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Kopernikus 4

Kopernikus 4

Titel: Kopernikus 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Stephen Ambola und Frensch kamen heran.
    „Steckt die verdammten Gewehre weg! Wen wollt ihr umbringen?“
    „Bantus sollten nicht auf diesem Land sein. Versuchsfarm der Regierung. Wir können nicht riskieren, daß sie mit ihren dreckigen Füßen die Pflanzen niedertrampeln. Bringen Sie sie runter, Frensch.“
    „Was soll das?“ rief Ambola. „Alte Streitigkeiten! Vergeßt sie! Wir haben die Botschaft. Nicht wahr?“ Er wandte sich zu Frensch.
    „Als ob wir es nicht vor Augen hätten!“ Frensch scharrte mit seinem Stiefel über einen menschlichen Schädel und wies dann mit einer unbestimmten, höhnischen Geste auf die farbigen Schleier, die über den im Wind dahinjagenden Wolken flackerten.
    „Die Botschaft? Was für eine Botschaft?“ Simeon war plötzlich von Unruhe ergriffen. Hier, in diesem Tal der Gebeine, im Angesicht dieser anachronistischen Bande zerlumpter Menschen, ließ sich sein Glaube mit Leichtigkeit in jede beliebige Richtung drehen. Fundamentalisten. Erweckungsprediger. Fanatiker. Das waren sie. Aber hatten sie sich vielleicht eine bessere Erklärung ausgedacht als er? Oder als der Papst, den das dicke Gemäuer des Vatikans zusammen mit seinem Kardinalskollegium vor dem Roentgensturm geschützt hatte?
    Die päpstliche Enzyklika In Hoc Tempore Mortis, die drei Monate danach verkündet wurde, war eher ein Dokument der Unschlüssigkeit als eine entschiedene Strafpredigt gewesen. Sie enthielt versöhnliche Banalitäten in einer unversöhnlichen Situation. Fromme Wünsche für den Erfolg der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation und was sonst noch an Körperschaften der Zivilisation übriggeblieben war, und das war das ganze Problem. Die Botschaft des Papstes war nichts weiter als ein Überlebensprogramm. Das ganze religiöse Dilemma berührte sie nicht: Warum und weshalb Gott zugelassen hatte, daß die Schwachen und Demütigen untergingen und die Reichen und Starken überlebten. Warum und weshalb Er das Nadelöhr umgeformt hatte, so daß nur die reichen Kaufleute, beladen mit ihren Gütern, hindurchgingen, während die hungernden Massen vor den Stadtmauern zugrunde gingen.
    Der magere Afrikaner in zerrissenem Hemd und Shorts und mit kaputten Plastiksandalen starrte Simeon mit intelligenten, glühenden Augen ins Gesicht.
    „Eine Botschaft für jene, die in ihrem Überleben selbstgefällig sind!“ sang er. „Sie haben nicht überlebt. Gott hat sie verdammt. Euch. Uns. Jeder Mann, jede Frau, jedes Kind, jeder, der heute noch auf der Erde lebt, ist verdammt. Wir sind alle verdammt. Dies ist die Hölle. Wir sind die verdammten Seelen. Gott nahm die Seligen zu sich und ließ die Verdammten zurück. Er war gnädig – er hat so VIELE gerettet. Fast alle. Aber Er konnte nicht alle retten und doch Gott, der Gerechte, sein. Die, die heute noch leben, konnte er auf keinen Fall erlösen. AUF KEINEN FALL.“
    „Halt dein Maul, Ambola“, sagte Woltjer scharf. Aber Ambola hörte nicht auf ihn.
    „Wer seid ihr Verdammten Seelen überhaupt?“
    Andrea sagte in flehentlichem Ton: „Wir sind ein Team von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen.“
    „Südafrika ist jetzt in der UNO? Es geschehen wirklich Wunder! Alle Wunder der Hölle!“
    „Wir sind Botaniker, Pflanzengenetiker. Das bestrahlte Saatgut …“
    „Ha! Sie kultivieren die Steppen der Hölle! Zeitverschwendung, schöne Frau.“
    Woltjer schlug wütend nach Ambola, aber Ambola trat zur Seite.
    „Verzeihung, Baas. Ich hatte vergessen, daß die Hölle auch ihre Polizisten hat.“
    „Die Botschaft kam zu mir, versteht ihr, Verdammte Seelen“, unterbrach Frensch lautstark den Streit. „Die Seelen der Seligen im Himmel, seht nur, man kann sie sogar am hellichten Tag noch sehen.“
    Sein Finger hüpfte in die Höhe und wies auf die furchtbaren, prächtigen Schleier.
    „Ja“, flüsterte Simeon grauenerfüllt. „Jetzt verstehe ich.“
    „Simeon! Was reden Sie da?“
    „Aber ich verstehe wirklich, Gunnar. Der Papst hat sich geirrt. In Hoc Tempore Mortis – das war so unangemessen. Und gehen wir auch durch das Tal der Schatten des Todes …“
    „Verstehst du denn nicht, Verdammter, es ist das Tal der Schatten des Lebens, durch das wir gehen! Des Lebens jener Seelen dort oben! Das Leben der Seligen wirft seine Schatten auf uns hier unten.“
    „Geladene Partikel sind also Seelen?“ Der Schwede lachte verächtlich. „Jetzt habe ich genug gehört. Das ist Hysterie. Es war zu erwarten, daß unter diesen

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