Konigs-Schiessen
dachte er, als er hinter ihr her zur Garderobe ging, »aber ein sehr attraktives. Reiß dich bloß zusammen, Helmut«, murmelte er.
Als er ihr in den Parka half, lehnte sie sich an ihn. Sie merkte, wie er sich schnell zurückzog und suchte seinen Blick. Als er sie ansah, spürte sie ganz leise das wohlbekannte Ziehen im Bauch. »Ich werd’ verrückt«, dachte sie. Er legte den Arm um ihre Schulter und führte sie hinaus. Sie mochte es offensichtlich sehr.
Umständlich und über Kleinwagen mosernd bemühte er sich, seine langen Beine unterzubringen, als er in ihr Auto stieg. Sie lachte.
»Sie sind süß, wenn Sie was getrunken haben.«
»Süß«, brummte er.
»Nicht nur süß, und nicht nur, wenn Sie was getrunken haben.«
Er wich ihrem Blick aus. »Lassen Sie uns nach Hause fahren. Es ist spät geworden.«
Sie schaltete den Motor ein. »Klar«, es klang burschikos, »wir haben unseren Schlaf bitter nötig.«
Gabi saß vorm Fernseher und zog Gummibänder in Unterhosen ein. Muffig stapfte Toppe zum Kühlschrank und holte sich noch ein Bier.
»’n Abend.«
Er ließ sich aufs Sofa fallen und starrte auf den Bildschirm. Der Kanzler der Einheit lispelte druckreife Worte.
»Was ist los?« fragte Gabi.
»Nix.«
» Läßt du dich schon wieder vom alten Trott auffressen?«
Er zeigte auf ihr Nähzeug. »Du doch auch.«
»Ach, Helmut, komm, hör’ auf. Die Sachen müssen nun mal gemacht werden.«
»Meine auch.«
Sie biß sich auf die Lippen. »Ackermann hat angerufen.«
»Der ist doch im Osten.«
»Eben. Er hat von deinem Mordfall gehört und ist neugierig. Er sagt, er wäre in ein paar Wochen wieder hier, und du sollst den Fall bloß nicht ohne ihn aufklären.«
»Sehr witzig.«
»Er will dich morgen im Büro anrufen.«
»Der spinnt doch.«
Er knallte die Bierflasche auf den Tisch und stand auf. »Ich geh’ ins Bett. Mir reicht’s für heute.«
»Ich dachte, du wolltest mir noch was über den Fall erzählen.«
»Ich bin müde, Gabi.«
Aber dann kam er doch zu ihr und küßte sie. »Tut mir leid, ich bin einfach kaputt. Hat nichts mit dir zu tun, okay?«
»Okay«, nickte sie ernst. »Schlaf gut.«
12
Toppe hatte einen schweren Kopf, aber daran waren wohl nicht nur das Bier und der Korn schuld, er hatte auch mal wieder zu viele Ecksteins geraucht. Er mußte endlich mit dem Rauchen aufhören.
Als er gegen halb neun ins Büro kam, stand die Luft dort schon dick unter der Decke. Er war der letzte.
»Morgen«, grüßte er knapp in die Runde, ging direkt durch zum Fenster und öffnete beide Flügel. Astrid legte ihr Tabakpäckchen weg und verzichtete darauf, sich eine neue Zigarette zu drehen. »Hallo«, sagte sie leise und lächelte vorsichtig.
»Helmut, Mensch, es regnet mir auf den Schreibtisch«, schimpfte Heinrichs und schob den linken Fensterflügel wieder zu. Er war im Mantel und sammelte ein paar Papiere zusammen. Auch Breitenegger packte seine Pfeife und den Tabak ein.
»Was ist denn bei euch schon am frühen Morgen für eine Hektik ausgebrochen?«
»So wie’s aussieht, hat unser Mann mal wieder zugeschlagen. Eine Tankstelle in Kevelaer-Wetten, gestern abend um kurz nach elf. Der Tankwart ist schwer verletzt. Wir fahren noch raus.«
»Bis später«, nickte Toppe nur und setzte sich Astrid gegenüber an den Schreibtisch. Er war in Gedanken. Auf dem Weg zum Präsidium hatte er versucht, den Tathergang zu rekonstruieren.
»Haben Sie mal die Berichte von Ihren Befragungen da?«
»Ja, hier. Aber ich sag’ Ihnen gleich, dabei ist nichts herausgekommen. So langsam finde ich auch, daß der Täter ein Verrückter ist, der da willkürlich rumgeschossen hat.«
» Nein, das glaube ich nicht. Im Gegenteil, die Tat scheint planvoll und überlegt.«
Astrid lächelte schief und fing an, sich jetzt doch eine Zigarette zu drehen.
»Jedenfalls, die Leute, mit denen ich gesprochen habe, die haben eigentlich überhaupt nichts Wichtiges beobachtet. Der, der das unbekannte Auto vor seinem Haus gesehen hat, wußte weder die Automarke noch das Kennzeichen. Und alle wollen verdächtige Personen auf dem Schützenfest gesehen haben. Wenn man dann nachhakt, haben diese angeblich so Verdächtigen sich völlig normal benommen. Für die Leute da ist doch jeder verdächtig, der nicht aus Keeken kommt.«
»Stop, Mädchen, das ist mir zu einfach«, unterbrach Toppe sie. Astrid biß sich auf die Lippen. »Mir ist kalt«, sagte sie. »Kann ich das Fenster zumachen?«
Toppe nickte abwesend. »Ich glaube, der Täter
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