Konigs-Schiessen
ist auf dem Schützenfest gewesen. Überlegen Sie doch mal. Er hat nur einen einzigen gezielten Schuß abgegeben und nicht etwa wild in der Gegend herumgeballert. Also kann man wohl davon ausgehen, daß er Heinrich Verhoeven gemeint hat.«
»Deshalb kann er doch trotzdem verrückt sein.«
Toppe ging gar nicht darauf ein. »Er muß den Heinrich Verhoeven gekannt haben, und er muß gewußt haben, daß er den Weg über den Friedhof nehmen würde. Was dafür spricht, daß er entweder aus dem Dorf kommt, oder aber von jemandem aus dem Dorf seine Informationen gekriegt hat.«
»Stimmt.« Es klang verwundert.
»Sie wissen, wie das Wetter am Montagabend war. Es ist also unwahrscheinlich, daß sich der Täter den ganzen Abend hinter dem Grabstein versteckt hat. Er konnte nicht wissen, wann Heinrich Verhoeven das Fest verlassen würde. Deshalb gehe ich davon aus, daß er zumindest zeitweise auf dem Krönungsball war.«
» Das heißt also, wir müssen herausfinden, wer mitgekriegt hat, daß die Verhoevens die Festivität verlassen haben und wer eventuell mit ihnen oder kurz vorher rausgegangen ist.«
»Ja. Und jedes Detail, das die Zeugen angegeben haben, kann wichtig sein. Wir müssen möglichst lückenlos wissen, wer alles auf dem Fest war.«
»Wahnsinn! Also noch mal alle befragen?«
»Sieht so aus.«
»Das sind doch aber ein paar hundert Leute!«
Ein kurzes Klopfen an der Tür unterbrach Astrids Fassungslosigkeit. Es war Klaus van Gemmern vom Erkennungsdienst, der Toppe einen Bericht brachte.
»Hab’s gerade auf den Tisch gekriegt. Die Waffe, die in Kecken benutzt worden ist, war nicht mehr jungfräulich. Bei einer Schießerei im Duisburger Hauptbahnhof im vorigen Jahr ist sie schon einmal benutzt worden.«
Toppe überflog das Papier. »Na, das war’ doch schon mal was für den Anfang.« » Hoffentlich. Die Nummer von den Duisburger Kollegen steht auf der Rückseite.«
»Sonst noch was Neues von euch?«
»Tut mir leid. Bis jetzt noch nicht.«
Damit war van Gemmern schon wieder an der Tür. »Bis heut’ abend«, rief ihm Astrid nach, aber er hörte sie schon nicht mehr.
Toppe fuhr sich mit den Händen durchs Haar. »Es sieht nicht so aus, als kriegten wir beide so bald wieder einen freien Abend, Astrid.« Er stand auf und ging zum Fenster hinüber. Es war ein trüber, kalter Herbsttag. Der Wind hetzte die Wolken, und der Regen setzte sich in fisseligen Tropfen auf die Scheiben. Toppe hockte sich auf die Fensterbank.
»Ich will heute mittag noch raus zum Hof. Mit diesem Bruder, diesem Wilhelm Verhoeven, habe ich noch kein Wort geredet, dabei ist er ein Zeuge.«
»Der war doch stockbesoffen.«
» Na und? Außerdem kann der sicher einiges von seinem Bruder erzählen, was unser Bild komplettiert. Und dann müssen wir diese Trappmanns finden, die mit dem Haus an dem Feldweg. Das ist eindeutig der beste Fluchtweg.«
»Ja. Und wir müssen nachprüfen, wer von den Leuten im Dorf einen Waffenschein besitzt. Unter denen gibt es doch sicher eine ganze Reihe Jäger.«
Sie schlug die Beine übereinander, und er wünschte sich, sie würde gerade heute nicht wieder einen so kurzen Rock tragen. Er sah, daß sie seinen Blick bemerkt hatte, und wurde verlegen, aber sie lächelte, und in ihren Augen blitzte es kurz auf.
»Genau«, sagte er. »Dann die Besucher vom Schützenfest und die Familie Verhoeven.«
»Wir brauchen Wochen, bis wir die alle durch haben«, seufzte sie.
»Eben. Von wegen freier Abend.« Toppe stieß sich entschlossen von der Fensterbank ab. »Ich gehe zum Chef. Der soll sich mal seine komische,SOKO Motorrad’ aus dem Kopf schlagen und mir genügend Leute zur Verfügung stellen.«
»Na, ich weiß nicht, ob Sie damit bei dem landen können.«
»Das werden wir sehen. Rufen Sie schon mal in Duisburg an.«
Toppe kochte vor Wut. Er lief die Treppen hinunter zur Kantine und nahm sich zwei Stücke Pflaumenkuchen aus der Vitrine – mit Sahne – scheiß auf die Diät! Der Alte war doch nicht ganz dicht. »Ist Gefahr im Verzug?« Natürlich bestand, nach dem bisherigen Stand seiner Ermittlungen, keine akute Gefahr, daß in diesem Kaff wieder einer erschossen werden würde. »Dann sehe ich keine Veranlassung, Herr Toppe.« Der konnte sich sein Herr Toppe sonstwo hinstecken.
Aber der Kuchen half auch nicht, und als er zum Büro zurückging, hatte er Sodbrennen.
Astrid telefonierte. »Er kommt gerade zur Tür rein. Augenblick.« Sie verdrehte die Augen. »Ackermann«, flüsterte sie, die Hand auf der
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