Kopernikus 2
wußte, wo er den Drachen getroffen hatte, aber es mußte ein gena u er Treffer gewesen sein, da er so schnell abgestürzt war.
„Gut gemacht, Mensch“, sagte der Flüstervogel, „aber beglückwünsche dich nicht zu lange, mach dich bereit, der andere wendet.“ Jordan fuhr herum und sah, daß der andere Drache zurückkam. Der Flüstervogel war in ausgezeichneter Position direkt bei ihm.
Als er sich herumdrehte, rutschte er im Schlamm aus und fiel hin. Seine Waffe glitt ihm aus der Hand und flog in den Schlamm.
„Steh auf, Mensch. Schnell, steh auf. Es bleibt keine Zeit.“
Der Drache schloß die Lücke zwischen ihnen. Er versuc h te nicht, sich zu drehen oder auszuweichen, da er wußte, daß er, wenn er entschlossen handelte, zuschlagen konnte, bevor Jordan sich aufgerafft hatte.
Jordan kroch hastig auf Händen und Füßen dorthin, wo seine Waffe lag und hob sie aus dem Schlamm auf. Er krat z te Schlamm aus dem Magazin und vom Abzug. Er repetierte hastig; in dem Mechanismus war kein Schlamm. Er nahm sich keine Zeit, um aufzustehen, sondern zog sich die Waffe an die Schulter, setzte sich zurück, um ruhiger zielen zu können, und visierte seinen Gegner schnell an.
Der Flüstervogel hatte sich auf den Drachen gestürzt und bearbeitete seine Flügel. Er riß mit seinem Schnabel große Löcher in die dünnen, lederartigen Membranen. Der Drache kümmerte sich nicht darum. Es war ihm klar, daß er bereits tödlich verwundet war und daß der Schaden, den der Fl ü stervogel anrichtete, ihn nicht würde aufhalten können. Der Zoanier, der den Drachen unter Kontrolle hatte, war fest en t schlossen, den Mann, der dort im Schlamm lag, zu töten. Unter dem Bauch des Drachen quoll Rauch hervor und zog sich in langen Schwaden hinter ihm durch die Luft.
„Loslassen“, brüllte er in ihren Kopf. „Loslassen, ich bin soweit.“
Sie folgte seiner Anweisung, schlug heftig mit ihren gr o ßen Flügeln und schwenkte von dem herabstürzenden Dr a chen weg.
Jordan schoß, und dieses Mal schlug das Geschoß richtig ein. Der Drache stürzte zu seinen Füßen in den Schlamm und überschüttete ihn mit dampfendem Dreck.
„Gut geschossen“, flüsterte sie.
Der Zoanier hustete und spuckte blutfarbenen Schaum zur Seite. Mit jedem Husten pfiff Luft aus der Wunde in se i ner Brust und spritzte Blut auf den glatten weißen Boden. Seine Augen begannen, glasig zu werden. Jeder Atemzug war eine Qual. Ich packte ihn an der Schulter und sah ihm in die Augen. Es gab da etwas, was ich herausbekommen mußte, bevor er starb, etwas, was ich wissen mußte. Ich schickte ihm das Bild einer Wespe in den Kopf, einer giga n tischen Wespe, die eine junge Frau trug und sich nicht um ihre Schreie kümmerte. Ein Stachel wie ein Dolch senkte sich tief in die Frau; sie wurde still. Ich zog eine Linie auf einer Sternenkarte, die von ihrem Planeten zur Erde führte, zeigte ihm die Wespe wieder und fragte ihn mit meinen G e danken, warum. Er nickte und zuckte vor Schmerz zusa m men. Ich packte ihn fester an der Schulter und gestattete ihm nicht wegzusehen. Er begann, in meinem Kopf Bilder zu ze i gen. Zuerst den Planeten, als er noch jung und fruchtbar war, bevor er angefangen hatte zu sterben, voller junger, überschwenglicher Wesen. Überall lachten Kinder. Dann wurde der Planet älter, trockener. Die Kinder waren fort. Die Gesichter der Leute wurden älter, ihre Augen alt und vorsichtig. Wenn sie nachts zu den Sternen am Himmel s a hen, hatten sie Angst. Er zeigte mir, wie die großen, dunklen Sternenschiffe sich erhoben. Jedes hatte einen Planeten zum Ziel, von dem man annahm, daß er intelligentes Leben tr a gen könnte. Jedes trug Zerstörung zu diesem Planeten, um sicherzustellen, daß die alten Zoanier nie belästigt würden, daß sie nie Angst vor den Sternen zu haben brauchten. Dann zeigte er mir in meinem Kopf ein anderes Bild, ein Bild, das ich noch lange vor mir sehen würde. Ich sah Reihe um Reihe von Drachen, die in Formation flogen und den Himmel ve r dunkelten. Er brachte die Drachen näher. Irgend etwas an ihnen war merkwürdig. Er brachte sie noch näher. Ihre Köpfe stimmten nicht, waren auf eine seltsame Art mißg e staltet. Ihre Gesichter waren rund, nicht die vertrauten schmalen Gesichter der Drachen. Dann füllte er mein B e wußtsein mit den Gesichtern der Drachen, mit meinem G e sicht, mein Gesicht bei jedem Drachen, alle trugen sie mein Gesicht, all die Drachenmänner. Das Bild verblaßte. Der Zoanier hustete noch einmal und
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