Kopernikus 3
Popcorn? Popcorn … Filme … trockene Leinensäcke. Die Begriffe kamen ihm in den Sinn, bevor die bildliche Vorstellung davon da war.
„Das eine muß ich sagen“, sagte Sartorsky, klemmte sein Knie gegen den Tisch und kippte seinen Stuhl auf zwei Beinen hintenüber. „Es ist eine gute Idee. Wir könnten pro Woche ein paar Kinos zur Belustigung zeigen.“
„Filme“, sagte Toomis, „nicht Kinos!“ Taylor grinste.
„Na schön, Filme. Es gab aber nicht allzuviel Auswahl für uns. Wir konnten nichts Populäres kriegen.“ Er hielt ein Notizbuch hoch. „Folgende Titel können wir sofort bekommen: Das Blut des Künstlers von Cocteau; und dann noch einer – er dauert bloß eine Viertelstunde – von Dali. Leider kann ich den Titel nicht lesen; dann ein weiterer …“ Er gab das Notizbuch an Jake weiter.
„Disney. Einer von Disney. Wohl ein Cartoon. Was zum Teufel ist denn nun wieder ein Cartoon?“
Cartoon, dachte Fleitman. Ich bin nahe dran. Kleine Kin der, die herumlaufen. Mit Ballons. Was ist ein Ballon? Reden, Lachen, Keuchen, Flüstern. Kirmes. Hundesohn.
„Nun, jedenfalls“, fuhr Jake fort, „gibt’s davon doch eine ganze Reihe.“ Er reichte Fleitman das Notizbuch hinüber.
„Das hier hört sich interessant an“, sagte Tostier. „Freaks.“
„Was ist das denn?“ fragte Fleitman. Freaks. Hörte sich gut an. Er verband es mit Popcorn und trockenen Leinensäcken. Es kam noch immer nichts dabei heraus. Aber er fühlte, daß er nahe dran war.
„Das taugt nichts“, meldete sich Taylor wieder zu Wort. „Die Leute werden sich einen Teufel um diese Filme scheren, wenn nicht mindestens ein Gehirnanschluß dabei ist. Es muß schon eine Gefühlsdusche sein oder zumindest so was Ähnliches.“
„Die Leute wollen mal was anderes“, sagte Sartorsky, wobei er mit dem Zeigefinger den Linien seines Spiegelbildes auf der Tischplatte folgte. „Sie müssen nicht unbedingt alles mit diesen Gefühlsapparaten wahrnehmen. Sie wollen etwas Neues.“
„Das mußt ausgerechnet du sagen!“ bemerkte Toomis.
Sartorsky wurde rot im Gesicht. „Du weißt genau, warum ich die Gefühlsdusche benutze. Wir können ja zum Spaß dir mal die Augen herausnehmen. Mal sehen, wie gut du dann mit einem Sichtband sehen kannst.“
Taylor grinste zu Toomis hinüber und räkelte sich in seinem Stuhl. Fleitman stand noch immer, die Handflächen vom Druck seines Körpergewichtes gerötet. Er richtete sich wieder kerzengerade auf.
„Nun, Fleitman, was meinst du denn dazu?“ fragte Jake. „Den Mädchen wird es bestimmt gefallen; Teufel, sie schlugen es bestimmt sogar vor, nicht wahr?“
Sartorsky verzog das Gesicht zu einer Grimasse.
Es ist nicht so einfach, dachte Fleitman. Vielleicht konnte er einen besseren Vorschlag machen; wenn nicht, konnte er sich noch immer auf Sartorskys Seite schlagen. Fleitman konnte Taylor übertrumpfen. Seine Gedanken waren noch immer etwas durcheinander, aber plötzlich kam ihm ein Wort in den Sinn, und er platzte sofort damit heraus: „Zirkus! Wir können einen Zirkus machen! Das ist noch viel besser als ein Film. Das ist schon fast wirklich.“
„Was zum Henker ist ein Zirkus?“ fragte Jake.
„Still, Jake!“ Tiere, schoß es Fleitman durch den Kopf. In seinen Gedanken begannen sich Bilder zu formen. „Wir können dreißig Stockwerke aus dem Aufnahmegebäude herausziehen. Es ist doch ein Modul, nicht wahr? Das große Dach machen wir aus grober Leinwand.“ Er hatte diese Information irgendwann einmal registriert, aber er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann es gewesen war, und in welchem Zusammenhang es gestanden hatte.
„Was ist denn Leinwand?“ wollte Sartorsky wissen.
Seiltänzer, Löwenbändiger, Trapezkünstler und Clowns gingen ihm durch den Kopf. Hatte er das irgendwann einmal in einem Buch gelesen? Pferde, die durch Reifen springen …
„Was ist denn so falsch an der Idee mit dem Kino?“ frag te Jake.
Fleitman beachtete ihn gar nicht und setzte sich. Alle Augen waren auf ihn gerichtet.
„Ich weiß, was ein Zirkus ist“, sagte Tostier. „Es ist so ähnlich wie ein Kino, kommt aber näher an die Wirkung einer Gefühlsdusche heran. Ein Film ist, glaube ich, flach. Und in einem Zirkus führen lebendige Personen Tricks vor. Man kann sich nicht in das Innere der Artisten hineinversetzen, aber man kann sie direkt lebendig vor sich sehen. Nicht so wie auf einem Bildschirm.“
Jake schwieg.
„Ist dieses Ding ein Gefühlsapparat?“ fragte Taylor.
Fleitman
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