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Konny Reimann

Konny Reimann

Titel: Konny Reimann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Friedrich
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die Denny’s-Crew vorher heimlich eingewiesen und ihnen die Kerze zugesteckt. Dass aber die gesamte Mannschaft auflaufen würde, hatte auch Manu nicht geahnt. Nun gut, es ist ein alter Trick, aber er funktioniert fast immer, zumal wenn man 10.000 Kilometer von zu Hause entfernt nun wirklich nicht damit rechnet. Janina war fertig mit den Nerven.
    Ähnlich ging es am nächsten Tag weiter, und Familie Reimann lernte ihre nächste Fast-Food-Lektion: Auf dem Weg zurück gen Norden hielten wir an einem Pizza Hut. Wir hatten alle ordentlich Hunger und bestellten vier Pizzen, zweimal large und zweimal medium. Das sollte reichen, dachten wir. Es reichte. Als die Pizza-Hut-Bedienung uns vier überdimensionierte Wagenräder auf den Tisch stellte, brachen alle Dämme. Manu fing an, und einer nach dem anderen schüttete sich aus vor Lachen. Es ging nicht mehr. Bayerische Portionen sind eine Sache, aber Amerika übertrifft die Portionsgröße der Bajuwaren noch um einiges. Es gibt Gegenden in der Welt, die könnten sich von den Portionen einer Pizza-Hut-Filiale einen Monat lang ernähren. Sieht man sich die eher korpulent gebauten Amis an, weiß man schnell, dass dieselbe Menge hier gerade mal reicht, bis es dunkel wird – und zwar für eine Person. Mit Tränen in den Augen und diversen „doggy bags“ in den Händen setzten wir unsere Reise fort. „Doggy bags“ sind übrigens keine Taschen, in denen man seinen Hund aus dem Restaurant tragen kann, sondern Papiertüten mit dem restlichen Essen, das früher wohl öfter im Fressnapf der Hunde landete.
    Unser amerikanisches Leben hat auf bizarre Weise schon damals begonnen. Im Juli 2002 nahmen alle Reimanns an einem Rodeo teil. Wir waren derart begeistert, dass wir noch an Ort und Stelle beschlossen, daraus eine Tradition zu machen. Eine weitere sollte über zwei Jahre später die örtliche Weihnachtsparade werden.
     
    In diesem Urlaub kauften wir auch schon unseren ersten Pick-up auf amerikanischem Boden und dazu noch einen Wohnwagen. Es war vollkommen klar, dass wir wiederkommen würden, und wir wollten weder Jan auf den Keks gehen noch uns auf die Dauerhaftigkeit seiner Beziehung verlassen. Der Pick-up fiel uns dabei fast in die Arme. Er stand irgendwo einfach auf der Straße, ein Schild „Zu verkaufen“ im Fenster, und lächelte uns so charmant an, dass wir ihn einfach aus seinem unsicheren Schicksal erlösen mussten. Er ist noch heute bei uns, und Manu ist nicht unglücklich mit dem alten Schlitten.
    Werner, Jans Vermieter sozusagen, sollten wir viel später noch besser kennenlernen. Für den Moment durften wir unser neu erworbenes Fahrzeug und unsere ebenso neue mobile Unterkunft zwanzig Meter neben Jans Haus stehen lassen. Dort standen sie – bis wir ein Jahr später wiederkamen – im Wald von Texas.
     

     
    ür die Auswanderung konnten die Botschaften uns keine Auskunft geben. Natürlich wollten wir alles generalstabsmäßig planen, aber schon bei den ersten Dingen wurde es schwierig.
    Manu bekam schließlich über die Mutter von Janinas bester Freundin den Kontakt zur „Evangelischen Auswanderungsberatung“. Ich weiß, das klingt nicht eben nach dem modernen Weg auszuwandern, aber die Menschen dort waren tatsächlich die einzigen, die wirklich wussten, was wir machen mussten, und die zudem noch nett und hilfsbereit waren. Für eine kleine Spende bekamen wir kompetente Infos zur Green Card. Man sagte uns, was wir genau zu tun hatten. Es galt, nur ein Formular auszufüllen und in einem bestimmten Zeitraum an die Ausländerbehörde nach Kentucky zu schicken.
    Es muss Oktober 2002 gewesen sein, als Manu an der Green-Card-Lotterie teilnahm. Es war im Grunde ein groteskes Unterfangen: Die Chancen standen schlecht, nur jeder Hundertste gewinnt, viele machen Jahre mit und gehen immer leer aus. Ganz abgesehen davon, dass jeder Teilnehmer auch noch gewisse Bedingungen erfüllen muss. Dennoch: Manu glaubte von Anfang an fest daran, dass sie gewinnen würde. Aus irgendeinem Grund wusste sie sogar, dass sie es sein würde und nicht ich, der auch teilnahm, um unsere minimalen Chancen wenigstens etwas zu erhöhen.
    Die Zeit verging, und nichts passierte. Weihnachten kam, Ostern kam, aber keine Post. Es war klar, wenn wir nicht gezogen werden, bekommen wir auch keinen Brief, niemand würde uns benachrichtigen und ein paar förmliche Zeilen Mitleid an uns adressieren. So war der Deal, so hatte man es uns am Anfang gesagt. Rechnungen kamen, Briefe, Ansichtskarten aus

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