Konigs-Schiessen
Fünfzig sein mußte.
»Nun ja, es gibt noch einige Fragen«, antwortete Toppe, »aber essen Sie ruhig in Ruhe zu Ende.«
»Nix da«, Wilhelm Verhoeven zog seine Augenbrauen zusammen. »Nachher ist kein’ Zeit zum Reden. Die Arbeit tut sich nicht von selbst.«
»Ach ja, Vatter, was ich noch sagen wollt’..« Peter Verhoeven lehnte sich weit zurück und streckte sich. »Ich kann nicht mit raus. Hab’ noch in der Stadt zu tun.«
Wilhelm Verhoevens Gesicht blieb unbewegt. »Hab’ nichts anderes erwartet. Fragen Sie, Herr Toppe.«
»Gut.« Toppe zwängte sich mit Astrid auf die Eckbank.
»Zunächst also zu Ihnen, Herr Verhoeven. Wir haben bisher noch nicht miteinander gesprochen. Würden Sie mir einmal aus Ihrer Sicht den Tathergang schildern?«
»Kann mich kaum erinnern. Ich weiß nur das, was Ingeborg mir erzählt hat.« Er schob den Teller von sich und rieb sich den Nacken. »Gibt immer reichlich Bier beim Krönungsball.« »Ich habe ihn auch schon gefragt, ob er irgendwas bemerkt hat«, mischte sich Ingeborg ein, »aber er weiß überhaupt nichts mehr. Soll ich einen Kaffee kochen?«
»Gern, danke«, kam Astrid Toppe zuvor.
»Kaffee«, knurrte Wilhelm und ging zum Küchenschrank. Sein linker Fuß steckte in einem hohen orthopädischen Schuh, und er hinkte nicht schlecht, aber trotz dieser Behinderung und seiner höchstens 1,65 in wirkte er drahtig und stark. Mit einer Steinhägerflasche und zwei Schnapsgläsern kam er zurück.
»Sie auch?«
»Gut. Einen kann ich«, nickte Toppe.
Ingeborg fing an, den Tisch abzuräumen. Anscheinend hatte es allen bis auf Hendrina den Appetit verschlagen. Die Alte hatte sie bisher nicht einmal angesehen.
» Wir gehen davon aus, daß der Täter auf dem Krönungsball gewesen ist. Versuchen Sie, sich einmal ganz genau an den Abend zu erinnern. Ist einem von Ihnen eine Person besonders aufgefallen?«
»Wie meinen Sie das?« fragte Peter.
»Nun, ein Unbekannter, vielleicht jemand, der Heinrich Verhoeven beobachtet hat, in seiner Nähe war.«
»Nicht, daß ich wüßte. Außerdem, auf unserem Schützenfest sind immer eine Menge Leute, die man nicht kennt.«
»Und wo waren Sie, als der Mord passierte?«
»Ich?« wunderte sich Peter Verhoeven. »Ich war mit ein paar Freunden an der Theke. Von der ganzen Geschichte habe ich gar nichts mitgekriegt. Dann kam jemand und schrie was von Schüssen auf dem Friedhof, und ich bin mit den anderen hin. Dann habe ich mich nur noch um Tante Mia gekümmert. Die ist ja völlig zusammengebrochen, die arme Frau.«
Astrid nahm ihren Schreibblock aus der Tasche.
»Ist das ein richtiges Verhör?«
»Eine Vernehmung«, antwortete Toppe. »Frau Verhoeven, Sie haben mit Ihrem Schwiegervater und Ihrem Onkel zusammen das Fest verlassen. Ist noch jemand mit Ihnen hinausgegangen?«
Ingeborg schüttelte ungeduldig den Kopf. »Herr Toppe, ich hätte es Ihnen doch längst gesagt, wenn ich einen im Verdacht hätte.«
»Minne Melk!« kreischte Hendrina und schlug mit der Hand auf den Tisch.
»Ja doch, Mutter.« Ingeborg füllte einen Becher heiße Milch aus der Kanne auf dem Herd ab.
Astrid beobachtete fasziniert und angeekelt, wie die Alte gut die Hälfte der Milch aus den Mundwinkeln auf ihr Tuch sabberte.
»Wußte jemand, daß Sie gehen würden?« fragte Toppe weiter, als Ingeborg sich wieder gesetzt hatte. »Ist jemand kurz vor Ihnen rausgegangen?«
»Mein Gott. Wie sollte ich das denn mitkriegen! Da waren sicher noch hundert Leute im Saal. Da geht doch immer mal einer raus. Außerdem hatte ich alte Hände voll zu tun mit den beiden Männern. Und ich hab’ doch auch mit nichts gerechnet. Da guckt man doch auf so was nicht.« »Sicher. Dann versuchen Sie doch einmal, ganz genau zu schildern, wie Ihr Aufbruch abgelaufen ist.«
»Du meine Güte!« Ingeborg stützte die Stirn in die Hand.
»Ich habe, mein’ ich, meinem Schwiegervater gesagt, daß wir jetzt gehen sollen.. Und dann ist Vatter auch gleich aufgestanden. Onkel Hein wollte mit, kriegte aber seine Jacke nicht an und wollte sich nicht helfen lassen..«
»Der Pastor wollte noch einen mit mir trinken, aber ich hab’ gesagt, daß ich gehe«, erinnerte sich Wilhelm.
»Ja, und er war schon fast draußen, als ich mit Onkel Hein kam. Aber dann mußte mein Schwiegervater noch mal zur Toilette, und ich habe mit Onkel Hein draußen gewartet. Dann sind wir gegangen. Wenn man das gehen nennen kann.«
Wilhelm Verhoeven knurrte, aber er sagte nichts.
»An welchem Tisch haben Sie
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