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Kontaktversuche

Kontaktversuche

Titel: Kontaktversuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Simon (Hrsg)
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Marmor. Dem besten Bildhauer, der jetzt auf der Erde lebt, wird er den Auftrag erteilen.
»Wir haben die Nummer Ihres Raumschiffes gefunden. Ich habe sie in der Zwischenstation erfragt. Sie haben die Erde vor hundertundeinem Jahr verlassen. Ich gratuliere Ihnen.«
Was hat sie da gesagt? Sie haben sie gefunden oder gesucht? Im Laufe der Zeit hat er die Verben in der Gegenüberstellung gelernt: ich trete ein, ich trete aus; ich bin geboren, ich werde sterben. Ich habe gesucht, ich habe gefunden. Ich habe Diamanten gefunden. Am anderen Ende der Welt. Dort liegt die Funkboje mit der Eigentumserklärung. Keiner wird sie anfechten. Die Teufel mögen ihn anfechten. Soll die United Company ihre Rechte selbst verteidigen. Soll, wer will, in dem blauen Ton buddeln.
»Ich verbinde Sie mit der interplanetaren Station. Ich verbinde.«
Gleich darauf ertönte eine andere Stimme in englisch. Eine Frauenstimme. »Herzlich willkommen! Wer spricht? Sie haben die Erde zu dritt verlassen.«
Er nannte seinen Namen.
»Und die beiden andern?«
Er schwieg. Die Stimme schwieg ebenfalls.
»Bitte, sagen Sie etwas«, bat er krächzend.
»Wir schicken Ihnen ein Raumschiff entgegen. Die heutigen Stationen sind nicht in der Lage, Raumschiffe vom Typ des Ihren aufzunehmen, mit solchem Reflektor.«
Was sollte er fragen? Die Stimme hätte nicht schweigen dürfen. Sein Herz schmerzte immer noch heftig, sogar viel heftiger als zuvor.
    Der andere Raumschiffkommandant war dreißig Jahre alt. Ein gutaussehender, kräftiger Mann. So hatte er vor dreißig Jahren auch ausgesehen. Stimmt nicht, er hat niemals so ausgesehen. Der hätte niemals gegrinst, wenn er keine Lust dazu gehabt hätte.
    Endlich standen sie ihm gegenüber, Menschen aus Fleisch und Blut, der Chef der interplanetaren Station und der Kommandant des interstellaren Raumschiffes, das seinen Planeten auch erreicht hatte. Sie berührten ihn nicht und er sie nicht, diese Stationen waren Quarantänelager, Auffanglager für die aus dem All heimkehrenden Astronauten.
Alles umsonst.
    In den hundert Jahren haben die Menschen gelernt, Diamanten, schöner als seine, herzustellen. Er ist nicht reich, denn auf der Erde gibt es weder reich noch arm. Dumpf hatte er, während er im blauen Ton des fernen Planeten wühlte, geahnt, daß auf der Erde etwas durcheinandergeraten war. Aber er hatte immer geglaubt, die Menschen wären von Natur aus schlecht und würden niemals lernen, sich zu verstehen.
    Eine United Company existiert schon lange nicht mehr, auch keine Firmenschilder, Eigentumserklärungen und Experten für kosmische Rechte.
    Vor ihm lagen Karten und Fotos von dem fernen Planeten, den er den seinen nannte und wo seine beiden Freunde den Tod gefunden hatten.
    Die Aufnahmen hatte nicht er dem Telefotografen seines veralteten und mitgenommenen Sternenschiffes entnommen. Sie stammen von dem hübschen blauäugigen Burschen, der sie mit Hilfe von Satelliten, Radiosonden und Teleobjektiven von einem anderen Raumschiff aus aufgenommen hatte, das weder ein amerikanisches noch ein russisches war. Er, der Heimgekehrte und Heilgebliebene, hatte dreißig Jahre bis zu dem fernen Planeten gebraucht, der Blauäugige dagegen nur drei, und er war jung zurückgekommen.
    »Hier lag die Funkboje«, sagte der Jüngere. »Sie hatten sich die günstigste Stelle zur Landung ausgesucht.«
Der Sandstreifen war auf dem Foto genau zu erkennen. Sand, auf der einen Seite begrenzt vom Meer, auf der anderen von einem tropischen Wald.
»Haben Sie die mächtigen Wellen gesehen?« fragte der Jüngere. »Es gibt wohl kaum etwas Schöneres.«
Der Sandstreifen war ein paar Kilometer breit. In den Wald vorzudringen – ein Ding der Unmöglichkeit. Die Rakete war auf der einzigen Höhe direkt am Waldrand gelandet. Während zwei arbeiteten, beobachtete der dritte das Meer. Von Zeit zu Zeit, manchmal zwei- bis dreimal am Tag, wälzten sich mächtige, meterhohe Wellen vom Meer heran und schlugen ans Ufer. Sobald die Wellen, den Sand hochwirbelnd, auf ihrem Wege alles fortspülten, mußten die drei in der Rakete Schutz suchen. Einmal, als das grüne Wasser heranpreschte und das Raumschiff erzittern ließ, standen nur zwei in der Kabine und schauten hinaus. Der dritte hatte sich nicht eingefunden. Die grüne Welle brauste vor den Bullaugen, dann flutete sie zurück. Unendlich lange rannen Wassertropfen über das Glas.
»Ich erinnere mich nicht, ob sie schön waren«, gab er trocken zur Antwort.
Seine Gegenüber sahen ihn forschend an.

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