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Kopernikus 3

Kopernikus 3

Titel: Kopernikus 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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Richter. Ich bin nicht gekommen, um die Welt zu richten, sondern um sie zu erretten; wer mein Wort vernimmt und leugnet, der hat sich damit selbst gerichtet.“
    „Da hört ihr es“, warnte ein ernst nickender Elms.
    Nun ergriff die ängstliche Agneta das Wort. „Haben Sie Erbarmen mit uns. Wir mußten ein gewaltiges Trauma durchmachen.“ Sie fragte sich plötzlich, ob Travis und Elms sich an ihren Tod erinnerten, an die Vernichtung ihrer Körper.
    Die Gestalt lächelte ihr beruhigend zu.
    „Travis“, sagte Agneta und beugte sich zu seiner Konsole hinüber. „Hör mir zu. Keiner von euch beiden hat den Unfall überlebt. Darum ist er hier. Ich bin die einzige, die nicht …“ Sie zögerte.
    „Getötet wurde“, beendete Elms den Satz. „Wir sind tot, er ist unsertwegen gekommen.“ An die Gestalt gewandt, fügte er hinzu: „Ich bin bereit, Herr. Nimm mich zu Dir.“
    „Er soll machen, was er will“, brauste Travis auf. „Ich für meinen Teil werde über Funk einen Hilferuf absetzen. Ich werde ihnen sagen, was hier vor sich geht. Ich werde alles melden, bevor er mich holt oder versucht, mich zu holen.“
    „Du bist tot “, stieß Elms hervor.
    „Ich kann trotzdem einen Funkspruch absetzen“, sagte Travis, doch sein Gesicht spiegelte Resignation wider.
    „Laß Travis etwas Zeit“, wandte Agneta sich an die Gestalt. „Er versteht noch nicht völlig. Aber das weißt Du ja sicher. Du weißt alles.“
    Die Gestalt nickte.
     
    Zusammen mit dem Forschungskomitee der Erde beobachteten wir die Aktivitäten in Rautavaaras Gehirn; im Laufe der Zeit erkannten wir, was geschehen war. Allerdings waren wir nicht einer Meinung. Die sechs Erdenmenschen hielten es für verwerflich, wir dagegen für großartig – sowohl für Agneta Rautavaara wie auch für uns. Durch ihr beschädigtes, von einem Roboter wiederbelebtes Gehirn konnten wir einen Blick in die Höhere Welt werfen und deren Gesetze kennenlernen.
    Die Ansichten der Erdenmenschen erzürnten uns.
    „Sie halluziniert“, meinte der Sprecher des Komitees. „Weil sie keine sensorischen Daten mehr empfängt. Weil ihr Körper tot ist. Sehen Sie, was Sie ihr angetan haben.“
    Wir hielten dem entgegen, daß Agneta Rautavaara glücklich war.
    „Wir müssen ihre Gehirntätigkeit zum Erlöschen brin gen“, sagte der Sprecher der Erdenmenschen.
    „Und uns damit von der Höheren Welt abschneiden?“ widersprachen wir. „Dies ist eine ausgezeichnete Gelegenheit, das Leben nach dem Tode zu studieren. Dabei dient uns Agneta Rautavaaras Gehirn als Linse. Der wissenschaftliche Standpunkt wiegt schwerer als der humanistische.“
    Diese Position bezogen wir auch vor dem Komitee. Es war eine Position der Aufrichtigkeit, nicht des Anstandes.
    Daher beschlossen die Erdenmenschen, Rautavaaras Gehirn voll funktionsfähig zu halten und alle Vorkommnisse aufzuzeichnen. Auch die Frage einer Zensur uns gegenüber wurde aufgeworfen.
    Ich persönlich war fasziniert von der irdischen Vorstellung des Erlösers. Für uns war das ein überholtes und antiquiertes Konzept – nacht etwa, weil es anthropomorph war, sondern weil es eine schulmeisterliche Prüfung der verstorbenen Seele predigte. Die guten und die schlechten Taten wurden aufgelistet, wie auf den Verhaltenszeugnissen, die man den Kindern in Grundschulen ausstellt.
    Für uns war das eine zu primitive Konzeption des Erlö sers. Während ich zusah und lauschte – während wir als po lyencephalische Einheit zusahen und lauschten –, fragte ich mich, wie Agneta Rautavaaras Reaktion auf einen Erlöser aussehen würde, der auf unseren Vorstellungen basierte. Ihr Gehirn wurde noch immer von unseren Instrumenten am Leben erhalten, von den Mechanismen, die der Roboter zu der Kugel transportiert hatte. Eine Trennung wäre zu gefähr lich gewesen, dazu war schon zuviel geschädigt. Die gesam te Kugel, mit ihrem Gehirn, war unter Aufsicht des Komitees in den neutralen Raum zwischen dem Proxima Centauri und dem Sonnensystem gebracht worden.
    Später schlug ich in einer geheimen Unterhaltung mit meinen Gefährten vor, unser eigenes Konzept des Lebens nach dem Tode, unseren Führer der Seelen, in Rautavaaras künstlich am Leben gehaltenes Gehirn einzuspeichern. Meiner Meinung nach konnte das zu sehr interessanten Resultaten führen.
    Sofort wurde ich auf die Kontradiktion in meiner Logik aufmerksam gemacht. Vor dem Komitee hatte ich Rautavaaras Gehirn als Fenster zur Höheren Welt bezeichnet, um das Abschalten des Überlebensmechanismus

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