Kopernikus 1
reparieren, mit absichtlicher Sabotage des Umfangs, wie er Peyton vo r schwebte, konnten sie jedoch nicht fertig werden. Bald würde Comarre keine Drohung mehr darstellen. Nie mehr würde es sein oder das Bewußtsein anderer zukün f tiger Besucher, die sich hierher verirren mochten, einfa n gen.
Zunächst mußte er die Schläfer entdecken und wiede r beleben. Das mochte sich als langwierige Aufgabe erwe i sen, aber glücklicherweise war das Maschinengeschoß mit einem normierten Monovisionssucher ausgerüstet. Damit konnte er alles in der Stadt sehen und hören, i n dem er einfach die Trägerwellen auf die gewünschte Ste l le konzentrierte. Wenn nötig, konnte er sogar seine Stimme projizieren, leider allerdings nicht sein Ebenbild. Dieser Maschinentyp war erst nach der Erbauung Coma r res allgemein in Gebrauch gekommen.
Er brauchte etwas länger, um sich mit den Schalth e beln zurechtzufinden, und anfänglich wanderte der Strahl regellos über die ganze Stadt. Peyton spähte zufällig in eine Anzahl überraschender Ecken und Winkel, und ei n mal warf er sogar einen Blick auf den Wald – der jedoch auf dem Kopf stand. Er fragte sich, ob Leo noch immer wartete.
Nach einigen Versuchen fand er den Eingang.
Ja, dort war er, ganz so, wie er ihn am Tag zuvor z u rückgelassen hatte. Und ein paar Meter weiter lag der treue Leo noch immer, den Kopf der Stadt zugewandt, mit einer entschieden kummervollen Miene. Peyton war davon tief gerührt. Er überlegte sich, ob er den Löwen nach Comarre bringen könne. Die moralische Hilfe wäre beträchtlich, denn nach den Erlebnissen der Nacht ve r spürte er immer mehr das Bedürfnis nach einem Gefäh r ten.
Er erforschte methodisch die Außenmauer der Stadt und entdeckte zu seiner Erleichterung im Erdgeschoß mehrere verborgene Eingänge. Er hatte sich gefragt, wie er hinauskommen sollte. Selbst wenn sich der Materi e transmitter in umgekehrter Richtung einsetzen ließ, war diese Aussicht nicht sehr verlockend. Er zog bei weitem die altmodische körperliche Bewegung durch den Raum vor.
Die Öffnungen waren sämtlich verschlossen, und e i nen Augenblick lang wußte er sich nicht zu helfen. Dann begann er nach einem Roboter zu suchen. Nach einiger Zeit entdeckte er einen Zwillingsbruder des verblichenen A-fünf, der in Verfolgung einer geheimnisvollen B e schäftigung einen Gang entlangrollte. Zu seiner Erleic h terung gehorchte er ohne zu fragen seinem Befehl und öffnete das Tor.
Peyton ließ den Strahl erneut durch die Mauern schweifen und konzentrierte ihn schließlich ein paar M e ter von Leo entfernt. Dann rief er ihm mit sanfter Stimme zu: „Leo!“
Der Löwe blickte überrascht auf.
„Hallo, Leo – ich bin’s – Peyton!“
Sich verwirrt umschauend, lief der Löwe langsam im Kreise umher. Dann gab er sich geschlagen und setzte sich hilflos nieder.
Es bedurfte einiger Überredung, um Leo zum Eingang zu locken. Der Löwe erkannte seine Stimme und schien willig, ihr zu folgen, doch war das Tier höchst erstaunt und ziemlich nervös. Vor der Öffnung verharrte Leo e i nen Augenblick, denn ihm sagte weder Comarre noch der schweigend wartende Roboter zu.
Ungemein geduldig befahl er Leo, dem Roboter zu folgen. Er wiederholte die Anweisung mehrmals in leicht unterschiedlicher Formulierung, bis er sicher war, daß ihn der Löwe verstand. Dann wandte er sich direkt an die Maschine und befahl ihr, den Löwen zur Schaltzentrale zu führen. Dann verließ er mit einem aufmunternden Wort das seltsame Paar.
Die Feststellung, daß er in keinen der versiegelten Räume hinter dem Mohn-Symbol hineinsehen konnte, war eine ziemliche Enttäuschung für ihn. Entweder w a ren sie gegen die Strahlen abgeschirmt, oder die Ei n ste l leinrichtung war so adjustiert, daß der Monovisor nicht dazu benutzt werden konnte, in jene Räume einz u dringen.
Peyton ließ sich dadurch nicht entmutigen. Die Schl ä fer würden eben so rauh erwachen wie er selbst. Da er ihre privaten Welten eingesehen hatte, verspürte er wenig Mitgefühl mit ihnen, und nur sein Pflichtgefühl zwang ihn, sie aufzuwecken. Sie verdienten keine Rücksich t nahme.
Ein schrecklicher Gedanke überfiel ihn plötzlich. Was hatten die Projektoren seinem eigenen Geist eingeflößt, in Reaktion auf seine Sehnsüchte in jenem vergessenen Idyll, aus dem er so widerwillig zurückgekehrt war? W a ren seine eigenen verborgenen Gedanken genauso anst ö ßig gewesen wie die der anderen Träumer?
Das war eine höchst beunruhigende
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