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Kopernikus 1

Kopernikus 1

Titel: Kopernikus 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brrazo
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Mädchenzimmer gibt’s doch nichts Vernünftiges.“
    „Dann mußt du dich eben in den Livingroom bemühen!“
    Murrend verzog sich Ulf, ließ aber die Türe offen stehen.
    „Es war so grauenhaft, so irre …!“ Gunda stöhnte.
    „Versuche dich zu entspannen.“ Olaf kniete neben seiner Schwester auf dem Boden. „Schließ die Augen und zähle langsam von 17 auf 0 zurück. Wie in unseren alten Hypnosespielen! Erinnerst du dich noch?“ Er streichelte ihre Stirn.
    Gunda versuchte erst einmal tief durchzuatmen.
    „Bitte, Gunda, zähle!“ Olaf sah unverwandt in ihre Augen.
    „17 … 16 … 15 … 14 …“, begann Gunda.
    „Wie sah er aus?“
    „Ich kann nicht! …“
    „… 13 …“, kommandierte Olaf.
    „13 … 12 … 11 …“
    „Konntest du ihn genau sehen?“
    „Ja“, stöhnte Gunda, „aber … 10 … 9 … es war so schrecklich …“
    Ulfstand mit einer Brandyflasche im Türrahmen. „Es war also ein Mann!“
    Gunda nickte.
    „Groß oder klein?“
    „So wie ihr etwa.“
    „Über ein Meter achtzig also. Willst du einen Schluck?“ Ulf hielt ihr die Flasche hin.
    Gunda schüttelte den Kopf.
    „Zähl weiter“, drängte Olaf.
    „8 … 7 … seine Haut war dunkel.“
    „Dunkel?“ fragten die Brüder wie aus einem Munde.
    „6 … 5 …“
    „Wie ein Mohr? Ein Moor-Mohr?“
    „Sehr witzig“, stänkerte Ulf. Aber Olaf hatte diese Formulierung nicht mit Vorbedacht gewählt, sie war ihm so herausgerutscht.
    „Ganz recht, er war moor- oder mohrfarben.“ Über Gundas Gesicht huschte ein erstes Lächeln, was Ulf zu einem Schluck aus der Pulle ermunterte.
    „Erzähl weiter!“
    „… 4 … 3 …“
    „Ich meinte er zählen“, stellte Olaf richtig und erkundigte sich, ob der Mann, der in F 8 so plötzlich aus dem Moor aufgetaucht war, wie ein Hominide aussah.
    „2 … 1 … 0!“ Der Countdown war zu Ende. Jetzt ging es um die nackte Wahrheit.
    „Sah er wie eine Moorleiche aus?“ beharrte Ulf.
    Gunda holte tief Luft: „Ja, wie eine Moorleiche.“
    „Wahnsinn, kompletter Wahnsinn“, murmelte Ulf und setzte die Flasche erneut an die Lippen. Diesmal begnügte er sich nicht mit einem bescheidenen Schluck.
    „Gunda!“ Olafs Stimme nahm einen beschwörenden Klang an. „Du mußt uns jetzt alles sagen. Bitte! Es ist sehr wichtig für uns, für uns alle!“ Er kniff seine hellen Augen zusammen. „Wie sah der Moormann aus?“
    „Ich kann nicht …“
    „Doch, Gunda, du kannst. Du mußt es uns jetzt sagen!“
    „Er sah aus wie …“ Gunda stockte. Dann stieß sie mit dem Mut der Verzweiflung hervor: „Er sah aus wie unser Vater!“
    Eine wahnsinnige Stille flirrte durch den Raum.
    Plötzlich schrie Ulf: „Sie ist nicht bei Trost! Typische Schocksymptome! Sie phantasiert!“
    Gunda drehte sich zur Wand. „Ich habe gewußt, daß ihr mir nicht glauben werdet.“
    Olaf stemmte sich vom Boden hoch und setzte sich auf den Rand der Liege.
    „Doch, Gunda, ich glaube dir.“
    „Ich habe nicht gesagt, daß es Vater gewesen ist. Ich sagte nur, daß er so aussah wie er.“
    Ulf schrie erregt: „Aber Vater ist seit drei Wochen tot! Ihr wart doch dabei, als er starb. Ich nicht!“
    „Gunda auch nicht“, korrigierte Olaf.
    „Warum habt ihr mich bloß gezwungen, es aus-zu-sprechen?“ schluchzte sie.
    „Wein dich nur aus, Mädchen. Wir lassen dich jetzt in Ruhe.“ Olaf schnappte seinem Bruder die Brandyflasche weg und lehnte sie neben Gundas Kopfkissen an die Wand mit dem Schilfteppich.
    „Ein Moor-Monster, das wie Vater aussah. Welch rührende Familienszene. Und alles wegen dieser Capeila gallidingsbums!“ empörte sich Ulf, während ihn Olaf in den Livingroom schob, die Türe hinter sich schloß und sich mit weichen Knien in den nächststehenden Rattansessel fallen ließ. Ulf trat an eines der Fenster und lehnte seine heiße Stirn gegen die Scheibe, die beschlug. Eine Pause des Schweigens entstand … bis Olaf der Gedanke durch den Kopf schoß, ob der Bildumwandler in Gundas Kamera nicht einige Aufnahmen gespeichert haben könnte. Doch Ulf machte die Hoffnung seines Bruders zunichte. „Die gleiche Idee hatte ich bereits auf der Rückfahrt im Luftkissen-Rover. Aber auf allen Aufnahmen, die ich von dem erdverschmierten Minibildschirm abrief, waren nur Sumpf, Landschaft und Vögelchen zu sehen. Weder ein Gespenst noch ein Hominide, geschweige denn Vater.“ Den letzten Satz wiederholte er zur Bekräftigung.
    Doch so schnell gab sich Olaf nicht geschlagen. „Sag mal, Ulf, ein … intelligentes

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