Kontaktversuche
her. Wie immer hielten vor dem kleinen Gasthaus ein paar Laster, von drinnen kam der übliche Lärm.
Ich bog nun nach rechts von der Chaussee ab, und eine schmale, holprige Wagenspur führte mich vor die Tür des Bungalows.
»Wir sind da!« murmelte ich erleichtert.
Wir stiegen aus und gingen zu Fuß über den Pfad. An der Gartentür ließ ich ihm absichtlich den Vortritt. Wir gingen unter den niedrigen Ästen der Bäume entlang, die uns mit ihren feuchten Blättern streiften. Überall krochen große Regenwürmer herum, rosa und vom Regen gewaschen, und ich bemerkte, daß er vorsichtig über sie weg trat. Lieber Himmel! Was für ein ganz gewöhnlicher Mensch! Alles an ihm war ganz irdisch, ganz alltäglich – die ausgetretenen Schuhe, die Hose aus abgeschabtem Stoff, selbst der Rucksack, in dem er wahrscheinlich seine ungewöhnlichen Schätze verwahrte. Ich hätte wirklich nicht im Traum daran gedacht, daß ich gerade so einem Vertreter der Sternenwelten begegnen könnte.
In der Diele nahm er den Rucksack ab und legte ihn neben den Polsterstuhl, auf den er sich gesetzt hatte. Ich ließ mich ihm gegenüber nieder. Im Augenblick fühlte ich mich weder befangen noch beunruhigt, nicht einmal Respekt empfand ich, ganz so, als sei ein alter Freund zu Besuch gekommen. Ich konnte ihm sogar schon gerade ins Gesicht sehen, obwohl mir das kaum etwas einbrachte – es war ganz gewöhnlich, wie alles an ihm. Er war ein Mensch aus Fleisch und Blut, von den weißen Haaren im Bart angefangen bis hin zu den rostfarbenen, ausgebleichten Lidern. Auf einmal überkam mich das unbehagliche Gefühl, einer Mystifikation zum Opfer gefallen zu sein.
»Was möchten Sie trinken?« erkundigte ich mich.
»Ein Glas Tomatensaft, bitte«, erwiderte er ruhig.
Ich hatte tatsächlich Tomatensaft im Kühlschrank.
»Mit Wodka?«
»Nein, pur…«
»Wissen Sie, was ich sonst noch im Kühlschrank habe?«
»Er ist ganz schön vollgepackt«, antwortete er scherzend. »Unter anderem auch ein Teller mit kleinen gebratenen Fischen.«
Das stimmte haargenau. Ich hatte die Fische vor ein paar Tagen oben am Iskrezkabach gefangen und sie mir selbst gebraten, wenn ich sie auch nicht allein hatte aufessen können.
»Das trifft sich ausgezeichnet!« rief ich erfreut. »Soll ich sie auch bringen?«
»Nein, nein, danke, ich habe keinen Hunger…«
»Schließlich und endlich sind Sie aus Fleisch und Blut wie ich… und bekommen sicherlich Hunger…«
»Ganz so ist es nicht«, entgegnete er. »Was Sie sehen, ist eher eine gutgelungene Imitation.«
»Wie soll ich das verstehen?«
»So!«
Er konzentrierte sich einen Augenblick, dann hob er den rechten Arm und schlug mit der flachen Hand auf das runde Tischchen, das zwischen uns stand. Doch statt daß ein Aufschlag zu hören gewesen wäre, fuhr seine Hand glatt durch das harte Holz, als sei sie körperlos. Ich sah ihn verblüfft an. Aus irgendeinem Grund beeindruckte mich das stärker als das unwahrscheinliche Manöver mit meinem Auto über dem Abgrund.
»Jetzt haben Sie gesehen, was für merkwürdige Eigenschaften die Materie haben kann«, sagte er scherzend. »Aus ihr kann man wirklich alles machen…«
»Irgendwo habe ich gelesen«, sagte ich entgeistert, »daß das nicht sein kann.«
»Ich habe das auch gelesen«, meinte er mit einem Lächeln, »und Sie können das wirklich nicht. So wie auch wir unendlich viele Dinge nicht können. Doch im Weltall ist alles möglich. Außer Materie zu schaffen. Die existiert, und damit erschöpft sie sich.«
Ich schwieg, in diesem Augenblick hatte ich nicht einmal Gedanken im Kopf.
»Und was ist mit Ihrem Tomatensaft?« fragte er.
Ich stand auf und ging wortlos in die Küche. Als ich den Kühlschrank aufmachte, sah ich zuerst meine Fische. Ich nahm zwei Büchsen Tomatensaft, zwei saubere Gläser und kehrte in die Diele zurück. Der Fremde saß noch genauso auf seinem Stuhl und schaute gedankenverloren aus dem breiten Fenster. Während ich Löcher in die Büchsen schlug, schwieg er noch immer; ich hatte das Gefühl, daß er gar nicht im Zimmer anwesend war. Schließlich goß ich ein und hob mein Glas.
»Stoßen wir an! – Wenn es auch mit Tomatensaft ist.«
»Stoßen wir an!« stimmte er zu.
Die Gläser klangen, er hob seins an die spröden Lippen. Und trank es, wie mir schien, mit einem gewissen Behagen aus.
»Jetzt muß ich Ihnen eine unbequeme Frage stellen«, sagte ich. »Wie ich sehe, sind Sie nicht hier, auf der Erde, um unserer Zivilisation mit Ihrem Wissen zu helfen. Weshalb
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