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Kopernikus 1

Kopernikus 1

Titel: Kopernikus 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brrazo
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des Ordens vom heiligen Christopherus schmächtig wirkende Frau. Sie hatte ein sanftes, freundliches Gesicht und große, jung und unschuldig aussehende Augen. Für mich war sie sehr nützlich. Schon viermal hatte sie Angreifer auf mich getötet.
    Das Haus war ein weitläufiger und stattlicher Neubau. Es erhob sich inmitten von Gärten voller kleiner leuchtender Blumen und goldfarbener Rasenflächen. Das ganze Grundstück war von einer hohen Mauer umgeben. Sowohl diese Mauer als auch die Außenwände des Gebäudes waren von Wandgemälden bedeckt. Einige davon kannte ich aus Der Weg von Kreuz und Drachen, und ich blieb kurz stehen, um sie zu bewundern, ehe ich das Haupttor durchschritt. Niemand versuchte, uns aufzuhalten. Es gab keine Wachen, nicht einmal einen Pförtner. Im Inneren gingen Männer und Frauen zwischen den Blumen spazieren oder saßen müßig auf Bänken unter Silberbäumen und Flüsterwinden.
    Schwester Judith und ich blieben kurz stehen und wandten uns dann dem Haus zu.
    Wir hatten eben die ersten Stufen genommen, als uns aus dem Haus ein Mann entgegenkam. Er blieb im Eingang stehen und wartete. Er war blond und beleibt und trug einen großen, drahtigen Bart, der ein zögerndes Lächeln einrahmte. Er hatte ein loses Gewand an, das ihm bis auf die Sandalen an seinen Füßen reichte und mit Drachen bestickt war, die die Silhouette eines Mannes mit einem Kreuz trugen.
    Als ich oben angekommen war, verbeugte er sich vor mir. „Pater Damien Her Varis von den Rittern der Inquisition“, sagte er. Sein Lächeln wurde breiter. „Ich begrüße Sie im Namen Jesu und im Namen des heiligen Judas. Ich bin Lukyan.“
    Ich nahm mir vor herauszufinden, welcher der Untergebenen des Bischofs den Judaskult mit Informationen belieferte, bewahrte jedoch Haltung. Ich bin schon seit langer, langer Zeit Ritter der Inquisition. „Pater Lukyan Mo“, sagte ich und ergriff seine Hand, „ich habe Fragen an Sie.“ Ich lächelte nicht.
    Er lächelte. „Das dachte ich mir“, erwiderte er.
     
    Lukyans Büro war geräumig, doch spartanisch eingerichtet. Häretiker besitzen häufig eine Schlichtheit, die den Dienern der Wahren Kirche offenbar gänzlich abhanden gekommen ist. Eine Schwäche hatte er allerdings.
    Die Wand hinter seinem Schreibtisch/Altar wurde von einem Gemälde beherrscht, in das ich mich bereits verliebt hatte: der blinde Judas, wie er über seine Drachen weint.
    Lukyan setzte sich ächzend hin und bedeutete mir, mich doch ebenfalls zu setzen. Schwester Judith hatten wir im Vorzimmer gelassen. „Ich bleibe lieber stehen, Pater Lukyan“, meinte ich, weil ich mir davon einen Vorteil versprach.
    „Einfach Lukyan“, erwiderte er. „Oder Luke, wenn Sie wollen. Für Titel haben wir hier keine Verwendung.“
    „Sie sind Pater Lukyan Mo, hier auf Arion geboren, ausgebildet im Seminar von Cathaday, ehemals Priester der Einzig Wahren Interstellaren Katholischen Kirche der Erde und der tausend Welten“, sagte ich. „Ich werde Sie so anreden, wie es Ihrer Stellung zukommt, Pater. Und ich erwarte, daß Sie es genauso halten. Haben wir uns verstanden?“
    „Aber gewiß doch“, erklärte er liebenswürdig.
    „Ich bin ermächtigt, Ihnen das Recht abzusprechen, die Sakramente zu spenden, und Sie wegen der Häresie, die Sie formuliert haben, zu exkommunizieren. Auf einigen Welten hätte ich sogar Ihren Tod anordnen können.“
    „Aber nicht auf Arion“, warf er rasch ein. „Wir sind hier sehr tolerant. Außerdem sind wir Ihnen zahlenmäßig überlegen.“ Er lächelte. „Und was den Rest betrifft, so müssen Sie wissen, daß ich die Sakramente sowieso nicht oft spende. Eigentlich schon seit Jahren nicht mehr. Ich bin jetzt erster Gelehrter, Lehrer, Denker. Ich weise anderen den Weg, ich helfe ihnen, den Glauben zu finden. Wenn es Sie glücklich macht, Pater Damien, dann exkommunizieren Sie mich getrost. Glück ist es ja, wonach wir alle streben.“
    „Sie haben den Glauben also aufgegeben, Pater Lukyan?“ fragte ich. Ich legte ihm meine Ausgabe von Der Weg von Kreuz und Drachen auf den Tisch. „Aber wie ich sehe, haben Sie einen neuen gefunden.“ Jetzt lächelte ich, allerdings sehr eisig, sehr bedrohlich, sehr spöttisch. „Nach einem noch lächerlicheren Glaubensbekenntnis werde ich wohl lange suchen müssen. Ich gehe davon aus, daß Sie mir jetzt erzählen werden, Sie hätten mit Gott geredet, er hätte Sie mit dieser neuen Offenbarung betraut, auf daß Sie den guten Namen des heiligen Judas, den er ja nun

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