Schublade. Als sie den Verschluss öffnete, hielt sie den Atem an. In der Tasche befand sich ein durchsichtiger Plastikbeutel mit einem großen Fleischerbeil, dessen Klinge noch rot von Blut war, und in einem weiteren, kleineren Plastikbeutel stecken mehrere Klumpen blassen, blutigen Fleisches.
Paula reagierte sofort. Nachdem sie sich noch rasch die anderen Schubladen der Kommode angesehen hatte, nahm sie die Aktentasche und trat damit ans Fenster.
Draußen fuhr gerade ein Wagen vor. Es war Newmans Range Rover. Paula hob die Hand und gab Newman ein Zeichen, der daraufhin sofort aus dem Wagen stieg und zur Eingangstür lief. Paula rannte die Treppe hinab und ließ ihn ins Haus.
»Ich wollte nur mal rasch bei Tweed vorbeischauen und ihm sagen -«, begann Newman.
»Keine Zeit für Erklärungen«, unterbrach ihn Paula. »Hören Sie mir jetzt gut zu.
Jemand versucht offenbar, Tweed einen Mord unterzuschieben. Man hat ihm diese Aktentasche hier in seine Schlafzimmerkommode gelegt. Sehen Sie mal, was drin ist.«
Ein Blick genügte. Ohne eine weitere Frage zu stellen, nahm Newman die Aktentasche und rannte damit aus dem Haus. Als Paula wieder oben bei Tweed war, der noch immer tief und fest schlief, sah sie aus dem Fenster und erkannte mit Schrecken, dass Newman in einer Falle saß.
Newman hatte die Aktentasche gerade unter den Fahrersitz des Range Rover geschoben, als ein schwarzer Wagen mit quietschenden Reifen um die Ecke bog und so vor der Kühlerhaube des Geländewagens zum Stehen kam, dass er nicht mehr wegfahren konnte. Ein großer Mann in langem Mantel stieg aus und kam auf ihn zu.
Am Ärmel trug er eine Banderole mit der Aufschrift »Staatsschutz«.
»Raus aus dem Wagen!«,
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