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Kopernikus 1

Kopernikus 1

Titel: Kopernikus 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brrazo
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wirkliche Stadt, zwei beherbergte. Der technologische Standard hatte eine mittlere Höhe erreicht, war allerdings in der Hauptsache importiert. Es gab wenig Industrie auf Arion und kaum Erfindergeist, außer vielleicht auf künstlerischem Gebiet. Denn die Künste waren hier ziemlich wichtig, sie blühten und gediehen. Religiöse Freiheit war ein wesentlicher Grundsatz der Gesellschaft, doch war Arion recht eigentlich auch keine religiöse Welt, und die Mehrheit der Bevölkerung lebte ein herzlich säkulares Leben. Die populärste Religion war der Ästhetizismus, den man im Grunde kaum als Religion ansehen kann. Daneben gab es Taoisten, Erikaner, Altchristen und Kinder des Träumers – außer einem Dutzend untergeordneter Sekten.
    Und schließlich gab es neun Kirchen des Einen Wahren Interstellaren Katholischen Glaubens. Früher waren es zwölf gewesen.
    In den anderen drei wurde inzwischen dem sich auf Arion am raschesten ausbreitenden Glauben gehuldigt, dem Orden des heiligen Judas Iskariot, der außerdem noch ein Dutzend neuerbauter Kirchen besaß.
    Der Bischof von Arion war ein dunkler, strenger Mann mit kurzgeschnittenem schwarzem Haar, der durchaus nicht glücklich war, mich zu sehen. „Damien Her Varis!“ rief er einigermaßen verwundert aus, als ich ihn in seiner Residenz aufsuchte. „Wir haben natürlich von Ihnen gehört, aber ich hätte mir nicht träumen lassen, Sie einmal persönlich kennenzulernen oder gar als Gast zu begrüßen. Wir sind hier nur eine kleine Schar – “
    „Die immer kleiner wird“, unterbrach ich ihn. „Eine Angelegenheit, die meinen Lordkomtur, Bischof Torgathon, ziemlich besorgt stimmt. Offenbar macht es Ihnen weniger aus, Exzellenz, da Sie es nicht einmal für nötig befunden haben, uns über die Aktivitäten dieser Sekte der Judasanbeter zu unterrichten.“
    Der Bischof schnitt bei dieser Zurechtweisung ein ärgerliches Gesicht, schluckte seinen Zorn aber rasch hinunter. Selbst für einen Bischof gab es Gründe, sich vor einem Ritter der Inquisition in acht zu nehmen. „Natürlich machen wir uns Sorgen“, erwiderte er. „Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um die Häresie zu bekämpfen. Wenn Sie uns diesbezüglich beraten könnten, würde ich Ihnen mit größter Freude zuhören.“
    „Ich bin Inquisitor des militanten Ordens der Ritter Jesu Christi“, sagte ich grob. „Ich gebe keine Ratschläge, Exzellenz, ich handle. Zu diesem Behuf wurde ich nach Arion entsandt, und ich beabsichtige, meinen Auftrag auszuführen. Erzählen Sie mir doch, was Sie über die Häresie und den Ersten Gelehrten, diesen Lukyan Judasson, wissen.“
    „Selbstverständlich, Pater Damien“, begann der Bischof. Er machte einem Diener ein Zeichen, der uns daraufhin ein Tablett mit Wein und Käse brachte, und ging daran, die kurze, aber explosive Geschichte des Judaskults zusammenzufassen. Ich hörte ihm zu, mir währenddessen die Fingernägel am karmesinroten Aufschlag meiner Jacke polierend, bis der schwarze Lack makellos glänzte, und unterbrach ihn von Zeit zu Zeit mit einer Frage. Noch ehe er seinen Bericht halb beendet hatte, war ich entschlossen, Lukyan persönlich aufzusuchen. Das schien mir am besten zu sein.
    Außerdem hatte ich es die ganze Zeit gewollt.
     
    Ich nahm an, daß es wichtig war, wie man auf Arion auftrat, und erachtete es als notwendig, Lukyan durch meine Erscheinung und meinen Posten zu beeindrucken. Ich zog die besten Stiefel an, die ich besaß, geschmeidige Handarbeit aus römischem Leder, wie sie Torgathons Empfangszimmer noch nicht gesehen hatte, und einen streng geschnittenen schwarzen Anzug mit burgunderfarbenen Aufschlägen und steifem Kragen. Am Hals trug ich ein großartiges Kruzifix aus purem Gold, die Kragennadel war ein dazu passendes Schwert, das Symbol der Ritter der Inquisitation. Bruder Denis lackierte mir sorgfältig die Fingernägel, schwarz wie Ebenholz, dunkelte mir auch die Augen nach und legte mir einen feinen weißen Puder aufs Gesicht. Als ich in den Spiegel sah, bekam ich vor mir selbst einen Schreck. Ich lächelte, aber nur kurz. Lächeln zerstörte die Wirkung.
    Ich ging zu Fuß zum Haus des heiligen Judas Iskariot. Ammadon war von breiten, großzügig angelegten goldenen Straßen durchzogen, die scharlachrote Bäume säumten, Flüsterwind genannt, deren lange, auf den Boden reichende Zweige in der Tat der sanften Brise Geheimnisse zuzuflüstern schienen. Bei mir war Schwester Judith, eine kleine, selbst in der kapuzenförmigen Tracht

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