Konigs-Schiessen
genau wollt’ ich’s gar nicht wissen. Hat er noch andere.. Liebschaften?«
»Liebschaften? Gott, ich hab’ da so meine Vermutungen, aber wissen tu ich gar nix. Ich bin sicher, daß so manche brave Ehefrau sich schon mal ihren Spaß geholt hat. Immer nur Hausmannskost ist ja auf die Dauer auch langweilig.«
»Hat er Sie mal mit nach Holland genommen oder nach Duisburg?«
»Wenn er auf Tour gehe, meinen Sie?«
»Tour?«
»Sauf- und Spieltour. Überfällt ihn mindestens einmal im Monat. Nee, da nimmt der doch niemand mit. Aber wenn er zurück ist, kommt er öfters mal vorbei und heult sich aus über die jungen Mädchen, die’s irgendwie nicht bringen und so.«
»Wo waren Sie eigentlich, als der Mord passierte?«
»Ach Gott, der Mord. Das hab’ ich doch schon alles Ihrer jungen Kollegin erzählt. Ich stand hinter der Theke.«
»Und Peter Verhoeven?«
»Der wollt’ mir schon den ganzen Abend an die Wäsche. Wie immer, wenn er blau ist. Als die Schreierei draußen losging, wollt’ er mich gerade überreden, mit in die Garderobe zu kommen.«
»Gut, das war’s.« Toppe erhob sich. Im Hinausgehen wandte er sich noch einmal um. »Weiß eigentlich seine Frau von Ihrem Verhältnis?«
»Keine Ahnung. Könnt’ schon sein. Ist eigentlich ’ne nette Frau. Is’ mir auch egal.«
22
Nun gut, Peter Verhoeven war ein unsympathischer Mensch, mit so ziemlich allen häßlichen Eigenschaften ausgestattet, die man sich vorstellen konnte. Aber ging er deshalb über Leichen? Dazu erschien er ihm zu konturlos, zu schwach. Mochte sein, daß Ingeborg recht hatte. Vielleicht hatten ihn die Alten wirklich mit den Jahren kleingekriegt, aber nach außen hin machte er nicht den Eindruck. Da markierte er den dicken Macker, Typ: Mann von Welt.
Wilhelm Verhoeven war ein harter Knochen; vielleicht auch verständlich, nach allem, was der so mitgemacht hatte.
Aber konnte einen der Wunsch nach Selbständigkeit so weit treiben, daß man den eigenen Vater aus dem Weg räumen wollte? Wenn man keine andere Möglichkeit mehr sah, vielleicht.,Mein Mann hat so ziemlich alles versucht.’..
Aber was wollte Peter Verhoeven mit diesem runtergewirtschafteten Hof? Er würde hart arbeiten müssen, und das schien ihm ja nun nicht gerade zu liegen. Andererseits hatte er keine andere Wahl, schließlich hatte er sonst nichts gelernt. Und er war fünfzig. Da konnte man nicht mehr von vorne anfangen. Wenn er spielte, war der Hof seine einzige Sicherheit.
Ganz schön hart eigentlich, wenn man die besten Jahre seines Lebens in Abhängigkeit verbrachte und dabei immer die Möglichkeit, sein eigener Herr zu sein, direkt vor der Nase hatte. Und nur der Vater, der das verhinderte.
Aber es blieb eine Tatsache, daß es Peter Verhoeven nicht gewesen sein konnte. Der hätte ja auch niemals seinen Vater mit seinem Onkel verwechselt. Sowas konnte nur einem passieren, der die beiden nicht gut kannte, vielleicht nur kurz gesehen hatte; möglicherweise auf dem Schützenfest.
Ackermanns Killer-Theorie. Hörte sich verrückt an, aber dieser eine einzige wohlgezielte Schuß wies auf Erfahrung und Übung hin. Das stimmte schon.
Wo konnte Peter Verhoeven hier einen Typen auftun, der die Sache für ihn erledigte? Die »Spielerkollegen«, wie Ackermann sie nannte? Da mußte er jetzt ansetzen.
Aber ein Killer kostet gutes Geld im Voraus und bar auf die Hand. Und Peter Verhoeven hatte keins. Na ja, vielleicht hatte er gewonnen.
Welche Rolle spielte Ingeborg in dieser ganzen Geschichte? Sie hatte sofort gewußt, in welche Richtung seine Fragen gezielt hatten, aber sie hatte kaum reagiert. Sie verachtete ihren Mann, das sprach aus jedem Wort, aber sie hatte gesagt »wir hatten das Testament gefunden«. Hatte sie mitgemacht bei dem Entmündigungsversuch? Wäre ihr ja auch eigentlich nicht zu verdenken. Wenn Wilhelm tot wäre, gäbe es bestimmt kein Hindernis mehr, Hendrina entmündigen zu lassen; so von der Rolle, wie die Alte war. Diese verrückte alte Frau hatte jetzt noch tatsächlich mehr auf dem Hof zu sagen als Ingeborg, als Peter. Was für eine absurde Situation! Ingeborg jedenfalls schien sich damit abgefunden zu haben, oder? Ihr ging es nur noch um ihren Sohn.
Erst mal mußte er jetzt seinen Bericht schreiben. Wie sollte er dem Stasi wohl seine neue Idee verkaufen? Er hörte schon jetzt den ganzen Sermon über Indizien und mangelnde Beweise.
Vielleicht würde ihn die Überprüfung der Spielerrunde weiterbringen, und für das Gespräch mit Peter Verhoeven heute
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