Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur
verschiedenen Ebenen liegen. Es gibt immer Querverbindungen
zwischen den Kategorien. Die übergeordnete neuartige Kategorie ist die des Response, die der visuellen Antwort auf einen eingestellten
Clip. Response ist die bildliche Variante von synonymen Begriffen aus anderen Kontexten, wie die Coverversion im Bereich der
Musik mit dem Ziel, eine dem Original nahe kommende Version zu erzeugen, wie der Remake-Begriff im Film, der schon Veränderungen
und Interpretationen des Ursprungsstoffs impliziert und wie der Parodie-Begriff, welcher das vorangegangene Original ins Lächerliche
zieht. Aber auch der Remix aus der Musik, der zwingend individuelle Transformationen des Ursprungsmaterials impliziert und
das sogenannte
re-enactment
, ursprünglich eine Bezeichnung für die Nachstellung historischer Ereignisse oder Lebenswelten, zählen dazu. Bei YouTube wird
der Begriff nun benutzt für die Nachstellung von Film, Game-Szenen oder Performances aus der Kunst et cetera, ohne den Anspruch
einer großen Nähe zum Original. YouTube beherbergt als Forum für alle Formen des
re-enactment
auch die
bodydoubles
(vgl. Richard 2004) aller erdenklichen Stars.
|231| Eine sehr große Gruppe stellen die
mediaremix-Clips
dar, diese bewegen sich innerhalb des Mediums (
inmedium
) oder tragen die Inhalte in einen anderen Kontext, zum Beispiel in den Alltag durch
re-enactment
. Hier wird mit
found footage
gearbeitet, also mit bestehendem, nicht eigens aufgenommenen Videomaterial. Dieses stammt aus den Bereichen TV und Film. 6 Hierzu gehört auch die Kategorie Musikvideo, die einen sehr großen Anteil an den
mediaremix-Clips
hat. Generell sind in dieser Kategorie die häufigsten Strategien der Transformation von
found footage
: Schnitt, neue Zusammenstellung oder einen Ausschnitt durch die persönliche Auswahl zu finden. Ferner werden Schriften und
Text als Zwischenbilder integriert oder es wird eine andere Vertonung gewählt, zum Beispiel durch eine andere Musik, eigene
Audiospuren oder die Kombination mit
found footage
.
Die größte inhaltliche Kategorie stellen die
Ego-Clips
dar: Die überwiegende Anzahl der Clips bei YouTube ist hier einzuordnen, wobei diese Clipsorte der exzessiven narzisstischen
Selbstdarstellung dient. In dieser Kategorie ist eine große Bandbreite von schüchternen Talks bis hin zur visuellen Prostitution
zu beobachten. Aufgrund der Vielfältigkeit der Selbstdarstellungen finden sich Unterkategorien wie
dance
,
karaoke
,
sports
und
vlog
(Videoweblog/Videotagebuch). Diese Mainstream-Formen der Selbstdarstellung haben ihren Ursprung in medialen TV-Formaten wie
Casting Shows mit Ausdrucksformen wie Singen und Tanzen. Hier geht es nicht um Abweichung; konforme Selbstwerbung und
selfdesign
stehen im Vordergrund: Man will von der Community entdeckt werden, besser noch von Film und TV (vgl. Horx 2007). YouTube zeigt
hier alle Erzeugnisse, die sonst nur für geduldige Elternaugen und -ohren bestimmt waren, das Kind singt und tanzt jetzt öffentlich.
Fanclips
als Sonderform von Fanart zeigen dagegen die Begeisterung der User für einen bestimmten Star einer Band; sie verbreiten Lobeshymnen
und huldigen ihren Angebeteten (z. B. Tokio Hotel). Eng daran angelehnt sind
hater-Clips
von denjenigen, die eine Band hassen (z. B. Hass auf Amy Winehouse und Tokio Hotel, u.a. aufgrund ihrer Abweichungen von Genderstereotypen)
oder eine andere Person aufgrund ihres Videos beschimpfen.
Hate/diss/flamewar-Clips
sind Response-Clips, sie dienen der massiven Beleidigung von Anderen. Doku-Clip/Event-Clips zeigt zum einen Ereignisse |232| und Unfälle wie zum Beispiel sinkende Fähren (Santorin 2007); damit gehören diese auch zu den Zufalls-Clips. Zu den Doku/Event-Clips
zählen weiter Veranstaltungen, persönliche Highlights wie Konzertbesuche oder Festivals. Hierbei steht die Aufzeichnung und
Verbreitung des universell wichtigen oder des persönlichen Ereignisses aus der Perspektive des Augenzeugen im Vordergrund.
Die fun-Clips sind eine quer liegende Kategorie mit Missgeschicken anderer. Generell wird eine große Anzahl Clips eingestellt,
um andere Nutzer zum Lachen zu bringen. Eine Sonderform ist der sogenannte
mockumentary-
Clip, der mit seriösem Anspruch inszeniert ist und glaubwürdig erscheinen will, dann aber deutlich macht, dass es sich um
eine Parodie handelt. Eine Unterform sind die Anleitungs- und Lehrvideos (z.B. die Reihe »…in plain english« 7 ), wobei diese
tutorial-Clips
mit der
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