Konfliktmanagement
Leben jenseits des Mobbings wieder zu entdecken.
Selbst mobben
Dies ist ein Tabuthema, das sehr kontrovers diskutiert wird. Dennoch steht es natürlich im Raum. Wenn die konventionellen Gegenmaßnahmen wie das klärende Gespräch oder das Einschalten von Vorgesetzten und Betriebsrat wirkungslos geblieben sind, dann kommt man vielleicht auf die Idee, selbst für „Gerechtigkeit“ zu sorgen. Soll man sich alles gefallen lassen? Ist nicht der, der nachgibt, immer der Dumme? Gibt es nicht ein Recht auf Selbstverteidigung? Der Hauptkritikpunkt an dieser Vorgehensweise lautet, dass Sie sich auf dasselbe Niveau wie das des Mobbers herablassen. Damit tragen Sie zu dem bereits bestehenden schlechten Betriebsklima bei. Umgekehrt kann Ihnen jetzt auch vonseiten der Vorgesetzten oder Kollegen vorgeworfen werden, dass Sie ja auch nicht viel besser seien. Sie bewegen sich also auf Glatteis.
Beispiel
Herr L wird schon seit längerer Zeit von Herrn B. geschnitten. Im Rahmen einer Urlaubsplanung bietet sich die Gelegenheit zur Revanche. Es gelingt Herrn L, den dringend benötigten Urlaub von Herrn B. zu kippen. Als er außerdem mitbekommt, dass Herrn B. ein gravierender Fehler in einer Abrechnung unterlaufen ist, schwärzt er ihn bei der Geschäftsleitung an. Befriedigend ist die Situation trotzdem nicht. Es wird für die beiden Kollegen dadurch noch schwieriger, sich zu verständigen, und bei Herrn L. entwickeln sich die ersten Schlafstörungen, die er medikamentös unterdrückt.
Das Mobbing ist zu Ende – was bleibt zu tun?
Wie endet ein Mobbingprozess? Nachdem alle in diesem Kapitel geschilderten Maßnahmen ergriffen wurden, kann sich die Situation folgendermaßen darstellen.
Äußerliche Situation
Die Lösung des Konfliktes hängt von der Schwere der Mobbinghandlungen, von deren Dauer und von den beteiligten Personen ab. Wenn die Interventionen erfolgreich waren, dann kann Folgendes passiert sein:
Einsicht: Der Mobber sieht seinen Fehler glaubhaft ein und entschuldigt sich. Es kommt zur Versöhnung.
Versachlichung des Konflikts: Ein ursprünglicher Sachkonflikt war irgendwann auf die persönliche Ebene gewechselt. Es gelingt, ihn wieder auf die Sachebene zurückzuholen.
Veränderung des Kräfteverhältnisses: Der Betroffene hat sich erfolgreich gewehrt. Der Betrieb missbilligt das Geschehen. Kollegen haben sich mit dem Opfer solidarisiert. Weitere Mobbinghandlungen wurden erfolgreich durch Verwarnungen unterdrückt.
Trennung der Konfliktparteien: Der Mobber, der Betroffene oder beide werden versetzt. Die Kontrahenten laufen sich nun nicht mehr über den Weg oder haben nur noch das Nötigste miteinander zu tun.
Nachhaltige Bestrafung des Mobbers durch Disziplinarmaßnahmen: Das ist natürlich der ungünstigste Verlauf. Vorgesetzte greifen nur dann zu solchen Maßnahmen, wenn sie dazu gezwungen werden und alle Schlichtungsversuche gescheitert sind. Vielleicht haben Abmahnungen das Mobbing unterbunden. Leider kann es im Einzelfall erforderlich werden, dem Täter zu kündigen. Hier liegt natürlich keine Aussöhnung mehr vor, sondern man hat die Notbremse gezogen, weil alle anderen Maßnahmen nicht gegriffen haben.
Von betrieblicher Seite wurde damit alles nur Denkbare getan. Im Idealfall wird der Konflikt nun außerdem über mehrere Monate genau beobachtet, um sicherzustellen, dass er wirklich befriedet wurde.
Die psychische Befindlichkeit
Wenn der Mobbingprozess länger angedauert hat, ist damit zu rechnen, dass sich eine psychische, soziale und vielleicht auch körperliche Beeinträchtigung entwickelt hat. Der Betroffene braucht also die Möglichkeit zur Heilung.
Wichtig
Im Anschluss an Mobbing muss mit einer längeren Erholungs- und Verarbeitungsphase gerechnet werden. Diese sollte mit ärztlicher und psychotherapeutischer Unterstützung einhergehen.
Kränkungen und Enttäuschungen verarbeiten
Nehmen wir einmal an, das Mobbing wurde beendet. Es kann nun sein, dass Sie mit der Lösung zufrieden sind, vielleichthaben Sie sich aber auch mehr versprochen. Sie hatten womöglich gehofft, dass der Mobber entlassen wird, doch nun ist er immer noch im Betrieb, wenn auch in einer anderen Abteilung. Oder es waren mehrere Personen beteiligt und die Situation war so komplex, dass keine einfache Lösung zustande kam. Vielleicht hat die Geschäftsleitung sogar Ihre eigene Versetzung angeordnet, d. h., Sie mussten weichen, obwohl Sie doch eigentlich unschuldig waren. Angesichts dieser Lösung sind Sie nun empört, denn es wurde
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