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Kopernikus 2

Kopernikus 2

Titel: Kopernikus 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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war tot.
    Jordan erhob sich langsam auf die Füße und wischte sich an der Vorderseite seines Kampfanzugs den Schlamm von den Händen. Dann wischte er sich die Schlammspritzer aus dem Gesicht. Er sah sich um, wieder zum Töten bereit. En t lang der ganzen Linie war kein Drache mehr in der Luft. An manchen Stellen waren Lücken in der Linie, wo ein Bruder falsch geraten hatte oder wo ein Flüstervogel nicht hatte he l fen können. Über das Moor verteilt lagen ein paar Leichen von Flüstervögeln. Manche Brüder schossen genüßlich in die rauchenden Leichen, die auf dem Moor lagen. Sie wollten es nicht riskieren, daß einer wieder zu sich kam, während sie ihnen den Rücken kehrten. Die Befestigungsanlagen der F e stung lagen bewegungslos. Jetzt war es Zeit für die Zoanier. Ihre Zeit war gekommen. Er rannte auf die Festung zu.
     
    „Ich sterbe bald“, flüstert Jordan. „Ich weiß, daß ich bald sterbe. Ich möchte so gern sterben.“ Ruhig erinnert er sich daran, wie er sie beim Vorrücken nacheinander erschossen hat. Nur einer konnte sich rechtzeitig umdrehen, um es zu sehen.
    „Nur Ruhe, das schaffen Sie schon.“ Der Arzt weiß nicht, was er sonst sagen soll. Er weiß nicht, was passiert ist. „Ist ja alles gut“, sagt der Arzt.
    „Warum friere ich dann so? Ich friere immer noch.“ Er berührt seinen Bauch. Die Wolle der Decke, mit der er z u gedeckt ist, ist naß und klebrig. Jemand legt noch eine De c ke über ihn. „Das habe ich nicht gewußt, daß es so kalt sein würde.“
    „Sie müssen am Leben bleiben, damit Sie Ihren Orden bekommen. Sie bekommen sicherlich einen Orden. Sie h a ben die ganzen Stunden allein durchgehalten. Alle tot außer Ihnen, und Sie verwundet. Sie müssen den Heckenschützen im gleichen Augenblick erwischt haben, als er Sie …“ Der Arzt spricht nicht weiter. Es wird ihm klar, was er beinahe gesagt hätte.
    „Als er mich erwischt hat.“ Jordan lacht. „Stimmt, gena u so ist es passiert. Ich habe ihn im gleichen Augenblick e r wischt, in dem er mich erwischt hat. Aber das geht schon in Ordnung, weil es ganz leicht ist zu sterben, viel leichter, als zu leben. Man macht nur die Augen zu und entspannt sich. Nur, warum muß es so weh tun? Das habe ich nicht gewußt, daß es so weh tun würde.“
    „Reißen Sie sich zusammen, wir sind fast da. Geben Sie noch nicht auf.“
    „Aber angeblich soll das Sterben so leicht sein.“
    Das Geräusch der Explosion wird durch die dazwische n stehenden Gebäude gedämpft. Wieder Terroristen. Vielleicht wieder eine Fahrradbombe. Es ist der Polizei unmöglich, sie von der Stadt fernzuhalten. Sirenen beginnen zu heulen, und bald röhren Militärfahrzeuge vorbei. Sie schleudern Moto r roller und Fahrräder aus ihrem Weg. Ich gehe weiter, nur kurzfristig abgelenkt. Die Bombenanschläge sind jetzt fast alltäglich. Heute jedoch bin ich auch noch mit anderem b e schäftigt. Gestern abend habe ich einen Brief geschrieben, und heute habe ich ihn eingeworfen. Die Entscheidung ist gefallen. Es ist ein seltsames Gefühl, daß ich jetzt keine Bi n dungen mehr in den Staaten habe, aber es ist ein herrliches Gefühl. An der Ecke sehe ich Polizisten mit weißen Han d schuhen, die die Menge zurückdrängen, sie zurückschieben. In dem Cafe sind die Scheiben herausgeflogen, und die Korbstühle auf dem Gehsteig sind umgefallen. Ein Tisch steht noch aufrecht, darauf stehen zwei halbgefüllte Gläser mit Wein. Ich suche sie in der Menge, kann aber ihr Gesicht nicht finden. Die Polizisten decken Körper mit Decken zu, trösten die Verwundeten, während sie darauf warten, daß die Rettungswagen kommen. Die Toten kümmern sie nicht. Sie liegt zusammengekauert an der Wand des Cafes, wo sie die Wucht der Explosion hingeschleudert hat. Der größte Teil ihres Gesichts ist weg, aber ich erkenne sie an ihren Händen. Mein Ring ist noch an ihrem Finger. Ein Polizist versucht, mich zurückzuhalten, aber ich dränge mich an ihm vorbei, und er läßt mich durch. Ich knie mich vor sie und fühle, wie ich innerlich einfriere. Ich lege meine Hand auf ihren Bauch. Er ist noch warm, aber darin ist es still. Noch jemand anders ist gestorben und wird bald so kalt wie der harte Bürgersteig sein, so kalt, wie es in mir ist.
    „So leicht.“ Jordan fühlt sich schläfrig. Die Nässe saugt sich durch die zweite Decke und färbt sie rot. Er erinnert sich daran, wie der harte Mündungsfeuerdämpfer gegen se i nen Bauch gedrückt hat und wie er dann ungeschickt mit seinem Daumen

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