Kontaktversuche
mich verstohlen am Kopf. Es juckte mächtig, und ich spürte, wie sich tote Härchen um meine Finger ringelten. Auf einmal – ich hatte ihr unbewußt zum Trost über die Locken gestrichen – schrak ich, von mystischem Entsetzen gepackt, zusammen: »Sag, geht dir das Haar aus?«
Sie zog die Nase hoch, wischte sich mit der Handfläche die Augen, zog ein Taschentüchlein hervor und schneuzte sich lange.
»In letzter Zeit hat’s angefangen, ein bißchen auszugehn. Der Arzt sagt, es käme von den Nerven. Sicherlich habe ich’s durch zu häufiges Frisieren verbrannt, aber wenn ich mich ärgere, juckt mich der Kopf manchmal.«
»Weshalb läßt du dir nicht eine etwas einfachere Frisur einfallen? Mir zum Beispiel haben die ganz einfachen immer am besten gefallen…«
Doch hier betritt die Erzählung schon Bereiche, die weder mit Petrow noch mit seinem Fall in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Der Fall ist eigentlich abgeschlossen, und es ist mir, glaube ich, gelungen, ihn, wenn auch nicht in allen Einzelheiten genau, so doch in seiner dokumentarischen Aufeinanderfolge mit jener Gewissenhaftigkeit darzulegen, die den Schriftsteller am meisten befriedigt. Wenn es mich dennoch drängt, so etwas wie einen Epilog anzufügen, so deshalb, weil das Ende irgendwie allzu traurig war. Letztlich zieht sich der Schluß einer solchen Geschichte ziemlich lange hin, und wenn sich etwas so in die Länge zieht, hört es auf, eine Tragödie zu sein. Und es gab auch wirklich nichts Tragisches. Im Gegenteil: Alles schien mit einem erstaunlichen Happy-End abzuschließen. Petrow war glücklich mit seiner Chefkarriere und der hübschen Friseuse, die jede zweite Woche mit Apparaturen und modernsten französischen Farben das ungewollte oder beabsichtigte kosmetische Ungeschick der außerirdischen Wesen ausbügelte. Ich hingegen ging am nächsten Morgen ungewöhnlich früh aus dem Haus – ich war mit meiner Frau noch zerstritten – und wandelte durch den Park. Am Ende des Waldes, auf der Wiese hinter dem Pionierpalast, begegnete ich der Lekowa. Sie hatte die Haare straff nach hinten gezogen und mit einer blauen Schleife zusammengefaßt; sie glich rührend einer bei der Aufnahmeprüfung durchgefallenen Studentin. Sie wurde mächtig verlegen, zeigte sich aber im übrigen nicht überrascht. Der Arzt habe ihr empfohlen, frühmorgens Waldspaziergänge zu machen und nur an schöne Dinge zu denken, um sich positive Emotionen zu verschaffen.
»Ich bin mit den Nerven auch ganz und gar nicht in Ordnung«, sagte ich.
»Wenn du willst, bring’ ich dich zu ihm, er ist einer der besten Neurologen… Da!« prustete sie plötzlich heraus.
Ich schaute in dieselbe Richtung und mußte zum ersten Mal nach so langer Zeit derart lachen, daß ich von Kopf bis Fuß von »positiven Emotionen« erfüllt war. Auf dem schmalen Weg war, ganz außer Atem, unser Direktor erschienen, doch als er auf der Wiese statt der fliegenden Untertasse seine beiden Untergebenen erblickte, machte er so einen Satz ins Gebüsch, daß ihn jeder Hase beneidet hätte, auf den die Jäger schossen.
»Neulich hat er mir anvertraut, daß er angefangen habe, Waldläufe zu machen, um abzunehmen.«
»Er hat’s auch nötig«, sagte ich abfällig und fügte im stillen hinzu: Warum kommen die nicht und nehmen ihn mit, damit… Was wird er von ihnen verlangen? Haare? Oder daß sie ihm die Hörner abnehmen? – Meine Bosheit war kleinlich, das stimmt, dann aber nahm meine Wut noch zu und richtete sich gegen die kosmischen Historiker, die solches Unheil angerichtet hatten und nicht wiederkamen, um die Dinge wieder in Ordnung zu bringen. Waren sie auf und davon, oder sahen sie uns von oben zu und lachten, lachten, lachten? Mit welchem Recht?
Da hatte ich nun vermeintlich eine Wut auf sie im Bauch, und doch musterten meine Augen sehnsüchtig die tauiggrüne Wiese. Und sie richteten sich noch oft suchend auf diese Wiese, weil wir beide, die Lekowa und ich, immer dort unsere Neurosen spazierenführten.
Schon damals verließ ich das Institut. Auch die Lekowa suchte sich woanders Arbeit, und ich fing an, wissenschaftlichphantastische Romane zu schreiben. In ihrer Freizeit begann sie eine Dokumentation über die Publikationen über das Erscheinen von fliegenden Untertassen auf der Welt zusammenzustellen – das wurde für sie zu so etwas wie einem Hobby. Durch ihr fleißiges Wühlen in wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Zeitschriften wurde sie für mich zu einer unersetzlichen
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