Konny Reimann
an mir interessiert. Er erzählte davon, wie er beim Arbeitgeber für mich bürgen würde, dass man einiges an Geld dort verdienen könne und die Arbeit weitaus mehr Spaß machen würde als hier bei den Jetons und den ratternden Maschinen. Er sagte „einiges“ an Geld, tatsächlich war es viel – sogar sehr viel – mehr Geld. Konny Reimann hätte ohne Weiteres 10.000,– bis 12.000,– Dollar pro Monat verdienen können. Ein paar Tage schaukelte ich den Gedanken in meinem Kopf hin und her, sprach mit Manu darüber und überlegte ernsthaft, den Job anzunehmen. Der Kerl war mir sympathisch, er schien seriös, und das von ihm Beschriebene hörte sich ziemlich spannend und letztlich auch lukrativ an. So, wie er es mir schilderte, wäre ich auf so einer Plattform zum Beispiel für die Wartung des Maschinenparks zuständig gewesen. Ich hätte neue Orte kennengelernt. Und ich wäre für mehrere Wochen, wenn nicht Monate, am Stück weg gewesen. Genau dieser Punkt war am Ende ausschlaggebend dafür, dass ich ihm abgesagt habe. Kein Golf von Mexiko, kein Venezuela und auch nicht mehr Geld. Manu und die Kinder benötigten mich hier und nicht irgendwo im Meer vor Südamerika. Dort hätte ich auch schwerlich an unseren Aufgaben am Moss Lake weiterarbeiten können. Die Versuchung war da, aber ich blieb.
Eines Tages war der Öl-Mann weg. Meine Pausen waren dann nur noch Pausen von der Arbeit, es gab keine kurzweiligen Geschichten mehr, keine Witze über den einfachen Amerikaner, kein Herumspinnen oder das so amüsante Wühlen in Zukunftsoptionen an seltsamen Orten dieser Erde. Der alte Don war aufgebrochen zu sprichwörtlich neuen Ufern, und ich saß in einem Glücksspielparadies im Süden Oklahomas und wusste, dass nicht nur meine Pausen einsam werden würden, sondern auch meine gesamte Arbeit. Es war seltsam – ich kannte den Typen ja erst wenige Wochen, aber durch die Exklusivität unserer Verbindung im Kasino, durch die intensiven Gespräche, war er so etwas wie mein Verbündeter geworden. Als er weg war, fehlte ein großer Teil, und so wurde der Mann vom Bohrturm letztlich die Initialzündung meiner Kündigung. Ich ärgere mich bis heute, dass wir es nicht geschafft haben, in Kontakt zu bleiben. Ich habe ein, zwei Mal versucht, ihn anzurufen, bekam ihn aber nicht an die Leitung, und er hat sich auch nicht von alleine zurückgemeldet. Auch über das Kasino bekam ich keine Mitteilung von ihm, aber ich würde mich nicht wundern, wenn er eines Tages bei WinStar in der Tür steht und Manu auf die Schulter tippt.
Ein halbes Jahr hatte ich für WinStar gearbeitet, bevor ich den immer lauter werdenden Rufen nach Abwechslung folgte.
anina hatte derweil ihren ersten amerikanischen Job angefangen. Sie arbeitete seit Ende November bei Braum’s, einem bekannten lokalen Eisfabrikanten. Braum’s hatten eine eigene Eisdiele beziehungsweise eigentlich ein ganzes Haus, in dem Janina eingesetzt wurde. Man konnte da neben Eiscreme aber auch typisch amerikanische Hamburger und Pommes Frites essen. Janina fing am 23. November 2005 an und war naturgemäß sehr gespannt, was sie erwarten würde. Am Abend des ersten Tages aber kam sie enttäuscht nach Hause. Ihr Chef hatte sie zum Geschirrwaschen abgeordert, also irgendwo unterhalb der ersten Sprosse auf der Karriereleiter. Wenn etwas von der „Vom Tellerwäscher zum Millionär“-Story wahr sein sollte, hatte Janina ihre erste Seite dieser Geschichte geschrieben. Oder zumindest die erste Zeile der ersten Seite. Ihr selbst kam es an jenem Abend wohl eher wie ein halbes Wort vor. Doch schon am nächsten Tag durfte sie in der Eisdiele bedienen, und nach und nach wurde ihre Tätigkeit etwas anspruchsvoller und ihre Laune deutlich besser.
chon kurz nachdem der Kaufvertrag für das Grundstück und die Häuser am Moss Lake unterschrieben war, machten wir uns an die Arbeit. Es war Mitte November, als wir zunächst anfingen, uns das kleine „Bootshaus“ unten am See vorzunehmen. Eine Hafenkneipe. Was konnte das anderes werden als eine waschechte Kaschemme am See – die amerikanische Reinkarnation von „Konnys Hafenkneipe“? Zunächst hatten wir das kleine Wellblechhäuschen nur als Stützpunkt am See für die Familie gedacht, eine kleine Rückzugsmöglichkeit. Da es sich dort aber eben auch hervorragend feiern ließ, war der ursprüngliche Plan schnell verworfen. Erst zog ich Traversen ein und sah mir dann an, was man alles aus der Hütte machen könnte. Sie bekam
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