Konny Reimann
abstellen. Ich erwähnte schon, dass Amerikaner am liebsten bis ins Bett fahren würden, wenn sie könnten. Jason profitiert nun von dieser Vorliebe.
Ich muss schon grinsen, wenn ich bedenke, wie ich, jünger als alle beide, schon von zu Hause weg war und bei Blohm & Voss Dinge lernte, die ich bis zum heutigen Tag anwenden kann. Ich muss grinsen, weil die Voraussetzungen und auch die Umgebung für die beiden im Vergleich zu meinen damals komplett anders sind. Und auch wenn ich weiß, dass der Weg, den ich gegangen bin, mich sehr für das Leben geschult und geprägt hat. Das von den Wellblechbaracken über meine schräge Familie bis hin zu Blohm, der Bundeswehr und allem, was danach kam. Vieles war schwierig, hat aber meinen Charakter zu dem gemacht, was er heute ist. Auch wenn ich all dem Rechnung trage, so bin ich doch sehr froh, dass Janina und Jason die Möglichkeiten und die Freiheit haben, die sie hier in den USA vorfinden.
Ich weiß, dass Jason es manchmal etwas anstrengend findet, einen so aktiven und etwas verrückten Vater zu haben. Wenn man ihn aber danach fragte, würde auch er vermutlich nichts ändern oder mit jemandem tauschen wollen. Irgendwann wird es aber eine sich jetzt schon andeutende Emanzipation geben. Auch das is’ gut so. Weder Jason noch Janina werden in Gainesville bleiben. Nach Europa hingegen möchten beide höchstens noch in den Ferien. Leben werden auch sie weiter in Amerika.
Was Manu betrifft, wird sie sicher auch noch ein Weilchen in dem Indianer-Kasino arbeiten. Es gefällt ihr dort gut, sie hat mehr als Fuß gefasst, und ihre Arbeitszeit passt in unser Leben wie ein Puzzlestück. Sollten wir aber unser Grundstück hier erweitern und neben den zwei Gästehäusern noch den kleinen Campingplatz oben auf der anderen Seite vom Schotterweg eröffnen und weitere Geschäftsfelder wie das der Salsa starten, wird sie sich wohl irgendwann, genau wie ich, nur noch um das Business Reimann kümmern. Eine weitere Etappe zu unserer endgültigen Familien-Autonomie. Sobald unser neues großes Haus oben am Hang fertig ist, wird Manu auch wieder ein Nähzimmer haben. Was sie vor Jahren begonnen und über die Jahre gepflegt hat, wird auch hier seine Fortsetzung finden. Und natürlich wird sie weiter mein „partner in crime“ sein, die Person, die ich über alles liebe und ohne die ich das alles gar nicht hätte machen können. Wäre meine ganze Familie nicht genau wie ich etwas irre, würden wir wahrscheinlich heute immer noch in Schenefeld sitzen. Tun wir aber nicht, denn wir sind wohl definitiv ein bisschen verrückt.
eben den erwähnten Zeltplätzen und meiner großen Werkstatthalle kann es bei den Reimanns aber in Zukunft auch noch lebendige Zuwächse geben. Wer weiß, vielleicht wird sich auch unsere kleine Tierfarm noch erweitern. Die bereits vorhandenen Tiere machen jedenfalls keinen unglücklichen Eindruck. Allein Erwin sonntags früh vor dem Aufstehen zuzuhören, wie er vor sich hinsabbelt, was das Zeug hält, ist eine wahre Freude. Ich schätze, er kennt um die 300 Wörter, die er je nach Lust und Laune ausspuckt. Sonntags vormittags ist er aber fast immer gut in Fahrt. Meine Hamburger Sprüche, angefangen bei dem obligatorischen „Moin, Moin“, gehen da Hand in Hand mit englischen Kleinigkeiten wie „good boy“. Nettes wechselt sich mit üblichen Papageien-Fiesheiten à la „Schweinebacke“ ab. Ohne dieses gefiederte Live-Radio würde bei uns sonntags schon lange etwas fehlen.
Die Gästehäuser haben indes nicht nur unsere Besucher entzückt. Der gute alte Rick hat sich schon gemeldet, er möchte genau die gleichen auch haben. Zwei Mal „Haus Dithmarschen“, wenn’s nach ihm ginge. Sollte es also irgendwann mal nichts mehr auf unserem Grundstück zu tun geben (was ich bezweifle), kann ich mich direkt nebenan ans Werk machen.
Davor liegen aber noch so viele eigene Pläne in der Schublade, die nichts weiter als meine eigene Brust und mein Kopf ist. Vielleicht machen wir ja auch bald noch eine Pferderanch in der Nähe auf. Zusätzlich. Wieso nicht? Natürlich liegt so was nicht morgen an, aber Lust hätte ich, zudem wäre es die ideale Ergänzung zu den Häusern, dem Schulbus, Dangerous Dave und dem See. Die Leute könnten hier Urlaub machen und über uns alles bekommen, was Texas zu bieten hat. Außerdem habe ich mich schon nach Hallen erkundigt, in denen ich in Gainesville Karatekurse geben kann. Und zwar hartes Karate nach alter japanischer Tradition!
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