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Kopernikus 1

Kopernikus 1

Titel: Kopernikus 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brrazo
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aus …“ Hümmling tippte sich an die Stirn.
    „An die Gurgel? Dann mußten Sie dem Angreifer doch direkt ins Gesicht gesehen haben!“
    „Ja, sozusagen.“
    „Und? Was fiel Ihnen auf?“ Olaf beugte sich vor, als wolle er den alten Mann hypnotisieren. „Was mußte Ihnen aufgefallen sein?“
    „Aufgefallen, mir?“ Hümmling blickte auf seine Hände, die er ineinander verschränkte.
    „Als Besonderheit, Hümmling! Als Charakteristikum!“ half Olaf nach.
    „Ich weiß es nicht.“ Es klang wenig überzeugend.
    „Doch, Sie wissen es genau!“ Olaf rückte bis an die Stuhlkante vor.
    „Was kann ein Hominide, ein Wiedergänger, eine auferstandene Moorleiche, niemals haben, Hümmling? Augen, intakte Augen! Funktionierende Pupillen! Die Augäpfel werden von der Humussäure nämlich zuallererst konserviert!“
    Hümmling hob den Blick. Etwas wie Trotz lag in seinem Ton: „Mir ist aber ganz so, als hätte der Kerl mich richtig angesehen.“
    „Sieh an!“
    „Was?“
    „Hat er etwas gesagt, Ihr Angreifer?“
    Hümmling schüttelte ausgiebig den Kopf. „Kein Wort. Seine Lippen waren wie zugenäht.“
    Olaf sprang auf. „Sie phantasieren! Moorleichen mit zugenähten Lippen gelten von alters her als bestrafte Verräter! Und noch etwas Wichtiges, Hümmling!“ Er baute sich vor dem Mann auf, so daß dieser direkt ins Licht schauen mußte. „Trug Ihr Vorzeitmann einen Ring um den Hals? Einen Metallring, der einem Tau nachgebildet war?“
    „Ach, Sie meinen so etwas wie den bronzenen Opferschmuck, den wir in einer der Vitrinen haben?“ fragte Hümmling blinzelnd zurück.
    „Ganz recht. Ich meine die Schlinge um den Hals, wie man sie früher gewissen Ritualopfern als Passierschein ins Jenseits mitgab.“
    Hümmling wirkte erleichtert. „Also das weiß ich mit Sicherheit … einen solchen Opferschmuck trug der Unbekannte nicht um den Hals!“
    „Sehr gut!“ Olaf setzte sich wieder hin. „Unsere Sammlung ist also vollständig geblieben. Es fehlt nichts davon?“
    „So kann man das auch nicht sagen …“
    „Hat der Eindringling etwas mitgehen lassen?“ Ein neuer Aspekt schien sich aufzutun.
    „Nein, nicht dieser Dingsda, sondern der Herr … der Herr Professor!“
    „Mein Vater?“ Plötzlich spürte Olaf die harte Holzlehne schmerzhaft in seinem Rücken.
    „Ja“, antwortete Hümmling nickend und begann von einer Beobachtung zu erzählen, die er zufällig nach Dienstschluß durch eines der Museumsfenster gemacht hatte. Angezogen von dem Widerschein einer Handleuchte hatte er gesehen, wie Professor Nevart etwa eine Woche vor seinem Tod eine der Vitrinen aufsperrte und ihr einen Griffdolch entnahm. „Schönes Stück, Bronzezeit!“ präzisierte der Aufseher und berichtete weiter: „Ich dachte, vielleicht braucht der Herr Professor ihn für eines seiner Experimente. Geredet haben wir nie darüber. Als ich jetzt, also nach dem Einbruch und Überfall, nochmals sämtliche Exponate verglich, sah ich, daß das Artefakt immer noch fehlte.“
    „Sie reden wie der Professor persönlich“, sagte Olaf und dachte angestrengt nach.
    „Ich hab’ ja oft genug mit ihm geplaudert“, hörte er Hümmling stolz verkünden.
    Ein Bronzedolch? Olaf verabschiedete sich schnell und versprach, das Prunkstück zurückzubringen, falls er es im väterlichen Arbeitsstudio finden würde.
    „Das wäre besser, als ihn zwischen die Rippen zu bekommen!“
    Olaf, der gerade nach der Türklinke griff, stutzte.
    „Man hat schließlich Angst“, ergänzte der Wärter. „Wenn dieser Moor-Dracula noch einmal hier aufkreuzt …“
    „Wissen Sie was? Stecken Sie sich ab sofort ein paar Knoblauchzehen in die Hosentasche!“
    „Da werden sich unsere Museumsbesucher aber freuen“, meinte der Alte grinsend. „Nee, nee, da laß ich mich lieber vorzeitig in den Ruhestand versetzen.“
    „Mann, Hümmling, wir brauchen Sie doch hier wie ein Stück Brot! Keine Angst – das, wofür sich Ihr Hominide interessierte, hat er sich ja bereits geholt.“ Olaf steckte einen Geldschein in den silbernen, längst zweckentfremdeten Weihwasserkessel neben der Tür, hörte ein „Aber das ist doch nicht nötig, Herr Doktor“ und sagte: „Sie haben mir wirklich sehr geholfen, Herr Hümmling. Vielen Dank, baldige Besserung und auf Wiedersehen!“ Er trat ins Freie, aber er atmete nicht freier. Der fehlende Bronzedolch warf neue Probleme auf. Und er hatte schon genug davon.
    Drinnen murrte Hümmling in seinem Weidensessel: „Knoblauchzehen in der

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