Konigs-Schiessen
besser.« Sie setzte sich auf seine Schreibtischecke.
»Na ja«, meinte Toppe, »aber auch dann gibt’s bis jetzt noch kein Motiv und keinen Hinweis auf den Täter.« Er reckte sich und gähnte. »Ich werde trotzdem in der Richtung weitermachen, auch wenn’ s im Augenblick nur so ein vages Gefühl ist. Ich glaube, ich sprech’ mal mit Ackermann.«
»Ist der denn wieder hier?«
» Mmh, heute angekommen. Hier, hat er mir mitgebracht.« Er zeigte ihr die Schnapsflasche.
Sie rümpfte die Nase. »Sieht köstlich aus.« Er lachte leise.
Sie stand auf und zog ihren Parka aus. »Guck mal, hab’ ich mir eben gekauft.« Die Hände locker auf die Hüften gelegt, drehte sie sich langsam um sich selbst, Es verschlug ihm den Atem. Das Kleid war tiefschwarz, sehr kurz und so hauteng, daß er deutlich erkennen konnte, daß sie außer der schwarzen Strumpfhose nichts darunter trug. »Gefällt’s dir nicht?«
»Sehr. Aber das willst du doch nicht allen Ernstes im Dienst anziehen?«
»Aber klar, gleich am Montag.«
»Das kannst du nicht machen, der Stasi reißt dir den Kopf ab.«
»Na ja«, sie setzte sich wieder auf die Schreibtischecke, so daß das Kleid noch höher rutschte, »vielleicht ist meine Wut bis Montag ja auch schon wieder verraucht.«
Er sah ihr in die Augen. »Ich glaube, du gehst jetzt besser.« Sie zog einen Schmollmund. »Warum? Störe ich dich?«
Er lachte unsicher. »Ich bin ziemlich müde, und da läßt meine Abwehr nach.«
»Mußt du denn abwehren?«
Hastig stand er auf, ging zum Fenster und drehte ihr den Rücken zu.
»Komm, Astrid, laß uns keinen Blödsinn machen«, sagte er ernst. Er hörte, wie sie aufstand und ihren Parka anzog.
»Vielleicht ist’s gar kein Blödsinn«, sagte sie leise. Dann war sie weg.
Es dauerte eine Weile, bis er Ackermann anrufen konnte.
»Und ob ich Ihnen wat über die Verhoevens erzählen kann! Soll ich jetzt sofort zu Ihnen rüberkommen, Chef?«
»Nein, für heute mach’ ich Feierabend, ist schon acht Uhr. Irgendwann will meine Familie mich schließlich auch mal sehen.«
»Ja, dar kenn’ ich, Chef. Meine Tochter sacht immer: ,wer is’ eigentlich der nette junge Mann, der da in deinem Bett liegt, Mama?’«
Toppe lachte pflichtschuldig. »Ich würde auch nicht so gern hier im Büro mit Ihnen reden, Ackermann. Wie war’s, wenn wir uns Sonntagabend irgendwo zum Essen treffen?«
»Find’ ich ’ne prima Idee, Chef. Ich würd’ sagen, gehen wir zum Griechen unten in Kellen. Da kann man ungestört sitzen, und dat Essen schmeckt auch.«
»Einverstanden. Um acht?«
»Geht klar, Herr Toppe. Bis Sonntag dann.«
Beinahe wäre es ein harmonisches Wochenende geworden. Am Samstagmorgen hatten Gabi und er noch die letzten Geschenke für die Kinder gekauft; er war kurz allein im Juwelierladen gewesen und hatte ein Paar wunderschöne Ohrringe für Gabi besorgt. Hinterher hatten sie zusammen im Café einen Kakao getrunken und dabei gemeinsam die Leute beschmunzelt, die draußen mit verkniffenen Gesichtern durch den Vorweihnachtsregen hasteten, hektisch auf der Suche nach letzten Geschenken. Nachmittags waren sie mit den Kindern zum Kegeln gegangen und hatten selbst Spaß daran gehabt. Und abends, als die Jungen im Bett waren, hatten sie gemeinsam gebadet und sich geliebt, sich zusammen auf dem Sofa unter eine Decke gekuschelt, eine Flasche Wein getrunken, sich einen albernen Spätfilm angeguckt, erzählt und gelacht und geplant. Er würde sich zwischen Weihnachten und Neujahr freinehmen, und sie wollten endlich mal wieder ihre Freunde in Köln besuchen, und Silvester wollten sie eine richtige Fete geben. Auch der Sonntag wäre ein rundum guter Tag gewesen, wenn seine Schwiegermutter nicht darauf bestanden hätte, daß sie zum obligatorischen Adventskaffee zu erscheinen hätten. Schon als Toppe ins Wohnzimmer kam, schnürte es ihm die Luft ab. Der enge, dunkle Raum war vollgestopft mit schweren Möbeln und um diese Jahreszeit auch noch überladen mit allerlei weihnachtlichem Schnickschnack. Er teilte schon bei der Ankunft mit, daß sie nur eine Stunde bleiben würden, weil sie noch etwas vorhätten, und versetzte seine Schwiegermutter damit gleich in die richtige Stimmung. Mittlerweile war er an die Sticheleien gewöhnt, mit denen sie ihn stets bedachte, und reagierte meistens Gabi zuliebe, der der,Familienfrieden’ über alles zu gehen schien, kaum mehr darauf. Heute aber hatte seine Schwiegermutter sich offensichtlich auf ihre eigene Tochter eingeschossen und
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