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Kopernikus 1

Kopernikus 1

Titel: Kopernikus 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brrazo
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dieser Sphagnumtorf von den Torfstechern auch heute noch Hundefleisch genannt.“
    „Wie wurde der Mann im Hundefleisch aufgefunden?“
    „Nach Westen ausgerichtet – wie in einem Hockergrab.“
    „Nachahmung der Embryonallage?“
    „Man könnte auch kalkulierte Raumersparnis vermuten. Der Tote kauerte schließlich in einer Art Block … als dämmere er seinem Erwachen entgegen.“
    Der Reporter griff den Vergleich gierig auf: „Als dämmere er seinem Erwachen entgegen …“ Und mit direktem Blick in die Kamera: „Für die meisten von uns wohl ein schauriger Gedanke!“
    Die Moderatorin schaltete sich über eine optische Kommunikationsleitung als Bildsegment zu: „Wo fand man den Mann genau?“
    „Das Arbeitskommando der Sozialisierungsvollzugsanstalt sichtete ihn in dem kleinen Kesselmoor östlich des Heidetempels“, erklärte Doktor Nevart.
    „Das ist so eine verrufene Kapelle aus dem zwölften Jahrhundert!“ tat sich der Reporter wichtig.
    „Was hatte der Trupp dort zu suchen?“ wollte der Kopf der Moderatorin wissen.
    „Er kontrollierte das Knüppeldammsystem und die Seilzüge der Hängebrücken.“
    „Hängebrücken über dem Moor?“ hakte der Reporter ein.
    „Ja, zur sicheren Begehung bestimmter Versuchsparzellen. Ich darf hinzufügen, daß mein Vater zu dieser genialen Idee von den keshwa chacas der Inka inspiriert wurde. Nur, daß unsere Hängebrücken nicht aus Stroh geflochten sind, sondern aus unverrottbaren Kunststofftauen.“
    „Die Leute von dem Arbeitstrupp untersuchten den Torfschlamm bis zu einer Tiefe von fünf Metern, ist das richtig?“ Die Einmischung der Moderatorin ärgerte den Reporter sichtlich.
    „Ja, weiter reichten ihre Teleskopsonden nicht!“ antwortete er für Olaf.
    Der Moderatorinnenkopf blendete sich beleidigt aus.
    Erleichtert forschte der Reporter weiter: „Und der rötliche Block mit dem Toten?“
    „Es sah aus, als habe er sich aus einer … Verankerung gelöst.“
    „Bringen Sie diesen Hominidenfund mit gewissen Experimenten Ihres Vaters in Zusammenhang? Sie haben doch zeitweise mit ihm zusammengearbeitet.“
    „Kein Kommentar! Ich kann nur sagen, daß mein Vater die letzten Wochen vor seinem plötzlichen Tod in völliger Isoliertheit experimentiert hat.“
    „Werden Sie zu den Laboruntersuchungen dieses sensationellen Hominidenfundes andere Expertenkollegen hinzuziehen, oder …?“
    „Das ist bereits in die Wege geleitet.“
    „Herr Doktor Nevart, wir danken Ihnen für dieses Kurzinterview!“
    Bevor die Kennmelodie zu Ende war, schnippte Ulf mit den Fingern. Die Holo-Projektion verblich per Akustikschaltung.
     
    Ulf schlug seinem Bruder anerkennend auf die Schulter: „Das alles ist eine glänzende, kostenlose Reklame für das Museum. Vater hätte seine Freude daran gehabt!“
    Olaf blieb skeptisch: „Ich fürchte, wir werden für all das noch einen sehr hohen Preis zahlen müssen.“ Er war fünfundzwanzig, zwei Jahre jünger als Ulf. Aber man hätte sie für Zwillinge halten können.
    „In den vier Wochen, in denen ich in China war, hat sich hier verdammt viel ereignet. Daß Vater so plötzlich gestorben ist … ich fasse es immer noch nicht.“ Ulf rieb sich die Stirn.
    „Wenn wenigstens ich hier gewesen wäre! Ausgerechnet nach Brüssel mußte ich fahren, zum Umweltschutzkader“, stöhnte Gunda. Sie war gerade einundzwanzig geworden. Ein großes, vollschlankes Mädchen mit ovalem Gesicht, dunkel konturierten Augenbrauen, breiten Backenknochen und hellgrauen Augen. Die geometrische Linienführung ihres Kurzhaarschnittes betonte ihre hübsche Kopfform. Seit kurzem arbeitete das Mädchen offiziell als Umweltschutztechnikerin in diesem Areal. Das neue Artenschutzprogramm, die Regenerierung von siebzehn Quadratkilometern Moorlandschaft faßte sie nicht nur als Vermächtnis ihres Vaters, sondern auch allen Nachkommen gegenüber auf.
    Olaf stand am Fenster und schaute in die Dämmerung.
    „So setzt euch doch endlich hin“, bat Gunda.
    Die beiden Brüder ließen sich in zwei der großen geflochtenen Rattansessel fallen, daß es aufknisterte wie Scheite im Kaminfeuer. Das Wohnzimmer hatte tatsächlich einen Kamin. Aber er war schwarz und kalt. Die Sommersonnenwende stand bevor. Dennoch bedeutete dieser Kamin eine Ausnahme. Wie alle Wohnhäuser der letzten zwanzig Jahre bestand auch dieser Baukomplex aus den Universalmodulen architektonischer Massenproduktion. Dem perfekten Konstruktionsprinzip zum Trotz hatte sich Professor Nevart mit Hilfe

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