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Kontaktversuche

Kontaktversuche

Titel: Kontaktversuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Simon (Hrsg)
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zusammen und drehte mich um. Er saß genauso ruhig auf seinem Platz, als wäre nichts passiert.
»Was heißt wirklich?«
»Völlig wirklich«, erwiderte er ernsthaft. »Sie sind ein gebildeter Mensch, Sie müssen doch wissen, wie diese Erscheinung heißt.«
»Das ist es ja, daß es so eine Erscheinung nicht gibt«, entgegnete ich, noch immer außer mir. »Oder zumindest hat sie noch kein lebendiger Mensch bis jetzt gesehen…«
»Seien Sie da nicht so sicher… Haben Sie schon einmal etwas von Levitation gehört?«
»Nun ja, freilich, aber das ist so ein Fakirtrick… Und außerdem machen sie es wohl kaum mit Autos…«
Der Unbekannte lächelte. »Ja, mit einem Auto ist es schwieriger… Aber das Prinzip ist dasselbe…«
»Wollen Sie damit sagen, daß Sie Antigravitationskräfte kennen?«
»Ja, so etwas Ähnliches…«
»Aber dazu sind doch bestimmt ungeheure Energien erforderlich«, murmelte ich ungläubig.
»Die Energien sind durchaus nicht auf das beschränkt, was die Menschen über sie wissen…«
Was die Menschen wissen! Was wollte er damit sagen? War er etwa kein Mensch? Doch was hatten alle Worte zu bedeuten, wenn die Tatsache Tatsache blieb. Ich hatte noch immer die lehmigen Reifenspuren vor Augen, die am Rand des Abgrunds aufhörten. Und anstatt zerschmettert irgendwo da unten zu liegen, stand ich nur ein paar Meter von der Stelle des unwahrscheinlichen Vorkommnisses friedlich auf der Straße. Ich habe keine vorgefaßten Meinungen, würde zugeben, daß der Teufel existiert, vorausgesetzt, ich sehe ihn mit eigenen Augen. Doch der Mann hinter mir glich allem anderen, nur keinem Teufel.
»Haben Sie das meinetwegen gemacht?« fragte ich weiter.
»Nicht ganz… Aber Sie sind meinetwegen ins Rutschen gekommen. Wenn ich nicht in Ihren Wagen gestiegen wäre, wäre das vielleicht nicht passiert…«
Er lehnte sich zurück und fügte hinzu: »Los, fahren wir weiter!«
Wortlos ließ ich den Wagen an, und jetzt fiel mir erst ein, daß ich ihn ja gar nicht abgestellt hatte. Dann legte ich den Gang ein und fuhr langsam an. Meine Hände zitterten noch immer leicht. Nachdem wir so an die hundert Meter zurückgelegt hatten, begann ich erneut: »Übrigens glaubt jeder Erdenmensch, einerlei, wer, heimlich bei sich an Wunder… Und jetzt ist mir der Grund erst klargeworden. Es ist, weil er sich nicht mit dem Tod abfinden kann…«
»Das ist nicht wer weiß was für ein Wunder«, erwiderte er. »Und auch keine sonderliche Wohltat. Die Unsterblichkeit des Bewußtseins ist in der existierenden und möglichen Natur kein Problem. Das Problem liegt ganz woanders…«
»Und zwar wo?«
»Sie wollen ja eine Menge wissen«, antwortete er scherzend. »Ganz allgemein liegt das Problem in der Existenz selbst.«
»Sind Sie ein Mensch von der Erde?« fragte ich plötzlich.
Er schwieg einen Augenblick lang.
»Ich würde gern Ihre Meinung zu dieser Frage erfahren.«
»Es erscheint mir ganz unwahrscheinlich«, entgegnete ich. »Zu dem, was Sie eben gemacht haben, werden die Menschen wahrscheinlich erst in ein paar hundert Jahren imstande sein…«
»Optimismus ist etwas Schönes«, erwiderte er. »Dennoch glaube ich nicht, daß es so bald sein wird.«
»Dann läuft es also darauf hinaus, daß Sie ein Abgesandter einer außerirdischen Zivilisation sind?«
»Es ist logisch, daß Sie so denken!« antwortete er.
»Stimmt es denn nicht?«
»Wieso denn, vertrauen Sie Ihrer Logik…«
»Und weshalb antworten Sie mir nicht direkt?«
»Sehr einfach«, sagte er. »Ich bemühe mich, die mir erteilten Instruktionen wenigstens formal zu befolgen.«
»Ja, klar!« Ich nickte.
Eine Weile fuhren wir schweigend weiter, doch mein Verstand arbeitete während der ganzen Zeit fieberhaft. Immerhin ist es bemerkenswert, wie rasch und leicht sich der Mensch mit den ungewöhnlichsten Fakten abfindet, sofern er einmal an sie glaubt. Und ich fing anscheinend wirklich an, daran zu glauben, obwohl sich mein Verstand noch dagegen sträubte.
Der Regen hatte aufgehört, und zum erstenmal seit Ausbruch des Gewitters kamen mir zwei Laster entgegen. Das machte mir gleichsam Mut, ich erkundigte mich vorsichtig: »Wo wollen Sie eigentlich hin?«
»Ich habe Ihnen doch gesagt: Ich streife einfach herum.«
»Würden Sie mit zu mir kommen?«
»Warum nicht?« entgegnete er. »Leute wie ich haben es nicht eilig, irgendwohin zu kommen…«
Wir näherten uns Wlado Tritschkow. Leute tauchten auf, ein barfüßiger Junge zog am Straßenrand eine weiße Ziege an einem kurzen Strick hinter sich

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